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Der König Der Komödianten: Historischer Roman

Titel: Der König Der Komödianten: Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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stiften?«
    »Ganz recht!«, sagte der Notar überrascht. »Du wusstest von seiner Absicht?«
    »Ich sagte doch, ich kann Gedanken lesen.«
    »Dann kann ich es auch. Denn dieser Plan des Priors stand so deutlich auf seiner Stirn geschrieben wie seine Fresslust, die ihn Stück für Stück in eine Qualle auf zwei Beinen verwandelt.« Der Notar hüstelte indigniert. »Wie dem auch sei. Es geschah das Unerwartete: Der Ersatzerbe tauchte bei mir in Padua auf, dieser Patrizier. Er wollte mich überreden, dir im Zusammenwirken mit ihm und dem Prior vorzeitig den Garaus zu machen. Sodann wollten sie das Vermögen mit mir teilen, und alle wären glücklich.«
    »Bis auf mich, der ich dann tot wäre«, stellte ich fest.
    Der Notar hüstelte. »Ich ging zum Schein auf das Angebot ein, um dadurch Einfluss zu gewinnen und das Schlimmste zu verhindern, denn ich fühle mich deinem Onkel zutiefst verpflichtet.«
    »Woher kennt Ihr ihn überhaupt?« Rasch fügte ich hinzu: »In Euren Gedanken kann ich es nicht lesen, weil dort das reine Chaos herrscht.«
    Diese Meinung schien er unbesehen zu teilen, denn er nickte vehement. »Was auch sonst, nach allem, was ich in der letzten Zeit deinetwegen durchgemacht habe! Ich bangte um mein Leben! Hätte ich nicht in jeder Phase dieser ganzen verrückten Geschichte so getan, als wäre ich mit den Plänen des Priors und des Patriziers einverstanden, hätten sie mich bedenkenlos umgebracht, um einen Mitwisser loszuwerden! Wüssten sie, wo du dich aufhältst, wärst du gewiss schon längst tot!« Mit tiefem Seufzen schloss er: »Deinen Onkel Vittore kenne ich aus dem Krieg. Wir kämpften Seite an Seite bei Lepanto. Unter dem legendären Don Juan de Austria.«
    Davon war ich so beeindruckt, dass ich um ein Haar vergaß, die wichtigste Frage überhaupt zu stellen. Doch bevor ich sie herausbringen konnte, verkrampfte sich die Haltung des Notars. »Ich fürchte, ich muss jetzt gehen.«
    »Warum?«
    »Ich … ähm …« Er blickte über meine Schulter.
    Ich folgte seinem Blick – und sah Adelina näher kommen. Sie ging beschwingten Schrittes, die Bluse so weit ausgeschnitten, dass ihre Brüste ungebändigt vom Stoff ein fröhlich hüpfendes Eigenleben entfalteten. Ich konnte nicht anders, als hinzustarren.
    Ein Strahlen verklärte ihr Gesicht. »Liebster!«, rief sie freudig. »Du bist zurück!«
    »Oje«, sagte ich beklommen.
    Dann sah Adelina den Notar und beschleunigte ihre Schritte. »Der schlimme Notar!«, schrie sie. »Warte, ich helfe dir!«
    In diesem Augenblick trat Giovanni hinter dem Ziegelhaufen hervor und stellte sich neben mich. Adelina stieß einen schrillen Schrei aus. Der Notar schrie mindestens genauso schrill.
    »Ich sagte doch, ich kann es«, erklärte ich ihm hastig. »Toten Gegenständen meine Gestalt verleihen.«
    Es war jedoch zweifelhaft, ob der Notar es noch hörte, denner rannte bereits mit fliegendem Talar davon, sich ein ums andere Mal bekreuzigend.
    »Das war zu früh«, sagte ich verärgert. »Ich wollte ihn zuerst fragen, wie der Patrizier heißt, und ihn dann erst in den Wahnsinn treiben!«
    »So lange wäre er nicht geblieben«, widersprach Giovanni. »Nicht nach dem, was Adelina beim letzten Mal mit ihm gemacht hat, mit ihrem entzückenden Knie. Nicht wahr, Liebling?« Er wandte sich zu Adelina um, die stumm vor uns stehen geblieben war und uns mit weit aufgerissenen Augen anstarrte. Bevor einer von uns ein Wort sagen konnte, schwankte sie und wurde ohnmächtig. Giovanni fing sie gerade noch auf, bevor sie auf der Fondamenta landete.
    »Das hat sie wirklich nachhaltig beeindruckt«, sagte Giovanni. »Normalerweise fehlen ihr niemals die Worte.«
    »Du hattest ihr nichts von mir erzählt«, stellte ich fest.
    »Irgendwie ergab es sich nicht.« Er machte ein klägliches Gesicht. »Sie ist so neugierig! Ich hätte mich vor Fragen nicht mehr retten können!«
    »Dafür wirst du jetzt um so mehr zu erklären haben. Unter anderem, warum du es ihr nicht früher gesagt hast.« Ich schickte mich an, zu gehen.
    »He, wo willst du hin? Du kannst doch jetzt nicht verschwinden und mich mit ihr allein lassen!«
    Ich hörte, wie Adelina aufwachte, Grund genug, schnellstmöglich das Weite zu suchen. »Du weißt ja, wo du mich findest!«, rief ich über die Schulter zurück.

    Wie beim letzten Mal kam er mitten in der Nacht und klopfte mit dem Ruderblatt gegen den Fensterladen. Ich schlich mich nach draußen und setzte mich zu ihm aufs Boot, dessen leuchtend roter Farbanstrich sogar

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