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Der König Der Komödianten: Historischer Roman

Titel: Der König Der Komödianten: Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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tranchiere?«
    Ich war absolut sicher, dass er das nicht gesagt hatte, jedenfalls nicht mit diesen Worten, und möglicherweise half mir diese Gewissheit dabei, den Traum zu beenden, bevor er einen grässlichen Fortgang nehmen konnte. Heftig fuhr ich auf, einen unterdrückten Schreckenslaut auf den Lippen. Mein Blick fiel auf eine ältliche Frau, die neben der Bank stand und mich anstarrte, und erst mit peinlicher Verzögerung gewahrte ich, dass ich beide Hände zwischen meine Beine geschoben hatte, offenbar in der geträumten Annahme, ich müsse meine wertvollsten Körperteile vor Bernardos Degen schützen. Hastig versteckte ich die Hände hinterm Rücken und duckte mich unter dem anklagenden Starren der Frau.
    Auch die anderen Fahrgäste hatten sich erhoben, wie ich bei einem raschen Rundblick feststellte, und einige waren bereits über einen Steg an Land gegangen, unter ihnen die Incomparabili: Das Boot hatte angelegt. Waren wir schon angekommen? Eilig stand ich auf und stolperte von Bord, mich nach allen Seiten umschauend. Überall Grün, weit und breit keine Stadt, also waren wir noch nicht am Ziel.
    »Der erste Halt«, klärte mich Cipriano auf, der sich am Ufer die Beine vertrat. Er lächelte mich an. »Jetzt hast du denAnfang deiner ersten Bootsfahrt glatt verschlafen. Ich hoffe, du hast trotz dieser unbequemen Verkleidung etwas Schönes geträumt.«
    »Äh … ja«, log ich, während ich Elena, Caterina und Franceschina beobachtete, die auf ein Haus in der Nähe der Anlegestelle zuhielten.
    »Übernachten wir hier schon?«, fragte ich.
    »Nein, wir halten nur, damit die Reisenden Gelegenheit haben, sich zu erleichtern. Drüben auf dem Abtritt bei der Schenke da. Oder in den Büschen, ganz nach Belieben.« Er schickte sich an, die letztgenannte Variante in die Tat umzusetzen, und verschwand zwischen den Sträuchern der Uferböschung.
    Ich tat dasselbe, und als ich zurückkam, stieß ich auf Baldassarre, der es sich auf einem flachen Felsen am Kanal bequem gemacht hatte. Anders als am Vormittag wirkte er nicht mehr verstört, sondern beinahe heiter, als er mir entgegenblickte. »Edler Herr, Ihr seht so wohlgenährt aus, kann es sein, dass Ihr Euch reichlich verproviantiert habt und einem armen alten Mann ein kleines Stückchen Brot abtreten mögt?«
    Unwillkürlich fasste ich an das Kissen, überrascht und erfreut von der Wirkung, die meine Verkleidung offenbar entfaltete.
    »Das war ein Scherz«, erklärte Baldassarre. »Ich habe keinen Hunger. Marco, mein Junge, komm und setz dich zu mir.« Er klopfte neben sich auf den Stein und kicherte. »Dachtest du, einen alten Fuchs wie mich kannst du mit einem Kissen und ein paar Bartfransen täuschen?«
    Rasch vergewisserte ich mich, dass niemand diese Worte gehört hatte, dann setzte ich mich neben ihn auf den Felsen und umschlang meine Knie mit den Armen. Das Kissen war mir dabei im Weg, und plötzlich drängte es mich, mir das ganze falsche Zeug herunterzureißen.
    »An der nächsten Anlegestelle«, sagte Baldassarre.
    »Was?«, fragte ich verdattert.
    »An der nächsten Anlegestelle kannst du den Kram ausziehen. Da übernachten wir, und du kannst wieder du selbst sein.«
    Ich nickte belämmert. Anscheinend war ich dermaßen leicht durchschaubar, dass dagegen keine Maskerade der Welt half.
    Baldassarre strich sich durch das graue Bartgelock. »Welche Fortschritte macht das Stück? Ich hörte, es handelt von meinem persönlichen Helden, Don Juan de Austria?«
    »Ach, ich weiß nicht«, sagte ich ausweichend. »Eigentlich finde ich es zu … vorhersehbar. Außerdem wäre er in dem Stück ein jähzorniger Maure, dessen blinde Eifersucht sich an einem harmlosen Tuch entzündet und dem es völlig egal ist, was seine Frau fühlt. Von seinem jungen Adjutanten ganz zu schweigen. Am liebsten würde er alle umbringen.«
    »Hm, das klingt tatsächlich ungemein tragisch.«
    »Bernardo war sehr angetan von dem Gedanken, eine Tragödie zu schreiben.«
    »Unsinn. Die Leute wollen heutzutage im Theater lieber lachen. Zu weinen haben sie selbst genug. Denkt euch etwas Komisches aus!«
    »Komische Ideen sind schwerer zu finden als tragische«, gab ich zu bedenken.
    »Wirklich? Dabei schreibt das Leben die lustigsten Geschichten, man muss bloß hinsehen! Nimm nur mich.«
    »Euch?«
    »Na, was ich getan habe. Zwei gute Gespanne an einen selbstgerechten Kaufmann verhökert, dessen Geschrei über einzuhaltende Verträge und notarielle Rechtmäßigkeit bestimmt von Padua bis Venedig zu

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