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Der König der Lügen

Der König der Lügen

Titel: Der König der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Hart
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und sah auf die Uhr. Halb sieben — ein neuer Tag. Schlafen war unmöglich; also stand ich um Kaffee zu kochen. Ich hielt die Kanne unter den Wasserhahn, als das Telefon klingelte. Ich ließ den Anrufbeantworter seine Arbeit tun. Nach dem Ansagetext mit Barbaras Stimme drehte ich den Wasserhahn zu und wollte zur Kaffeemaschine gehen. Ich erstarrte, als ich Jeans Stimme hörte. Sie klang kraftlos und angestrengt, schlimmer als zuvor.
    »Work, bist du da?« Eine brüchige Stimme. »Work, bitte . ..« Sie hustete.
    Die Kanne krachte in die Spüle und zerbrach. Ich riss den Telefonhörer von der Gabel. »Ich bin hier, Jean. Nicht auflegen.«
    »Gut.« Ich konnte sie kaum hören. »Gut. Ich wollte...« Sie fing an zu husten. »Ich wollte dir sagen ...«
    »Jean. Was denn? Ich kann dich kaum verstehen. Wo bist du?«
    »... sagen, dass es okay ist. Dass ich dir verzeihe. Wirst du daran denken?«
    »Jean!«, schrie ich und geriet in Panik. »Wo bist du? Ist alles in Ordnung?«
    Einige Augenblicke hörte ich nur meine eigene Stimme und ihren Atem. Ich flehte sie an. »Bitte. Sag mir, was los ist.«
    »Versprich mir, dass du daran denken wirst. Ich muss es hören.«
    Ich wusste nicht, warum ich antwortete, wusste nur, dass sie es hören und dass ich es sagen musste. »Ich werde daran denken.«
    »Ich liebe dich, Work«, flüsterte sie fast unhörbar. »Lass dir von Alex nichts anderes einreden.« Ihre Stimme versagte und kehrte dann scheinbar kräftiger zurück. »Wir waren immer eine Familie. Auch als ich dich gehasst habe.«
    Jetzt wusste ich, was sie getan hatte, und ich konnte es nicht ertragen.
    Ihre Stimme war nur noch ein Flüstern. »Es hätte mehr bedeuten sollen. Ich hätte ...«
    »Jean!«, schrie ich. »Um Gottes willen!«
    Ich dachte, sie habe aufgelegt, denn auf meinen Ausbruch folgte nur noch Schweigen, aber dann hörte ich sie wieder, ein feines Keuchen, das sich in ein Lachen verwandelte, leise wie der Wind im Gras.
    »Das ist komisch«, sagte sie. »Gott.« Sie atmete tief ein. »Ich werde es ihm sagen.«
    Ich hörte, wie ihr der Hörer aus der Hand auf den Boden fiel, und ihre Stimme kam wie aus weiter Ferne. »Um Gottes willen«, sagte sie, aber sie lachte nicht mehr.
    »Jean!«, schrie ich. »Jean!« Aber sie antwortete nicht, und wieder rasten die schrecklichen Worte durch meinen Kopf: Aller guten Dinge sind drei.
    Ich legte den Hörer auf den Tisch, ohne die Verbindung zu trennen. Mit dem Handy rief ich die Notrufnummer an, berichtete der Telefonistin, was passiert war, und gab ihr Jeans Adresse. Sie versprach, sofort einen Notarzt zu alarmieren, und ich beendete das Gespräch. Dann rief ich bei Jean an, aber der Anschluss war besetzt. Also war sie zu Hause.
    Ich zog die schlammverschmierten Stiefel wieder an, raffte die Schlüssel an mich und stürmte zur Tür hinaus. Für meine Fahrweise war der Pick-up nicht gebaut, aber auf der Straße war noch kein Verkehr, und ich war vor dem Krankenwagen bei ihrem Haus. Die losen Bretter bebten unter meinen Sohlen, als ich im Laufschritt die Veranda überquerte. Ich hämmerte an die Tür und schrie nach Alex, doch es rührte sich nichts. Ein Hund bellte auf der anderen Straßenseite. Ich nahm die Stelle zwischen Türknauf und Rahmen aufs Korn und trat gegen die Tür. Holz splitterte, und ich war drinnen in der miefigen Dunkelheit, rief nach Jean, schrie ihren Namen. Plötzlich stand Alex im Rahmen der Schlafzimmertür. Sie trug Boxershorts und ein T-Shirt, und ihre Haare standen stachlig vom Kopf ab. Ich sah ihr an, dass sie gerade aufgewacht war.
    »Wo ist Jean?«, fuhr ich sie an. »Was zum Teufel machen Sie hier?«, schrie sie. »Haben Sie gerade meine Tür eingetreten?«
    Mit drei Schritten hatte ich das Zimmer durchquert, packte Alex bei den Schultern und schüttelte sie so heftig, dass ihre Zähne aufeinanderschlugen.
    »Wo ist Jean, Alex? Wo ist sie?«
    Alex riss sich los, verschwand im Schlafzimmer und kam mit einer Pistole in der Hand zurück. Sie spannte den Hahn und sah mich an.
    »Machen Sie, dass Sie aus meinem Haus kommen, Work, sonst schieße ich Ihnen ein Loch in den Bauch.«
    Ich hörte nicht zu. Die Pistole sagte mir nichts; es war, als hätte ich noch nie eine gesehen. »Verdammt, Alex, irgendwas stimmt nicht mit Jean. Sie hat mich angerufen. Sie ist verletzt. Wo ist sie?«
    Meine Worte fanden den Weg durch ihre Wut, und die Pistole begann zu sinken. »Wovon reden Sie?«
    »Ich glaube, sie versucht sich umzubringen.«
    Ihr Blick wurde unsicher,

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