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Der König der Lügen

Der König der Lügen

Titel: Der König der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Hart
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und sie schaute im Haus umher. »Das weiß ich nicht«, sagte sie. »Sie ist nicht im Bett.«
    »Was heißt das? Reden Sie, Alex.«
    »Ich weiß nicht. Ich habe geschlafen. Sie haben mich geweckt. Sie ist nicht im Bett.«
    »Der Hörer liegt neben dem Telefon. Sie muss hier sein.
    «
    »Wir legen den Hörer abends immer daneben.«
    Wütend spähte ich in dem kleinen Haus umher. Es gab nur das Schlafzimmer, die Küche, das Bad und das Zimmer, in dem wir standen. Ich sah überall nach, aber Jean war nirgends zu finden.
    »Ihr Wagen.« Ich lief zum Küchenfenster und riss den staubigen Vorhang zur Seite. Aber ich sah nur Alex' Wagen, die Baumwurzeln, die sich aus der nackten Erde wölbten, und den Ölfleck da, wo Jeans Auto hätte stehen müssen.
    »Verdammt! Er ist nicht da.« Ich kehrte zu Alex zurück und sah, dass die Pistole jetzt auf dem Fernseher lag. »Wo könnte sie sein? Denken Sie nach, Alex.«
    Aber sie war ratlos. Unschlüssig stand sie da, schüttelte den Kopf und murmelte vor sich hin. »Das würde sie nicht tun. Sie würde mich nicht verlassen.« Alex griff mit wildem Blick nach meinem Arm. Ihre Stimme klang wieder fest. »Nicht Jean. Nicht ohne mich.«
    »Na, da habe ich eine Neuigkeit für Sie. Sie hat es getan. Also, wo könnte sie sein?«
    Alex fing an, den Kopf zu schütteln, als mir plötzlich ein Licht aufging und ich mit absoluter Gewissheit wusste, wo meine Schwester hingefahren war.
    »Hat sie ein Handy?«, fragte ich.
    »Ja.«
    »0 mein Gott. Sie ist in Ezras Haus.«
    »Woher wissen Sie das?«
    »Ich weiß es einfach.« Ich wandte mich zur Tür, und meine Gedanken überschlugen sich. »Kennen Sie Ezras Adresse«
    »Ja.«
    »Rufen Sie den Notruf an, und geben Sie die Adresse durch.«
    »Und dann?«
    »Bleiben Sie hier und warten Sie, falls der Krankenwagen kommt. Wenn ja, leiten Sie ihn zu Ezras Haus um.«
    »Nein«, sagte Alex, »sie braucht mich. Ich muss dort sein.«
    »Diesmal nicht.«
    »Sie können mich nicht aufhalten, Work.«
    An der Tür drehte ich mich um. »Sie hat mich gerufen, Alex.
    Nicht Sie.«
    Alex schrumpfte unter diesen Worten zusammen, aber ich empfand keine Genugtuung bei ihrem Schmerz. Trotzdem hatte ich noch etwas zu sagen.
    »Ich habe Sie gewarnt, Alex. Ich habe Ihnen gesagt, sie braucht Hilfe, und ich werde Sie zur Verantwortung ziehen.«
    Dann war ich draußen und sprintete zum Truck. Bis zum Haus meines Vaters waren es nur zwei Meilen, doch jetzt waren immer mehr Autos unterwegs. Ich überholte drei, ohne auf die durchgezogene gelbe Linie zu achten, und ich fuhr achtzig, wo nur fünfunddreißig erlaubt waren. Als ich über die Bahngleise schoss, verloren die Reifen den Bodenkontakt, dann raste ich in der falschen Richtung durch eine Einbahnstraße, aber damit sparte ich zwei Blocks. Schleudernd bog ich in die Einfahrt, streifte einen der Buchsbäume und bremste hinter Jeans Wagen. Ich rannte zur Hintertür und prallte dagegen: Sie war abgeschlossen. Verdammt! Ich wühlte in der Tasche nach meinem Schlüssel, bis ich begriff, dass ich ihn im Wagen gelassen hatte und zurücklaufen musste, um ihn zu holen. Dann steckte der Schlüssel im Schloss, und ich drückte die Tür auf. Ich lief ins Haus, rief ihren Namen und schaltete das Licht ein. Ihr Name hallte von den Marmorböden wider, wehte durch die getäfelten Korridore und kam zu mir zurück, um mich zu hetzen, aber sonst weinte das Haus schweigend. Ich lief durch die Räume, so schnell ich konnte: Küche, Arbeitszimmer, Billardzimmer. Es war ein großes Haus, und nie war es mir größer erschienen. Sie konnte überall sein, erkannte ich, und dachte an das Bett im oberen Stockwerk. Aber plötzlich wusste ich es und rannte in die Eingangshalle. Als ich um die Ecke kam, sah ich sie am Fuß der Treppe liegen, bewegungslos und aschgrau, der Teppich unter ihr nass von Blut.
    Ich stürzte neben ihr zu Boden. Meine Knie schmatzten in ihrem Blut. In ihren Handgelenken klafften lange vertikale Schnitte, und die Rasierklinge lag leuchtend rot auf dem Teppich.
    Das Blut pulste immer noch matt aus den Schnittwunden. Ich rief ihren Namen. Keine Reaktion. Ich riss ihr die Schuhe von den Füßen, zog die Schnürsenkel heraus, band sie dicht über den Schnitten um ihre Arme und zog sie straff fest. Das Blut hörte auf zu fließen, und ich tastete nach der großen Arterie am Hals unter ihrem Kinn. Ich fand keinen Puls. Ich drückte den Finger tiefer hinein, spürte ihn dann doch. Der Puls war zögernd, schwach, aber er war da, und ich

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