Der König der Narren
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»Es werden lange Zeit keine Trosse m ehr aus Siridom eintreffen«, sagte Res, und obwohl es ihr wehta t , setzte sie hinzu: » V ielleicht überhaupt nie m ehr. Ab e r ich bin eine W eberin von Sirido m . Schaut nur« sie breitete Gerjos W andteppich aus -, » m an sieht n i chts m ehr von dem Schaden.«
Gerjo beugte sich über die Ecke m it dem Borkentr o ll. »Das stim m t «, bestätigte s i e.
»Ich kann mehr für Euch tun, als nur einen Teppich auszubessern. Ich kann Euch einen Teppich weben. Keinen großen, dazu habe ich nicht die Zeit. Aber einen Teppich. Ein neuer Teppich von einer W eberin aus S i rido m . Es könnte der letzte sein.«
Bist du verrückt? Ist das anste c ke n d? Wir kö n nen hier n icht herumsitzen, während du einen Teppi c h webst. Ich bin mit dir gekommen, damit du mich so weit wie mögli c h vom Nichts fortbringst, und wenn es in Haruspex aufgetaucht ist, dann ist es bald auch hier. Außerdem bist du doch no c h gar keine Weberin!
In Gerjos grünen Augen flackerte B egehrlichkeit auf, doch gleich schon wurde ihre Miene wieder vorsichtig.
»Das ist ein verlockendes A ngebot«, begann sie, »aber…«
»Nach d e m , was Ihr m i r erzählt habt, wird es bestim m t der letz t e Teppich für Euch sein. Ihr seid bereits sehr klein«, unterbrach Res sie. Ein Teil von ihr hörte ihre eigene Stimme und konnte kaum glauben, dass sie grausam genug war, je m andes Furcht vor sein e m Tod auszunutzen.
Du hasst es doch zu weben!
Ich hasse es nicht, t e ilte Res der Katze schweigend m it. Ich habe es gehasst, dass ich keine W ahl h a tt e, d ass i ch n i ch t s an d e r es t un sollte.
» W ie lange würdet Ihr b r auc h en ? «, f r agte Gerjo abrupt.
»Zwei Tage und zwei Nächte«, entgegnete Res und b e m ühte sich, ihre Erleichterung nicht zu deutlich zu zeigen.
»Also gut.«
Auf den staubigen, felsigen Grund zwischen H aruspex und Sassafranien senkte sich eine Sandwolke und wurde zu drei Gestalten, die alle die Gesichtszüge von Res aus Siridom trugen. Eine von ihnen sank auf die Knie und legte ihre W ange auf die dünne Schicht Erde über dem Fels. Ihre Schultern zuckten.
Die beiden anderen knieten neben ihr nieder und l eg t en i hre H ä n de auf die Schultern der Dritten. In ihrer Berührung for m ten sich Worte, die nur Angehörige ihres Volkes verstanden.
»Ja, es war schlim m , und es tut gut, die E rde w ieder zu spüren. Aber nicht m ehr lange werden wir leiden m üs s en, Schwestern. W i r werden sie f i nden. Und wir werden sie vernichten.«
KAPITEL 9
Gerjo besaß einen eig e nen kleinen Webstuhl. Er war längst nicht so kunstfertig geschnitzt oder so groß wie die Webstühle in Siridom, aber er würde genügen müssen.
»Früher«, sagte Gerjo traurig, » h abe i ch die S t offe für u nsere Kleider o f t selbst h erg e stellt, doch jet z t, wo meine Ar m e so kurz sind, fällt es m i r sehr schwer.«
Blaue W olle, die auch schon gesponnen worden war, stand genügend zur Verfügung, aber ein Teppich, der S i rido m s N a m en wert war, konnte nicht nur aus Blau bestehen, selbst ein kleiner nicht. Wenn sie auf einen S c hlag all ihre m itgebrachte W olle und Seide aufbrauchen würde, dann kä m e sie vielleicht da m it hin, aber die Vorstellung widerstrebte Res. Die Für s tin von Kading schien nicht gerade eine großzügige Dame zu sein, und sie brauchte noch Vorräte für den Not f all. Also m achte Res s ich daran, einen ihrer drei Röcke aufzutrennen und die Fäden neu aufzuwickeln. Dabei nahm der Teppich, der ihr vorschwebte, all m ählich vor ihrem inneren Auge Gestalt an. Bei all dem Blau war es sinnvoll, die See von Ansalon zu zeigen. Sie schaute auf das Bernsteingelb ihres Rockes und dachte an die W üste und die Leonesen. Ein Ringen von Wüste und Wasser; das war ein gutes Thema für einen Teppich. Aber sie brauchte noch eine dritte Farbe.
Unbewusst fuhr ihre rechte Hand zu ihrem Nacken, und sie spürte das Kratzen des erneuerten Verba n des. Ihr Nacken war kahl, und ihr langes Haar hatte sie zu Hause gelassen, als Pfand ihres Versprechens zurückzukehren. Dies würde ihr er s t er eigener Tep p ich werden, der ohne jede Aufsicht gewebt wurde, und sie konnte ihre Haare nicht benutzen.
Der Sühneträger hatte seine Frö h lichkeit wieder verloren und saß auf d e m Boden, wo er bekümmert dreinsah, während er m it Beerensaft seine merkwürdigen Äste und ihre Verzweigungen untereinander zeichnete. L avan sah ihm gebannt dabei zu und ah
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