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Der König Der Komödianten: Historischer Roman

Titel: Der König Der Komödianten: Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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auswischen und mir beweisen, dass ich einVersager bin.« Erklärend fügte er hinzu: »Das ist genau die Textstelle, wo ich mich sonst immer verspreche. Es ist wie ein Fluch.«
    »Ich weiß. Aber du hast dich diesmal nicht versprochen.«
    »Ja, und das ist wirklich komisch. Mir war plötzlich so, als müsste ich ihr endgültig beweisen, dass ich auch anders kann. Das war der Augenblick, in dem ich innerlich ganz ruhig wurde. Ich merkte, wie mich Cipriano von der Seite ansah, und auf einmal wusste ich es: Er würde es für mich tun, und es würde dabei kein anderes Blut vergossen werden als das von Razzi. Da ließ ich das Schwert fallen.« Bernardo schnaubte voller Verachtung. »Der Dummkopf wäre im Traum nicht auf die Idee gekommen, dass Cipriano es aufheben und ihm in den Rücken stoßen könnte. Niemand würde Cipriano dergleichen zutrauen, keiner kann sich vorstellen, dass dieser schöne blonde Unschuldsengel schon mehr Leute umgebracht hat, als unsereins zählen kann.«
    Vor Entsetzen fiel mir fast das Ruder aus der Hand. Bernardo genoss es sichtlich, mich so schockiert zu sehen. Er nickte verständnisvoll. »Glaub mir, ich fühlte ähnlich, als ich es erfuhr.«
    Er schilderte, was sich in Ciprianos Jugend zugetragen hatte: Seine Mutter war früh verstorben, und sein Vater hatte ein blutiges Gewerbe betrieben – als Henker in Ferrara. Schon frühzeitig hatte er seinen Sohn in die Kunst des schnellen Tötens eingeführt und ihm beigebracht, wie man Menschen effizient ins Jenseits beförderte.
    »Da die Henker stets Masken tragen müssen und die beiden von sehr ähnlicher Statur waren, hat er Cipriano schon im Alter von zwölf Jahren beim Enthaupten angelernt«, berichtete Bernardo. »Nachdem sie vorher ausgiebig an Schafen und Schweinen geübt hatten. Cipriano sagte, beim Töten eines Menschen empfinde er nicht mehr als beim Schlachten eines Huhns.«
    Mich schauderte bis in die tiefste Seele. Als wir zur Ca’ Contarini zurückkehrten und Cipriano mir im Innenhof entgegenkam, schlug ich einen Haken um ihn herum und eilte mit ein paar gemurmelten Ausflüchten ins Haus. Er folgte mir auf dem Fuße und hielt mich bei der Schulter fest. »Er hat es dir erzählt, was?«
    Ich duckte mich und nickte widerstrebend.
    Cipriano grinste ein wenig schräg. »Verflucht, ich wusste, eines Tages fällt es auf mich zurück.«
    »Also, na ja …«, druckste ich. »Ich meine … ähm …« Ich wollte etwas sagen wie: Das hätte doch jedem passieren können . Aber es wollte mir nicht über die Lippen.
    »Es war von vorne bis hinten erlogen«, teilte Cipriano mir mit. »Als ich zu den Incomparabili kam, war ich vierzehn und hatte drei Jahre Kloster hinter mir. Erzählte ich dir nicht schon davon?«
    »Äh … ja«, sagte ich zögernd.
    »Aber Bernardos Version schien dir glaubhafter, wie?« Er schnalzte mit der Zunge. »In Wahrheit war ich vollkommen unbedarft. Einen weltfremderen und naiveren Knaben als mich gab es wohl nie.« Er besann sich. »Nun ja, außer dir vielleicht, als du zu uns kamst.« Er verzog das Gesicht. »Bernardo war damals siebzehn und schon ein paar Jahre länger bei der Truppe. Entsprechend umfassend war seine Erfahrung, jedenfalls bildete er sich das ein. Er ließ keine Gelegenheit aus, mich zu hänseln und mich wegen meiner großen Augen, meiner Locken und meines hübschen Gesichts aufzuziehen. Er nannte mich Cipriana.« Belustigt schüttelte er den Kopf. »Himmel, wie mich das fuchste! Da beschloss ich, meine eigene Legende zu erfinden. Die eines skrupellosen, eiskalten Henkers. Meister der Axt und des Richtschwerts, schnell wie eine Viper und genauso tödlich.«
    Ich schluckte. »Und er hat es geglaubt?«
    Cipriano lachte. »Wenn ich eines wirklich richtig kann,dann schauspielern. Darin war ich schon immer gut. In diesem besonderen Fall war mir die Anerkennung des Publikums gewiss, auch wenn es nur aus einer Person bestand. Bernardo begegnet mir seither mit höchstem Respekt.«
    »Hm«, machte ich nachdenklich und suchte nach der Moral von der Geschichte, doch mir wollte auf Anhieb keine einfallen, jedenfalls keine, die ehrbarer war als Der Zweck heiligt die Mittel .
    »Du musst ihm nicht unbedingt verraten, dass ich mir das nur ausgedacht hatte«, meinte Cipriano.
    Ich versprach es. »Dann fiel es dir wohl nicht so leicht, Razzi zu töten, oder?«
    Er sah elend aus. »Nie tat ich etwas, das schwerer war. Aber ich hatte keine Wahl, denn er war im Begriff, Caterina zu erdolchen. Er hatte bereits das Messer

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