Der König Der Komödianten: Historischer Roman
obwohl nur einer der Tische besetzt war – von den Mitgliedern der Schauspieltruppe.
Unweigerlich wurde mein Blick sofort von ihr angezogen, die wochenlang Gegenstand meiner Träume gewesen war. Endlich sah ich Caterina wieder!
Sie war blass, wie ich sofort besorgt erkannte, und ihr liebliches Gesicht wirkte kummervoll. Augenblicklich verflog meine Müdigkeit, und ich war mehr als bereit, Leid und Ärger von ihr abzuwenden.
Nur flüchtig glitt mein Blick über die anderen, die um den großen Tisch saßen, vor sich Krüge und Holzbretter mit Essensresten. Da war der alte Zeus, der mir das Holzschwert an die Kehle gehalten hatte, neben ihm Elena, das schlecht erzogene Mädchen mit den zerzausten roten Locken, daneben die üppig gebaute Franceschina, dieser gegenüber Bernardo, dessen Hoden nähere Bekanntschaft mit meiner Krücke gemachthatten. Und an seiner Seite saß Caterina, das Kinn aufgestützt und das dunkle Haar herabfallend wie fließende Seide. Zwischen ihren Brauen stand eine Unmutsfalte, die in mir den Impuls wachrief, sie zu bitten, mir ihre Sorgen anzuvertrauen, damit ich mich darum kümmern konnte.
Gleich darauf wurde auch klar, wer sie verstimmt hatte – Bernardo!
»Und ich sage dir, es ist alles deine Schuld!«, behauptete er wütend. »Du kannst es einfach nicht sein lassen! Immer, wenn ich denke, es war das letzte Mal, schleppst du einen neuen Verehrer an! Ich werde diesen Burschen töten!«
» Dieser Bursche hat für unsere Spielerlaubnis gesorgt, und ihm verdanken wir auch die Genehmigung, bei den Arkaden die Bühne aufzubauen«, gab Caterina ebenso wütend zurück. »Und ich habe nichts mit ihm, wie oft soll ich dir das noch sagen?«
»Und wenn schon«, rief Franceschina dazwischen, nicht minder zornig. »Warum lässt du sie nicht einfach ziehen? Sie macht dich doch nur krank, Bernardo! Merkst du das nicht? Sie wird nicht ruhen, bis sie dich vernichtet hat!«
Caterinas Miene glättete sich, mit einem Mal wirkte sie erheitert. »Horch, horch! Spricht da die Stimme der Vernunft?«
»Streitet ihr euch etwa?«, fuhr unvermittelt der Alte dazwischen. Seine Stimme klang wie Donnerhall, als er in getragenen Jamben fortfuhr: »Wo Zank die Rede prägt, da sucht das Weib! Warum schweigt es nicht ganz einfach still! Besinnt sich auf den wahren Zeitvertreib! Benimmt sich, wie der Ehemann es will!«
Caterina verdrehte ob dieser Äußerung die Augen, während Elena meinte: »Großvater hat recht. Statt zu streiten, sollten wir uns um wichtigere Dinge kümmern. Wenn wir nicht bald mit einem neuen Stück antreten können, bringen wir alles in Gefahr, was wir einst hochgehalten haben!« Aufmunternd wandte sie sich an Bernardo. »Wie weit bist du denn? Gesternsagtest du noch, du hättest eine wunderbare Idee und wolltest sie gleich aufschreiben?«
»Wie könnte ich?«, fragte Bernardo mit dumpfer Stimme. »Wenn diese schamlose Metze mit Bedacht meine Seele zerfleischt und gnadenlos meine Inspiration mit Füßen tritt!«
»Deine Inspiration ist doch längst im Schnaps ersoffen«, sagte Caterina. »Bislang hat sich noch jede deiner angeblich wunderbaren Ideen in Grappa aufgelöst.«
»Das ist nur deine Schuld!«, rief Franceschina. Ihr Blick fiel auf Cipriano. »Da bist du ja endlich. Hast du den Schinken?«
Cipriano räusperte sich. »Sogar mehr als das.« Er trat einen Schritt zur Seite, damit die anderen mich sehen konnten. »Einen leibhaftigen, großen, kräftigen Bühnenhelfer.«
»Der sich in einen Mönch verwandelt hat und anstelle einer Krücke einen Kohlkopf unterm Arm hat«, fügte Elena hinzu. »Und ein … besticktes Seidenkissen?«
Meine Wangen brannten vor Verlegenheit und Ärger, und für einen Moment verspürte ich den Impuls, mit dem Kohlkopf – oder wenigstens mit dem Kissen – nach ihr zu werfen, zumal ihre ironische Bemerkung bei den anderen einstimmiges Gelächter auslöste.
»Darf ich vorstellen? Das ist Marco. Er hat dem Klosterleben den Rücken gekehrt und sucht einen neuen Wirkungskreis.« Cipriano nahm mir den Kohlkopf ab und legte ihn zusammen mit dem Schinken vor Franceschina auf den Tisch. »Hier, tu damit, was dir gefällt.«
Sofort ergriff sie ein Messer und fing an, Scheiben von dem Schinken abzuschneiden und zu essen, während sie mich musterte.
Mit Nachdruck ignorierte ich meinen abermals erwachenden Appetit und blickte verstohlen zu Caterina. Ihr Lächeln war nicht schadenfroh, sondern freundlich, was mein Herz vor glücklicher Erleichterung schneller
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