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Der König der Lügen

Der König der Lügen

Titel: Der König der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Hart
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Lieblingsgeschichte, und es würde auch nie eine geben. Der Traum war vorbei. Ich hatte gedacht, Vanessa werde immer da sein. Ich hatte gedacht, ich hätte noch Zeit. Aus irgendeinem Grund hatte ich geglaubt, es werde sich schon alles einfach finden.
    Was für ein verdammter Idiot.
    Erzähl mir die Geschichte, Daddy Ich setzte mich auf, schwenkte die Beine von der Couch und rieb mir das Gesicht. Es ist nie zu spät, sagte ich mir, aber im Dunkeln klangen die Worte lahm, und ich dachte an den Jungen, der ich einmal gewesen war. Da sagte ich es noch einmal, lauter, fester. •Es ist nie zu spät.«
    Ich sah auf die Uhr. Viertel nach fünf. Montag. Drei Tage war es her, dass ich vor der Leiche meines Vaters gestanden hatte. Jetzt war Ezra fort, und mit ihm auch der Trost der Illusion; damit hatte Vanessa so recht gehabt. Ezra hatte mir Struktur und Definition gegeben, und ich fragte mich, woher solche Macht kam. War sie ein Geschenk, das ich ihm gemacht hatte, oder etwas, das er gestohlen hatte? Am Ende kam es nicht darauf an. Mein Leben war ein Kartenhaus gewesen, und der Wind seines Hinscheidens hatte es einstürzen lassen.
    Ich zog mir die Schuhe an und fand, dass der Tag sich schon jetzt sehr wie ein Montag anfühlte.
    Bone lag auf dem Sessel; vermutlich hatte ich geschnarcht. Er war warm und schlaff, als ich ihn zum Pick-up trug. Zu Hause schaltete ich die Kaffeemaschine ein, bevor ich duschte und mich anzog. Als ich aus der Dusche kam, wartete Barbara in der Küche auf mich. Sie saß an der Theke und trug denselben Fleece-Mantel wie am Tag zuvor. Sie sah furchtbar aus.
    »Guten Morgen«, sagte ich unverbindlich. Sie sah zu, wie ich mich abfrottierte, und ich fragte mich, was sie wohl sah.
    »Eher nicht«, antwortete sie. »Ich habe kaum geschlafen.« Ich schlang mir das Badelaken um die Hüften, und sie konstatierte das Offenkundige. »Du bist nicht nach Hause gekommen.«
    »Nein.« Ich hatte das Bedürfnis, mehr zu sagen, aber ich ließ es bleiben.
    »Warst du ...« Sie zögerte. »Warst du bei ihr?«
    Sie brauchte es nicht weiter auszuführen. »Nein«, sagte ich. »Dann ...«
    »Im Büro.«
    Sie nickte und beobachtete schweigend, wie ich im Schrank herumwühlte. Ich hatte vergessen, dass ich keinen sauberen Anzug mehr hatte; also zog ich eine Khakihose und ein zerknautschtes Buttondown-Hemd an, das ich meistens im Haus trug. Ich spürte ihren Blick auf mir, aber ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich zog mich an, und die zehn Jahre unserer Ehe machten das Schweigen umso betretener.
    »Work«, sagte sie schließlich. »Ich möchte nicht so weitermachen.« Ich hörte die gezwungene Ruhe in ihrem Tonfall, und ich antwortete genauso. Ich sah sie an, während ich sprach; es war erforderlich.
    »Willst du dich scheiden lassen?«, fragte ich.
    Sie löste sich erschrocken von der Theke, und ihre Stimme wurde lauter. »Guter Gott. Nein! Wie um alles in der Welt kommst du auf so was?«
    Ich versuchte meine Enttäuschung zu verbergen. Erst jetzt wurde mir klar, wie verzweifelt ich mich danach sehnte, dieser Ehe zu entkommen.
    »Was dann ...?«
    Barbara kam zu mir und legte mir die Hände an die Brust. Sie versuchte zu lächeln, aber es war ein bedauernswerter Anblick. Ihr Atem berührte mein Gesicht, und ich wollte mich abwenden. Ich war so sicher gewesen. Sie nahm meine Hände, schlang sie um ihre Taille und ließ sich dagegen sinken.
    »Ich will, dass es wieder so ist, wie es war, Work. Ich will es in Ordnung bringen.« Sie drückte mich an sich und bemühte sich, es spielerisch aussehen zu lassen, aber es gelang nicht. »Ich möchte dich glücklich machen. Ich möchte, dass wir glücklich sind.«
    »Glaubst du, das ist möglich?«, fragte ich.
    »Natürlich ist es möglich.«
    »Wir sind nicht mehr dieselben, die wir waren, Barbara. Wir haben uns verändert.« Ich nahm meine Arme von ihrer Taille und trat einen Schritt zurück. Als sie antwortete, hatte ihre Stimme eine allzu vertraute Schärfe. Sie klang schneidend und knapp.
    »Leute verändern sich nicht, Work. Nur die Umstände tun es.«
    »Siehst du, da unterscheiden wir uns.« Ich zog mein Jackett an. »Ich muss gehen«, sagte ich. »Ich habe einen Gerichtstermin.«
    Sie folgte mir durch das Haus. »Lass mich nicht einfach stehen, Work!«, schrie sie, und ich sah das Gesicht meines Vaters. Ich raffte meine Schlüssel von der Küchentheke und ignorierte den Kaffee, der plötzlich nach Galle roch. An der Tür erwischten ihre Hände meinen Arm, und sie hielt

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