Der König Der Komödianten: Historischer Roman
aber Rizzo hat es schlimmer erwischt.«
»Richtig so«, sagte ich mit grimmiger Befriedigung. Bernardos Vorgehen fand meine volle Zustimmung.
»Ist Bernardo schwer verwundet?«, fragte Elena erschrocken.
»Es geht. Er wird es gut überstehen, wenn er die Schulter eine Weile ruhig hält. Rizzo wird länger brauchen, um auf die Beine zu kommen. Bernardo hat ihm die Hoden tranchiert, jedenfalls drückte er es so aus. Er konnte fliehen, aber natürlich weiß Rizzo, wo er zu finden ist. Es ist also nur eine Frage der Zeit, bis die Ordnungshüter hier auftauchen.«
Draußen ertönten derbe Kommandos und gleich darauf Hufschlag und Räderrollen. Elena zuckte zusammen, denn ebenso wie ich wusste sie, was das bedeutete: Die Gespanne fuhren los. Der Fettsack hatte, ob mit oder ohne Hilfe desNotars, seinen Willen durchgesetzt, und nun zogen sie ab. Die Wagen waren verloren.
Ich sah, wie Elena um Fassung rang. Doch dann straffte sie sich. »Wo ist Bernardo denn jetzt?«
»Wir haben einen versteckten Treffpunkt ausgemacht, wo wir ihn später abholen. Denn dass wir nach diesem Eklat fort müssen, steht außer Frage. Es ist ja nicht das erste Mal, dass wir seinetwegen verschwinden, nicht wahr? Aber wie stellen wir es an? Ohne Gespanne können wir nicht weiterziehen. Jedenfalls nicht wie bisher als Truppe. Doch was sind wir dann? Ein Haufen versprengter Tagediebe?«
»Nein«, widersprach Elena vehement. »Wir sind die Incomparabili! Und wir geben nicht auf ! Wir haben immer noch alles, was wir brauchen, um eine Theatertruppe zu sein!«
»Bis auf Wagen und Pferde«, wandte Cipriano ein. »Mein liebes Kind, unser Gastspiel in Padua ist vorbei, was besagt, dass wir unsere nächste Vorstellung woanders geben müssen. Und zwar in einer anderen Stadt. In die wir vorher reisen müssen, mitsamt unseren vielen Kisten. Sollen wir die etwa alle auf Handkarren laden und sie bergauf, bergab durch die Lande ziehen?«
»Nein«, sagte ich, von einem Geistesblitz getroffen. »Wir laden sie auf ein Boot. Und damit fahren wir in die einzige Stadt, wo kein Mensch einen Wagen braucht. Weil es da nämlich keine gibt. Alle Wege legt man dort zu Fuß oder mit dem Boot zurück, denn die Stadt ist im Wasser erbaut.«
Elena starrte mich an. »Du meinst Venedig!«
»Da waren wir noch nie«, sagte Cipriano. »Kein einziges Mal.«
»Warum nicht?«, fragte ich.
»Weil es dort keine Wagen gibt«, sagte er langsam. »Genau deshalb konnten wir nie dorthin – wegen unserer Wagen! Sie waren unverzichtbar und gehörten so sehr zu uns wie wir zu ihnen. Sie waren für uns Unterschlupf, Wahrzeichen undFortbewegungsmittel, alles in einem. Nie hätten wir sie hergegeben!« Ein Lächeln zuckte in seinen Mundwinkeln. »Und jetzt sind wir sie los und können nach Venedig! Die Incomparabili gehen zum ersten Mal in ihrer langen Geschichte nach Venedig! Ist das zu fassen?« Und dann legte er den Kopf in den Nacken und lachte aus voller Kehle.
bewegungsmittel, alles in einem. Nie hätten wir sie hergegeben!« Ein Lächeln zuckte in seinen Mundwinkeln. »Und jetzt sind wir sie los und können nach Venedig! Die Incomparabili gehen zum ersten Mal in ihrer langen Geschichte nach Venedig! Ist das zu fassen?« Und dann legte er den Kopf in den Nacken und lachte aus voller Kehle.
Befreit tat ich es ihm gleich. Venedig, dachte ich. Venedig, ich komme!
7 Dante Alighieri, Die Göttliche Komödie, Die Hölle, 2. Gesang
8 Latein lernte ich schon als Knabe von meinem Onkel
9 Die Unvergleichlichen
10 Zusammenfassung eines Theaterstücks, eine Art Szenen-Exposé
11 Titus Maccius Plautus, Die beiden Zwillinge (Menaechmi), Prolog
12 Dienerfiguren
13 Junge Liebende
14 Span.: Der Einhändige von Lepanto. (Anm.: Es handelte sich um Miguel de Cervantes)
15 Der Begriff Commedia dell ’arte, die heute gebräuchliche Bezeichnung, wurde erst im 17. Jhd. geprägt.
16 Slapstick, auch verbunden mit Sprachwitz
17 Adliger
18 Anrede für die Dame
19 Lat.: Verträge sind einzuhalten
Teil 4: Brentakanal, April 1594
Cipriano zog mit einem Teil des Geldes los, das Baldassarre für die Gespanne erhalten hatte, und erwarb in aller Eile zwei Handkarren und eine ausreichende Anzahl an Säcken. Die Kisten konnten nicht alle mit, da sie zu schwer und sperrig waren, außerdem mussten wir die Kulissen und die Winde zurücklassen (von der ich immer noch nicht genau wusste, was man damit tat), doch wenigstens die Kostüme und unverzichtbaren Requisiten konnten wir, ordentlich in Wachstuch
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