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Der König Der Komödianten: Historischer Roman

Titel: Der König Der Komödianten: Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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saß: An einer Stelle hatte sich ein Stück geteertes Holz gelöst, mit dem notdürftig ein Loch ausgebessert worden war. Ein großes Loch!Dann verlosch die Laterne im Wasser, und ich sah nichts mehr außer dunklen Schemen. Dafür spürte ich umso mehr: Das Boot sank mir buchstäblich unter den Füßen weg. Gleich darauf lag ich im Wasser und griff nach allem, was mir vor die Finger kam, um nicht unterzugehen. Beim Versuch, mit den Füßen auf Grund zu kommen, trat ich ins Leere, und die Wellen schlugen mir über dem Kopf zusammen. Das Wasser war hier wesentlich tiefer als in jenem Kanal, über dem Elena Seiltanzen geübt hatte.
    Gleich darauf bekam ich einen Gegenstand zu fassen und klammerte mich fest, nur um festzustellen, dass ich davon erst recht in die Tiefe gezogen wurde – es handelte sich um die reichlich mit Steinen beschwerten sterblichen Überreste Razzis.
    Nun bekam ich es ernstlich mit der Angst zu tun. Um mich schlagend, versuchte ich oben zu bleiben und gleichzeitig irgendwie ans Ufer zu gelangen. Es war nur ein paar Schritte entfernt, doch ebenso gut hätte es am anderen Ende der Stadt sein können, denn ich bewegte mich in einer Geschwindigkeit darauf zu, dass ich grob geschätzt bis zum Mittag brauchen würde, um es zu erreichen. Bis dahin wäre ich selbstverständlich ertrunken.
    »Hilfe!«, brüllte ich in höchster Not. »Zu Hilfe!«
    Vor mir hüpfte ein Gegenstand aus der Tiefe an die Oberfläche. In Panik griff ich danach, und siehe da, das Ding versank nicht, sondern half mir sogar dabei, mich ebenfalls über Wasser zu halten. Es handelte sich um das mit Pech überzogene Brett, mit dem der Nachbar seinen morschen Kahn geflickt hatte. Das Boot hatte er damit nicht retten können, aber immerhin mich.
    Mühsam strampelte ich ans Ufer, das Brett mit beiden Händen vor mir herschiebend und mich gleichzeitig daran festhaltend.
    Endlich hatte ich die Fondamenta erreicht und hievte mich an Land. Spuckend beugte ich mich vornüber und wurde dabeieiniges von dem Wasser los, das ich aus Versehen geschluckt hatte.
    Als ich mich wieder aufrichtete, sah ich Fackellicht näher kommen. Es umriss eine Reihe von Gestalten, die ich nur zu gut kannte.
    »Hat hier jemand um Hilfe geschrien?«, erkundigte sich einer der Wachmänner.
    »Das war ein Irrtum, es ist alles in Ordnung«, beteuerte ich keuchend.
    Er leuchtete mir mit der Fackel ins Gesicht. »Jedem anderen hätte ich das geglaubt«, sagte er, eine rasselnde Kette hervorholend.
    Einer der anderen deutete auf den Kanal. »Da sind Reste von einem Boot. Und dazwischen sehe ich ein verschnürtes Bündel. So groß wie ein Mann. Das sollten wir uns ansehen.«
    »Du meinst, es könnte wieder so einer sein wie neulich, dem der Hund die Eier abgefressen hat?« Der Wachmann, der mich in Ketten gelegt hatte, starrte mich an. »Hattest du nicht auch damit zu tun?«
    Das war der Augenblick, in dem ich mir wünschte, niemals nach Venedig gekommen zu sein.

    Von allen Nächten, die ich in den Giardini hatte verbringen müssen, war diese mit Abstand die kürzeste, denn schon bald darauf brach der neue Tag an. Dafür war die Zelle noch voller als beim letzten Mal, weshalb ich gar nicht erst den Versuch unternahm, es mir bequem zu machen. Ich vergewisserte mich lediglich mit einem raschen Rundblick, dass Aldo nicht anwesend war und dass sich niemand in meiner unmittelbaren Reichweite allzu heftig kratzte. Danach blieb ich einfach an der Wand stehen, bis der Kübel gebracht wurde, und verlangte vom Wärter, sofort den Zehnerrat Morosini sprechen zu dürfen. Mittlerweile hatte ich es zu schätzengelernt, einflussreiche Verwandtschaft in Venedig zu haben, auch wenn deren Ursprünge im blutbefleckten Dunkel einer unergründlichen Vergangenheit lagen.
    Es dauerte noch eine Weile, bis mich jemand holen kam, aber dann wurde ich auf direktem Wege zu Morosinis Amtszimmer gebracht.
    Hier und da tropfte es aus meiner nassen Kleidung, als ich ihm mit demütig gesenktem Kopf gegenübertrat.
    »Junge«, sagte er. »Was hast du nur wieder angestellt!«
    »Ich bin Marco«, erwiderte ich eilig, nur für den Fall, dass er mich für Giovanni hielt. Hier half allein Offenheit.
    »Das weiß ich doch. Wer euch beide kennt, kann euch nicht verwechseln.« Ernst blickte er mich an. »Was war los in der Ca’ Contarini? Razzi war dort, nicht wahr? Wer hat ihn erstochen?«
    »Ich war es«, behauptete ich. »Er wollte Caterina erdolchen, mir blieb keine Wahl.«
    »Irgendwann musste das kommen! Er

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