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Der König Der Komödianten: Historischer Roman

Titel: Der König Der Komödianten: Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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Schwierigkeiten es bereitet, selbst das einfachste Canovaccio 10 zusammenzustellen!«
    Ich verkniff mir die naheliegende Frage – wer oder was war ein Canovaccio? –, da mich das zweifelsohne als weltfremden Bauerntölpel entlarvt hätte.
    »Wir könnten natürlich stattdessen auch alte Stücke geben«, meinte Cipriano. »Ich meine richtig alte, wie die von Plautus und Terenz. Sehr beliebt, immer noch. Haben uns früher sehr gute Dienste geleistet, diese römischen Komödien. Doch dazu bräuchten wir Schauspieler, die etwas anderes als gähnende Leere oder dumme Liebeskapriolen im Kopf haben.« Resigniert verzog er das Gesicht. »Dagegen hilft nämlich auch kein Plautus.«
    »Ich kenne seine Stücke aus einem Buch!« Eifrig nutzte ich die Gelegenheit, nicht mehr ganz so dämlich dazustehen. »Mein Onkel gab es mir zum Lesen und zum Üben.« Ich dachte kurz nach und hob dann an zu rezitieren.
    »Einst war ein alter Handelsherr in Syrakus
    Und dem gebar zwei Zwillingssöhne seine Frau
    Die sahen sich so ähnlich, dass die Amme, die sie säugte
    Ja selbst die Mutter, die sie gebar
    Sie nicht zu unterscheiden wusste
    Wie mir ein Augenzeuge sagte, der die Knäblein sah.« 11
    »Oh, du kennst die Menaechmi !« Cipriano blieb stehen und blickte mich erstaunt an. »Was für unerwartete Begabungen!«
    »Das Stück mochte ich von allen am liebsten«, erklärte ich. »Ich lese es immer noch gerne, obwohl ich es schon fast auswendig kenne.«
    Er musterte mich mit verengten Augen, als sähe er plötzlich etwas an mir, das ihm vorher nicht aufgefallen war. »Du kannst sehr gut zitieren. Eigentlich … Obwohl, nein. Oder doch?« Er dachte nach. »Als Arlecchino wärst du vielleicht gar nicht so übel. Hm, hm.«
    Mit dieser kryptischen Bemerkung gab er mir weitere Rätsel auf. Diesmal schien er es selbst zu bemerken, denn er fügte eine Erklärung an. »Arlecchino ist einer von den Zanni .« 12
    »Ach so«, sagte ich. Wer immer Arlecchino oder diese Zanni waren – ich würde mir nicht die Blöße geben, danach zu fragen.
    Die Herberge war nicht weit von der Piazza delle Erbe entfernt. Sie lag in östlicher Richtung hinter einem gewaltigen Gebäude, bei dem es sich, wie ich von Cipriano erfuhr, um die Universität von Padua handelte. Als ich das hörte, erstarrte ich vor Ehrfurcht, denn von Onkel Vittore wusste ich, dass nach Wissen dürstende Jünglinge aus ganz Europa nach Padua zogen, um hier zu studieren. Besonders die medizinische Fakultät galt als herausragend. Doch auch in anderen Disziplinen wartete die Universität von Padua seit jeher mit Dozenten auf, die andernorts ihresgleichen suchten.
    Das Studieren hatte ich mir freilich immer ähnlich langweilig vorgestellt wie das Erlernen von Vokabeln oder das Lösen langweiliger mathematischer Gleichungen. Von daher hatte es mich nie bekümmert, in punkto Gelehrsamkeit etwas zu versäumen. Doch beim Anblick des riesigen Bauwerks, das gleichsam für Jahrhunderte gesammelten Wissens stand, beschlich mich die vage Sorge, mir könne vielleicht doch das eine oder andere Nützliche entgangen sein. Dafür sprach nicht zuletzt, dass ich mir bei einer Unterhaltung mit einem stadterprobten Menschen wie Cipriano vorkam wie der stupideste Tropf weit und breit. Was halfen mir die Menaechmi, wenn ich keine Zanni kannte?
    Nach einem kurzen Marsch um einige Häuserecken erreichten wir einen kleineren Platz, wo mein Blick sofort auf die beiden bunt bemalten Planwagen fiel, die dort neben anderen Fuhrwerken abgestellt waren. Dahinter lag ein Stall, durch dessen geöffnetes Tor eine Reihe von Zugtieren sowie einigePferdeknechte zu sehen waren. Die zu dem Anwesen gehörende Herberge befand sich gleich daneben. Im Vergleich zu den Prachtbauten an der Piazza delle Erbe war es ein eher schlichtes Gemäuer mit verwitterter Fassade und schmalen Fenstern.
    »Wir haben nur zwei Zimmer«, sagte Cipriano. »Eins für die Frauen und eins für die Männer. Aber du kannst in einem unserer Wagen übernachten.«
    Bei dem Wort übernachten überfiel mich sofort starker Schlafdrang. Ich merkte, dass ich mich kaum noch aufrecht halten konnte vor Müdigkeit. Doch in Anbetracht dessen, dass ich vorhin noch behauptet hatte, den ganzen Tag lang zupacken zu können, machte es sicher keinen guten Eindruck, wenn ich meinen Dienst mit einem Nickerchen begann.
    Vor mir stieß Cipriano die Tür zur Herberge auf und ging voraus in einen Schankraum, in dem es nach Bier und warmem Essen roch. Stimmengewirr erfüllte den Raum,

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