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Der König der Lügen

Der König der Lügen

Titel: Der König der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Hart
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dankte Gott dafür. Doch ich wusste nicht, was ich noch tun sollte; ich hatte keine Ausbildung. Also verschränkte ich ihr die Arme auf der Brust, damit sie möglichst hoch lagen, dann zog ich ihren Kopf auf meinen Schoß und hielt sie fest, so gut ich konnte.
    Forschend betrachtete ich ihr Gesicht und suchte nach irgendeinem Grund zur Hoffnung, aber es war blutleer und so weiß wie Porzellan. Blaue Adern schimmerten durch die Haut der geschlossenen Lider; es sah aus wie Prellungen. Ihr Mund hing offen, und ich sah hellrote Halbmonde auf ihren rissigen Lippen, die Spuren ihrer zubeißenden Zähne. Ihr Gesicht war schlaff, ihre Züge kraftlos, doch es war dieselbe Jean, meine Schwester. Wir haben früher gelacht, verdammt — und ich schwor mir, alles besser zu machen, wenn sie am Leben bliebe. Irgendwie würde es mir gelingen, denn so durfte es nicht enden. Nicht für sie.
    Ich strich ihr das Haar aus dem Gesicht und sprach mit ihr. Meine Worte waren nichts als eine Bitte um Verzeihung; sie verliefen ineinander, und die Minuten dehnten sich wie Stunden. Später konnte ich mich nicht erinnern, was ich gesagt hatte, aber vielleicht flehte ich sie an, mich nicht allein zu lassen.
    Dann waren Geräusche um mich herum, das Klappern einer Krankentrage und ruhige, effiziente Stimmen. Unbekannte Hände ergriffen mich, führten mich zur Seite und hielten mich aufrecht, damit ich alles sehen konnte. Jean war umringt von Männern in Weiß, die sie bewegten, ihr die Handgelenke verbanden, eine Nadel in ihren Arm stachen und sie zudeckten, damit nicht noch der letzte Rest Wärme entkommen konnte. Jemand fragte, ob ich ihr die Arme abgebunden hätte, und ich nickte. »Hat ihr wahrscheinlich das Leben gerettet«, sagte der Mann. »Es war knapp.«
    Ich legte die Hände vors Gesicht und wagte zu hoffen, dass sie am Leben bleiben würde. Als ich aufblickte, war Alex da. Über ihre reglose Geliebte hinweg sah sie mir in die Augen, und ihr alter Stolz war wieder da, ihr Zorn und ihre Kraft. Aber in diesem Moment hatten wir den gleichen Gedanken: Wenn Jean am Leben bliebe, dann nur meinetwegen, und Alex gestand es ein mit ihrem Blick und mit den Fingern, die flatternd vor ihrem Mund schwebten, als wollten sie Worte zurückhalten, die sie nicht zurücknehmen könnte. Doch ich nickte trotzdem, und sie nickte zurück.
    Dann lag Jean auf der Trage, und sie rollten sie hinaus aus dem Haus, das sie sich zum Sterben ausgesucht hatte. Einen Moment lang war ich mit Alex allein, hockte zusammengesunken an der Wand, und sie kam zu mir. Ihr Kiefer mahlte hinter versiegelten Lippen, und sie schlug mit den Fäusten auf ihre Schenkel, während sie nach Worten suchte.
    »Fahren Sie ins Krankenhaus?«, fragte sie schließlich.
    »Ja. Sie auch?«
    »Natürlich.«
    Ich nickte und sah, als ich den Blick senkte, dass sie barfuß war. Sie verlagerte ihr Gewicht von einem Fuß auf den andern.
    »Glauben Sie, sie kommt wieder auf die Beine?«, fragte sie.
    Ich überlegte. »Ich glaube, sie wird es überleben. Die Sanitäter nehmen es jedenfalls an.« Ich betrachtete ihr Gesicht, dem man ansah, dass sie geweint hatte. »Glauben Sie denn, sie wird wieder gesund? Ich meine ... na ja, Sie wissen, was ich meine.«
    »Sie ist stark«, sagte Alex. »Stark genug, dachte ich. Aber jetzt weiß ich's nicht mehr. Ich habe das Gefühl, ich weiß überhaupt nichts. Ich dachte immer... Wir haben immer gesagt...«
    Ihre Stimme verlor sich, und sie wischte sich über die Nase. Ich dachte an etwas, das sie bei Jean zu Hause gesagt hatte, und ich begriff, doch bei dieser Erkenntnis überlief es mich eisig.
    »Sie haben immer gesagt, Sie würden zusammen gehen. War es das?«
    Alex wich zurück, als hätte ich sie geschlagen, wobei sie einen blutigen Fußabdruck auf dem Hartholzboden hinterließ, einen perfekten kleinen Fuß. Sogar die Falten in den Fußsohlen waren zu erkennen.
    Ich sagte ihr, was ich dachte. »>Nicht ohne mich.< Das haben Sie gesagt.«
    »Was?« Ihre Stimme war laut, und ich wusste, dass ich recht hatte. »>Das würde sie nicht tun. Nicht ohne mich.< Das waren Ihre Worte. Ich will wissen, was Sie damit gemeint haben.« Ich stemmte mich hoch und wurde immer wütender. »Haben Sie das hier gemeint? Dass Sie es zusammen tun wollten? Haben Sie das gemein?«
    »Nein.« Sie wich noch einen Schritt zurück.
    »Ist das die Art Hilfe, die Sie ihr geben? Ja?« Ich schrie jetzt. »Dann ist es ein Wunder, dass sie überhaupt noch lebt, und es ist überhaupt kein Wunder, dass

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