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Der König der Lügen

Der König der Lügen

Titel: Der König der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Hart
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will mit Vanessa sprechen.« Ich machte einen Schritt, und seine Hand legte sich wie ein Gewicht auf meine Brust.
    »Ich glaube, nicht.«
    Plötzlich war ich voller Wut. Ich platzte fast. Alle Frustrationen meines Lebens schienen innerhalb von Sekunden in mir hochzukochen, und dieser namenlose Mann stand für sie alle.
    »Gehen Sie mir aus dem Weg.« Leise, kalt, gefährlich selbst in meinen eigenen Ohren.
    »Kommt nicht in Frage.«
    Zorn. Wut. Ich vibrierte davon, als könnte ich gleich explodieren. Sein Gesicht war hart und finster, und der Druck in mir nahm zu. Der Mord. Die Ermittlungen. Das brennende Bedürfnis, mit Vanessa zu reden. In einem kurzen Aufblitzen, das nach Hellsichtigkeit roch, sah ich Detective Mills, wie sie Jean Handschellen anlegte, und ich sah, wie meine kleine Schwester in einer dunklen Zelle saß und sich mit einem schartigen Stück Metall die Handgelenke aufsägte. Alles fiel auseinander, und ich hatte nichts als diesen Augenblick und die Wut, die ihn mit so vollkommener Klarheit umriss. Als mich der Mann zurückstieß, schlug ich zu und ließ alles auf ihn los. Und der Schock des Aufpralls meiner Faust, der durch meinen Arm heraufschoss, war ein gottverdammtes Geschenk. Er fiel zu Boden, und ich stand über ihm und hoffte, er werde wieder aufstehen und mir einen Vorwand liefern. Aber er rollte vom Rücken auf die Seite, saß dann im Staub und sah überrascht und gekränkt aus. »Himmel, Mister, warum haben Sie das gemacht?« Plötzlich wirkte er viel jünger. Eher wie zwanzig.
    Mein Zorn verrann, und ich fühlte mich alt.
    Dann kam Vanessa von der Veranda, blieb vor mir stehen und stemmte die Hände in die Hüften. »Verdammt, was ist los mit dir, Jackson? Was hast du für ein beschissenes Problem?«
    Ich war verwirrt, fast wie betrunken.
    »Wie kannst du es wagen, hierherzukommen und dich so aufzuführen? Ich möchte, dass du gehst. Sofort. Fahr nach Hause. Verschwinde.«
    Sie half ihm auf die Beine. Ihre Hand war winzig in seiner. Ich sah vor mir, wie sie miteinander schliefen, und fühlte neuen Schmerz.
    »Ich wollte mit dir reden«, sagte ich, und selbst für mich klang es lahm. Hilflos streckte ich die Hände aus.
    »Ich habe dir gesagt, du sollst mir nicht folgen.«
    »Diesmal ist es anders.«
    Aber sie ließ mich stehen und ging weg. Auf der Veranda hielt sie die Tür auf, damit der Mann ins Haus treten konnte. Dann drehte sie sich um und schaute wie aus großer Höhe auf mich herunter, und das Verandalicht umfing sie stofflos.
    »Verschwinde von meinem Grundstück, Jackson. Das meine ich ernst!«
    Benommen stand ich da, fassungslos vor dem Schmerz, der in mir heraufquoll. Aber erst als sie verschwunden war und die Tür uns trennte wie ein Riss im Universum, wurde mir klar, dass sie ein violettes Kleid trug. Durch das Fenster sah ich sie am Küchentisch. Sie weinte, und ihre Schultern zuckten unter seiner Hand. Ich fuhr weg, schwer von den Worten, die sie mich nicht hatte sagen lassen. Erst als ich vom Farmgelände auf den schwarzen Asphalt bog, fiel mir ein, dass ich kein Bett mehr hatte. Also fuhr ich ins Büro und ging hinauf in Ezras Zimmer. Eine Lampe warf ihr warmes Licht an die Decke, und ich streckte mich auf dem Ledersofa aus und zog Bone auf meine Brust. Er schloss die Augen und war bald eingeschlafen. Ich starrte noch lange nach Mitternacht an die Decke, aber immer wieder wanderte mein Blick hinunter zu dem langen antiken Teppich. Ich streckte die Hand aus und berührte ihn.
    Ich dachte an den Safe und an die Geheimnisse, die mein Vater darin aufbewahrte.
    Irgendwann fand mich der Schlaf, aber erst, als mir klar wurde, dass heute Montag war und ich im Gericht sein musste. Das kam mir unwirklich vor.

SECHZEHN
    A ls ich aufwachte, war es dunkel. Ich wusste nicht, wo ich war, und es war mir auch egal. Ich hielt meinen Traum fest: zwei Hände, ineinander verschlungen, ein Weg durch grüne Felder, Hundegeräusche, Lachen. Ein strahlend blauer Himmel, der nicht enden wollte, und blondes Haar wie Seide an meinem Gesicht.
    Der Traum handelte von Vanessa und von Dingen, die niemals sein würden.
    Ein Kind war auch da gewesen, mit goldener Haut und den kornblumenblauen Augen seiner Mutter. Ein Mädchen von vier oder fünf Jahren. Strahlend.
    Erzähl mir die Geschichte, Daddy... Sie hüpfte durch das hohe Gras.
    Welche Geschichte?
    Sie lachte. »Du weißt doch, welche Geschichte, Daddy. Meine Lieblingsgeschichte ...
    Aber ich wusste es nicht. Es gab keine Geschichte, keine

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