Der König der Lügen
Douglas es auf die Familie abgesehen hatte, und die Vergangenheit war bedeutungslos. Ich dachte an unsere Begegnung auf dem Parkplatz und daran, wie sein Gesicht so schlaff um die pflaumenblaue Nase gehangen hatte. Ich war jetzt ein Stück Fleisch für ihn; er würde mich schlucken oder ausspucken wie jeden anderen auch.
»Wer sagt denn, dass mein Alibi nichts taugt?«, fragte ich, obwohl ich wusste, dass sie mir nicht helfen konnte.
»Weiß ich nicht. Aber es ist jemand, der einen Grund hat, etwas darüber zu wissen. Mills sagt, sie hatte Sie von Anfang an im Visier. Sie hat Sie praktisch bezichtigt, ihre Ermittlungen zu behindern. Nur kriegt sie den Druck ab. Alle Welt weiß, dass sie Sie an den Tatort gelassen hat. Jetzt sieht sie die Risse in Ihrer Story, und es heißt, sie führt sich auf wie ein Kind im Bonbonladen.«
»Mills ist ein Miststück.«
»Ich halte mich lieber zurück, aber ich kann Ihnen nicht widersprechen. Ich weiß, dass sie Anwälte hasst, doch das kann ich ihr nun auch wieder nicht verdenken.« Sie sagte es scherzhaft, bloß ging der Witz daneben. »Sorry«, sagte sie. »Wollte Sie ein bisschen aufheitern.«
»Meine Frau kann beschwören, dass ich die ganze Nacht bei ihr war.« Das sagte ich nur, um mein Alibi auszuprobieren; ich wollte sehen, was sie daraus machte.
»Sie ist voreingenommen, Work. Jeder Staatsanwalt, der sein Gehalt wert ist, könnte ihre Aussage noch vor dem Frühstück durchlöchern.«
Sie hatte recht. Barbaras Aussage war besser als nichts — aber nicht viel besser, vor allem im Licht des Testaments, das Ezra hinterlassen hatte. Eine Jury würde sich leicht vorstellen können, dass eine Frau für ihren Ehemann log. Dazu fünfzehn Millionen Dollar, und der Fall war klar.
»Bei all dem gibt es jedoch auch noch einen Lichtblick«, sagte Tara. »Wollen Sie's hören?« Sie redete weiter, bevor ich antworten konnte. »Kennen Sie diesen Anwalt, Clarence Hambly?«
»Ja.«
»Der sagt, Sie hätten nichts von dem Testament gewusst. Ihr Vater habe die ausdrückliche Anweisung gegeben, dass Sie unter keinen Umständen etwas davon erfahren dürften. Das hat Mills den Wind aus den Segeln genommen, ein bisschen jedenfalls. Hambly ist sehr glaubwürdig.«
Ich sah den alten Mann vor mir, wie er aus seiner hehren Höhe auf mich herabstarrte, den Patriziermund angewidert verzogen. Aber dass Hambly glaubte, was er sagte, bedeutete noch nicht, dass es auch so war. Das würde Douglas den Geschworenen vorhalten. Ich hörte ihn schon: Niemals würde ich am Wort dieses aufrechten Gentleman zweifeln. Er würde die Jury strahlend anschauen und dem alten Mann die Hand auf die Schulter legen, um zu zeigen, dass sie auf derselben Seite standen. Ich bin ganz sicher, dass er mit dem Angeklagten niemals über das Testament gesprochen hat. Dann würde er innehalten, mit seinem fleischigen Finger auf mich zeigen und mich verdammen. Aber es gibt andere Mittel und Wege, Ladies und Gentlemen. Und der Angeklagte ist ein intelligenter Mann, ein gebildeter Mann. Hier würde er die Stimme heben. Ein Rechtsanwalt! Der zehn Jahre lang das Büro mit dem Opfer geteilt hat. Der fünfunddreißig Jahre lang Zugang zum Haus des beklagenswerten Opfers hatte... seines eigenen Vaters!
So würde er es angehen. So wäre ich es angegangen. Er brauchte ein Tatmotiv.
Fünfzehn Millionen Dollar, Ladies und Gentlemen. Eine Menge Geld...
»Und vergessen Sie das Nächstliegende nicht«, sagte die Reporterin zu mir. »Die Tatwaffe wurde immer noch nicht gefunden. Das ist ein großes Loch in der Beweiskette.«
Nicht so groß wie das im Kopf meines Vaters, dachte ich, erstaunt über meine eigene Gefühllosigkeit. Meine Abneigung gegen den Mann war seit seinem Tod allenfalls noch größer geworden. »Gibt es noch etwas?«, fragte ich.
»Eine Sache noch«, sagte sie. »Die ist wichtig.«
»Was?«
»Ich glaube nicht, dass Sie es getan haben. Deshalb reden wir miteinander. Geben Sie mir keinen Grund, es zu bereuen.«
Ich verstand, was sie damit sagen wollte. Wenn sich herumspräche, dass sie mir das alles erzählt hatte, würden ihre Quellen austrocknen. Sie müsste sogar mit einer Strafanzeige rechnen.
»Ich verstehe.«
»Hören Sie, Work. Ich mag Sie. Sie sind ein kleiner Junge, der Verkleiden spielt. Lassen Sie sich nicht mit heruntergelassener Hose erwischen. Ohne Sie wäre es nicht mehr wie früher. Das meine ich ernst.«
Ich wusste nicht genau, was ich darauf antworten sollte. Ich dankte ihr.
»Und im richtigen
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