Der König Der Komödianten: Historischer Roman
zu sitzen. In seinem Zustand taugte er zwar nicht dazu, mir gegen mögliche Meuchelmörder beizustehen, doch in seinem Besitz befanden sich immerhin einige ordentliche Waffen.
In seiner derzeitigen Verfassung war er kaum zum Aufstehen imstande, weshalb ich auch bezweifelte, dass er in der Lage war, ein neues Stück zu ersinnen. Trotzdem machte ich michdaran, alles für die Arbeit bereitzulegen. Ich holte Papier und Schreibzeug aus meinem Reisesack, spitzte die Feder und rührte die Tinte an.
»Es kann losgehen«, sagte ich, nachdem ich alle Utensilien vor mir auf dem kleinen Tisch vor dem Fenster ausgebreitet und die Kerze dazugestellt hatte. Der Schemel, auf dem ich saß, war unbequem und zu niedrig, aber es würde schon irgendwie gehen. »Ihr könnt mir diktieren, ich schreibe alles nieder.«
»Über eine Sache musst du dir vorher klar sein.«
»Worüber denn?«
»Dass du die Finger von meiner Frau lässt.«
Ich fuhr zusammen. An Caterina und ihre Ehe mit diesem Trunkenbold hatte ich angesichts meiner anderen Sorgen überhaupt nicht mehr gedacht, doch nun, da er es aussprach, kam mir alles wieder zu Bewusstsein, wodurch sich mein Elend nachhaltig vertiefte.
»Mir liegt gänzlich fern, in Bezug auf Eure Gattin unerlaubte Gedanken zu hegen«, versicherte ich steif.
Gleichwohl erinnerte ich mich an gewisse Tagträume rund um trauliches Lustwandeln an heißen Quellen, doch diese Bilder schob ich rasch beiseite. Immerhin hatte ich zu jener Zeit noch nicht geahnt, dass Caterina durch eine Ehe gebunden war.
»Denken kannst du, so viel du willst«, sagte Bernardo. »Du sollst nur die Finger von ihr lassen. Das gilt selbstredend auch für andere Körperteile. Außer du möchtest sie von mir abgehackt bekommen.« Demonstrativ wies er auf sein Schwertgehenk am Bettpfosten. Die Geste büßte jedoch wegen seiner zitternden Finger ihre Wirkung ein. Er bemerkte es selbst und zog die Hand zurück. Wortlos stemmte er sich vom Bett hoch und ging zum Nachttopf in der Ecke des Zimmers. Für die Dauer des Plätscherns schaute ich in eine andere Richtung, während ich mich in Gedanken wieder mit meinen Verfolgern befasste, bekannten wie unbekannten. Bis jetzt hatte ich keineAhnung, wie alles weitergehen sollte, daher würde ich bald damit anfangen müssen, Pläne zu schmieden.
Brummelnd ließ Bernardo sich wieder auf dem Bett nieder. »Fangen wir an. Umso eher haben wir es hinter uns.«
Er lehnte sich zurück und schloss die Augen. Stumm wartete ich auf seine Ansprache, doch das Schweigen hielt an.
»Muss kurz nachdenken«, murmelte er nach einer Weile.
Abermals wartete ich, doch es kam nichts mehr. Als ich schon dachte, er sei wieder eingeschlafen, öffnete er die Augen. »Don Juan de Austria.«
»Ist das der Name des Stücks?«
»Nein, du dummer Wicht! Es ist lediglich eine Idee, die mir eben kam! Schreib sie auf, bevor sie mir wieder entfällt!«
Gehorsam notierte ich den Namen, und darüber setzte ich Ort und Datum, so wie ich es bei Bruder Ottone gelernt hatte. Die Feder kratzte auf dem Papier, ein tröstliches Geräusch, das meine Nerven beruhigte und mich in friedfertige Stimmung versetzte.
»Es kann weitergehen«, sagte ich.
»Lass mich überlegen und stör mich nicht.«
Schweigend malte ich Kringel in die Ecken des Papiers.
»Was schreibst du da?«, wollte Bernardo wissen.
»Nichts, ich verziere nur das Blatt mit Schnörkeln.«
»Wo wir gerade von Schnörkeln reden …« Sein triefäugiger Blick glitt über die Decke und blieb dann an mir hängen. »Deine Verse waren bis auf ein paar übertrieben und kindisch elegische Anklänge nicht übel. Zumindest für einen so grünen Burschen, wie du einer bist. Was meinst du?«
»Wie belieben?«, fragte ich voller Unbehagen.
»Was meinst du zu der Idee des Stücks? Kann man etwas daraus machen? Wenn du über ihn schreiben müssest – wie würde er aussehen?«
»Ähm … Ihr wollt wissen, wie ich mir ein Stück über Don Juan de Austria vorstelle?«
»Nein, wie du dir ihn vorstellst. Tu es, aber so, dass ich es hören kann. Was fällt dir zu ihm ein?«
»Er ist Spanier«, sagte ich zögernd.
»Spanier gibt es wie Sand am Meer. Was für eine Sorte soll er sein?«
»Vielleicht ist er ein Andalusier mit maurischem Stammbaum«, sagte ich.
»Ah, jemand von dunkler Heißblütigkeit, wie?«
Diese Formulierung gefiel mir, also nickte ich. »Und er ist mutig und tapfer, was er in vielen Schlachten bewiesen hat. Ein Held eben.«
»Weiter. Was macht ihn
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