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Der König der Lügen

Der König der Lügen

Titel: Der König der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Hart
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Also ging ich zu Fuß nach Hause, und wenn mich jemand sah, bot er mir nicht an, mich mitzunehmen. Zu Hause angekommen, drückte ich die Tür zu, als wehte der Wind herein. »Ich bin wieder da!«, rief ich.
    Das Haus war leer, was ich gewusst hatte. Barbaras Wagen war nicht da. Der Anrufbeantworter blinkte mich mit seinem roten Auge an, und auf der Kücheninsel sah ich eine Nachricht ein beigefarbenes Rechteck teuren Schreibpapiers mit Barbaras enger Handschrift unter dem Stift, der in einer perfekten Diagonale auf dem Blatt lag. Ohne echtes Interesse griff ich danach.
    »Lieber Work«, las ich überrascht. Ich hatte etwas anderes erwartet. »Ich bin zum Einkaufen nach Charlotte gefahren. Dachte mir, du brauchst jetzt ein bisschen Raum für dich. Tut mir leid, dass es gestern Abend so schwer für dich war. Vielleicht hätte ich dir eine bessere Stütze sein sollen. Und ich bin deiner Meinung ... wir müssen miteinander reden. Wollen wir heute Abend zusammen essen? Nur wir beide. Barbara.«
    Ich ließ den Brief liegen, wo er war, und ging duschen. Das Bett war gemacht, was mich daran erinnerte, dass ich für Montag keinen sauberen Anzug hatte. Ich sah auf die Uhr: Die Reinigung schloss in zwanzig Minuten. Ich warf die schmutzigen Überreste meines Anzugs in den Schrank und ging unter die Dusche.
    Danach zog ich mich an und fuhr ins Büro. Dort angekommen, steckte ich die Schlüssel in die Tasche und sah mich um. In mancher Hinsicht hatte Mills recht gehabt. Alles sah ganz normal aus. Aber jemand hatte mich beinahe umgebracht, und ich wollte wissen, warum. Falls es hier eine Antwort gab, würde ich sie wahrscheinlich oben finden.
    Ezras Büro erstreckte sich über die gesamte Länge des Gebäudes. Die Wände waren unverputzte Backsteinmauern, die über dem Zwanzigtausend-Dollar-Perserteppich warm wirkten. Offenes Deckengebälk, Ledersessel, Tiffany-Lampen. Ezra hatte keinen eigenen Geschmack; er hatte dafür bezahlen müssen. Ich versuchte mich an den Namen der Innenarchitektin zu erinnern und konnte es nicht. Sie hatte eine Vorliebe für Ölgemälde und tief ausgeschnittene Tops gehabt. Einmal hatte ich ihre Brüste gesehen, als sie sich vorgebeugt hatte, um ein paar Stoffmuster auszubreiten. Ezra hatte es bemerkt und mir zugezwinkert. Ich hatte eine Gänsehaut bekommen, aber indem er sein Vergnügen an diesen vollen, blassen Brüsten mit mir teilte, hatte er mich zum ersten und letzten Mal wie seinesgleichen behandelt. Ging es noch verkorkster?
    Ezras Bilder sahen nach Geld aus — nach altem Geld. Wenn man sie anschaute, konnte man das Jagdhorn hören und die Hunde riechen. Die Leute auf diesen Gemälden hatten Jagdhüter, Büchsenträger und Treiber. Sie jagten in prächtiger Kleidung und kehrten dann zu Silbergeschirr und Dienstboten zurück. Sie jagten Hirschkuh und Bock statt Reh, Fasan statt Wachtel. Ihre Häuser hatten Namen.
    Das war die Bestie, die auf dem Rücken meines Vaters gesessen hatte. Altes Geld hatte ihn gedemütigt, aber mehr noch: Es hatte ihn geärgert. Denn ganz gleich, wie gut er war, wie erfolgreich oder wie wohlhabend, diese lässige Arroganz hatte ihm immer gefehlt. Armut war der Stachel in seinem Fleisch gewesen, seine Triebfeder, aber er hatte nie begriffen, wie stark sie ihn machte. Als ich jetzt auf seinem teuren Teppich stand, wünschte ich, es ihm gesagt zu haben. Ich dachte an das Foto seiner Familie, das er zu Hause auf seinem Schreibtisch stehen hatte. Oft hatte er diese müden Gesichter angestarrt und genickt, als redete er mit ihnen. Ihrer Welt zu entrinnen, dafür hatte er gekämpft weniger dafür, für uns zu sorgen, und das hatte in mehr als einer Hinsicht wehgetan, ohne dass ich genauer hatte hinschauen wollen. Diese Menschen waren längst tot, sie waren kalt und vermodert und nicht mehr zu beeindrucken. Aber sie hatten für ihn an oberster Stelle gestanden.
    »Schattenboxen mit der Vergangenheit«, hatte Jean es einmal genannt und mich mit ihrer scharfen Wahrnehmung verblüfft.
    Ich ging zu dem wuchtigen Schreibtisch und untersuchte den Sessel. Da waren Schrammen am Leder, aber die konnten alt sein. Ich schob ihn vom Teppich herunter und lauschte auf das Geräusch der Rollen auf den Bodendielen. Es war das Geräusch, das ich am Abend zuvor gehört hatte. Ich stellte den Stuhl wieder an seinen Platz und sah mir die Wände entlang der Treppe an. Auch sie waren verschrammt, aber das bewies nichts. Ich kehrte zum Schreibtisch zurück, strich mit der Hand über das Leder und

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