Der König Der Komödianten: Historischer Roman
gewickelt und in großen Säcken verstaut, mit auf die Reise nehmen.
Die Arbeit des Packens und Aufladens überließ ich den anderen und blieb derweil im Stall, denn mich plagte die Furcht, man könne mich doch noch entdecken und gewaltsam zum Kloster zurückverfrachten, egal ob tot oder lebendig. Ohne Frage suchten der Prior und der Notar bereits in der ganzen Stadt nach mir, unterstützt durch den Fremden, dessen einziger mir bekannter Wesenszug darin bestand, Komplotte zu schmieden, um mir den Garaus zu machen.
Meine Angst fand bald frische Nahrung: Während die anderen vor dem Haus die Habe der Incomparabili auf die Karren luden, ertönte mit einem Mal Geschrei, und als ich das Getrampel beschlagener Stiefel näher kommen hörte, zweifelte ich nicht, dass es mir nun ans Leder ging. Unter Stoßgebeten duckte ich mich hinter die Hafersäcke, während ich Elena amStalltor laut sagen hörte: »Hier drin ist nur der Stalljunge. Ich sagte doch, Bernardo Caloprini ist weggelaufen! Der hat Padua sicher längst verlassen!«
Zum Glück war ich trotz meines Schreckens nicht so weit verblödet, um nicht sofort zu begreifen, dass Elena mich damit warnen wollte. Flugs lud ich mir einen der Futtersäcke auf den Rücken und schleppte ihn geschäftig zu den Pferden, während geharnischte und behelmte Männer kreuz und quer durch den Stall trampelten und in alle Winkel spähten. Hin und wieder traf mich ein prüfender Blick, und ich gab mein Bestes, wie ein redlicher Pferdeknecht auszusehen, indem ich weitere Säcke herumschleppte.
»Hier ist der Kerl auch nicht«, sagte schließlich einer. »Lass uns in der Herberge nachsehen.«
»Als ob er dort auf uns warten würde«, erwiderte ein anderer.
»Messèr Rizzo hat es befohlen, also sehen wir nach.«
»Davon wächst ihm sein ausgestochenes Ei auch nicht wieder an. Ich schätze, er wird befehlen, den ganzen Rest der Theaterbande zu verhaften, wenn wir diesen Bernardo nicht fassen.«
Vor Schreck ließ ich den Hafersack fallen, doch die Wachen hatten den Stall schon wieder verlassen. Ich schwitzte Blut und Wasser bei dem Gedanken, dass ihre Suche ebenso gut mir hätte gelten können, je nachdem, mit welchem Nachdruck der hinterhältige Bader und meine unzufriedenen Zubergenossen meine Einkerkerung betrieben.
»Die Luft ist rein«, sagte Elena wenig später. »Sie sind weg.«
»Ich bleibe lieber im Stall«, erklärte ich.
Wenig später waren die Incomparabili zum Aufbruch bereit. Elena brachte mir Sachen zum Verkleiden, in denen ich mich nicht besser fühlte als bei meiner ersten Maskerade am Morgen, zumal es ganz ähnliches Zeug war: ein Hut, ein falscher Bart, ein zusätzliches Wams.
»Steck dein Kissen vorn unter das Hemd«, forderte Elena mich auf. »Dann wird dich kein Mensch wiedererkennen. Du wirst wie ein beliebiger Fettwanst aussehen.«
Daran hegte ich leise Zweifel und kam mir mit der prall ausgestopften Mitte höchst lächerlich vor, doch im Interesse meines unerlässlichen Inkognitos wagte ich nicht zu widersprechen.
Unterstützt von zwei Trägern, die äußerst mürrisch dreinschauten, dafür aber auch ein beruhigend umfassendes Desinteresse an den Tag legten, beförderten wir im Schweiße unseres Angesichts die schwer bepackten Karren zu einer Anlegestelle und verstauten sie auf einem breiten Schleppkahn, auf dem sich bereits andere Reisende eingefunden hatten. Mir war heiß, und ständig fürchtete ich, das Kissen könne mir unterm Hemd hervorrutschen, weshalb ich es beharrlich mit einer Hand festhielt und mir dabei immer alberner vorkam.
Die Tatsache, dass ich zum ersten Mal in meinem Leben Boot fahren würde, konnte mich kaum von meinem Unbehagen ablenken. Meine Reiselust beschränkte sich auf den dringenden Wunsch, das Weite zu suchen.
Auf dem Kahn hielt ich nach Bernardo Ausschau, konnte ihn aber unter den übrigen Reisenden, die sich auf den Bänken niedergelassen hatten, nirgends entdecken. Zuletzt ließ ich meinen Blick auch über den Teil des Bootes schweifen, wo die Lasten aufgestapelt lagen, doch auch dort war er nicht zu sehen.
Alle anderen Incomparabili waren bereits an Bord, auch Cipriano, der uns vorausgeeilt war, um Bernardo von dessen Versteck aufs Schiff zu begleiten und die Passage für uns alle zu bezahlen. Zusammen mit Franceschina und Caterina saß er auf einer Bank, und dahinter hatten Elena und ihr Großvater Platz gefunden.
Ich ging zu Elena. »Wo ist Bernardo?«, fragte ich im Flüsterton, während ich mich an ihre freie Seite
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