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Der König Der Komödianten: Historischer Roman

Titel: Der König Der Komödianten: Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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gleich am ersten Tag das Hemd weg und arbeitete wie die meisten anderen mit nacktem Oberkörper, was mir zunächst einen Sonnenbrand, dann aber rasch gebräunte Haut bescherte. Auf dem Kopf trug ich das Tuch, das Elena mir geschenkt hatte, in jeder Ecke einen Knoten.
    In der dritten Woche hatte ich mich an die Arbeit gewöhnt und blieb auch abends länger wach. Michele und Silvestro, diemit mir die Kammer bewohnten, gingen fast täglich aus und vertranken ihren Lohn, soweit sie ihn nicht für Miete und Essen verbrauchten. Gutmütig forderten sie mich gelegentlich auf, mitzugehen, ein Mann müsse doch auch anderes tun als schlafen, aber bisher hatte ich mich nicht dazu aufraffen können. Doch mit der Zeit wuchs mein Bedürfnis nach Abwechslung. In dem vor Menschen überquellenden Mietshaus war es alles andere als anheimelnd. Kindergeschrei, Hundegebell und streitsüchtiges Gebrüll schallten durch die dünnen Holzwände, und das oft rund um die Uhr.
    Eines Abends folgte ich Michele und Silvestro zu ihrem abendlichen Umtrunk. Die beiden waren Brüder, der eine sechsundzwanzig, der andere siebenundzwanzig Jahre alt, und arbeiteten seit zwei Jahren im Hafen. Sie kamen aus Bologna und hatten ursprünglich Matrosen werden wollen, doch Michele konnte seine Seekrankheit nicht überwinden. Ohne ihn wollte Silvestro nicht fahren, folglich waren sie als Hafenarbeiter in Venedig geblieben. Im Großen und Ganzen waren sie mit ihrem Leben zufrieden, abgesehen von den Wintermonaten, wenn man bei der Arbeit fror und abends in ein eiskaltes Zimmer zurückkehrte. Dagegen, so sagten sie, helfe jedoch zuverlässig ein Besuch in Matildas Schenke, denn dabei könne man auch die ungemütlichste Unterkunft vergessen.
    Es kam mir vor, als seien Jahre vergangen, seit ich dort gewesen war. Aber natürlich war alles unverändert, sogar Matilda war anwesend und ließ viel von ihrem üppigen Busen sehen, während sie unter launigen Bemerkungen Wein und Bier ausschenkte.
    An einem der Tische sah ich genau wie damals am Tag der Sensa die beiden schreiend bunt gekleideten Gecken sitzen. Allerdings erkannten sie mich diesmal nicht. Den Grund konnte ich mir denken, denn vor unserem Aufbruch hatte ich mich kurz im Rasierspiegel der Brüder betrachtet: Wucherndes schwarzes Bartgestrüpp, tiefbraune Haut und das um den Kopf geknotete Tuch hatten aus mir einen Hafenarbeiter gemacht.
    Im Hintergrund räumten zwei Männer Tische und Schemel an die Wand und holten dann Musikinstrumente hervor, auf denen sie eine schmissige Weise anstimmten.
    »Wir haben Glück«, sagte Michele strahlend. »Heute tanzt sie wieder.«
    »Ja«, antwortete Silvestro. »Marco ist bestimmt hin und weg!«
    »Von wem?«, fragte ich.
    »Da kommt sie schon«, erklärte Michele.
    Aus dem Hinterzimmer kam eine bezaubernd schöne junge Frau in den Schankraum, das Haar wie dunkle Seide und die Augen so groß und unergründlich, dass man fast darin ertrinken konnte.
    Caterina!, wollte ich rufen, doch ich brachte keinen Laut heraus.
    Es zog mir das Herz zusammen, als sie zu tanzen begann. Sie sah mich nicht, denn sie gab sich vollständig der Musik und dem Rhythmus ihrer Bewegungen hin. Die Besucher der Schenke verstummten nach und nach und sahen gebannt zu, wie sie, umweht von der weißen Seide ihres Gewandes und mit fliegendem Haar, anmutig über die groben Bohlen schwebte.
    Schließlich verstummte die Musik, und die Zuschauer brachen in johlenden Beifall aus. Zwei oder drei Männer am Rande der improvisierten Bühne verliehen ihrer Begeisterung handgreiflichen Ausdruck, indem sie trunken nach Caterina grapschten. Einer von ihnen versuchte, sie an sich zu ziehen, ein anderer zerrte an ihrem Gewand. Sie stieß beide zur Seite, milderte die Zurückweisung aber mit ihrem lieblichen Lächeln ab.
    »Ich kann euch nicht erhören, ihr strammen Kerle«, sagte sie. »Denn was soll ich dann den anderen sagen, die schon viel länger warten als ihr?«
    Plötzlich begegneten unsere Blicke sich, und sie zuckte zusammen. Sie ließ sich von der Wirtin ein Glas Wein reichen, dann kam sie zu mir herüber.
    »So sieht man sich wieder«, sagte sie.
    Ich nickte leicht verkrampft und wünschte ihr einen guten Abend.
    Sie streckte mir den Wein hin. »Willst du?«
    »Nein danke, ich muss morgen wieder arbeiten.«
    Michele und Silvestro verfolgten unsere Unterhaltung mit offenem Mund, und erst recht verdutzt schauten sie drein, als Caterina mich unterfasste und nach draußen zog. Grölende Rufe aus dem Schankraum

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