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Der König der Narren

Der König der Narren

Titel: Der König der Narren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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m it d e m Sühneträger. Die Katze schlief vor der Feuerstelle. Nachdem Res etwas getrunken hatte, fühlte sie einen Hauch von Erschöpfung. Um i hn zu vertreiben, begann sie ein Lied zu sum m en, das sie von Les t er f eld und anderen Trossreisenden öfter gehört hatte. Es half. Sie war bereits ein ganzes Stück weiter, als sie die Augen zusammenkneif e n m usste, um in der Dämmerung noch etwas zu sehen, und Gerjo m it d e m Sühneträger und einer Glühwü r m chenkette ins Z i m m er k a m, die sie aufhängte und die wieder genüge n d Helligkeit verbreitete.
    Res dankte ihr und sum m te weiter. Dies m al fiel eine zweite Stim m e m it ein, voll und tief, und s i e hielt einen Mo m ent lang inne. Der Sühneträger stand unter der Glühwür m ch e nkette, breitete die A r m e aus und sang:
    » W ohl zehn Meilen jenseits der W elt, kein großer Sprung, dünkt m i ch!« Dann setzte er sich auf den Boden, brach in Tränen aus und sprach für die nächsten Stunden kein W ort m ehr. Er kauerte nur neben dem Webstuhl und schaute Res schweigend zu. Bald vergaß sie wieder, dass er bei ihr w ar.
    Als je m and ihr vorsichtig unter die A r m e griff, s c hrak sie auf und begriff, dass sie beim Weben eingeschlafen sein m usste. Der Sühneträger zog sie in eine aufrechte Haltung und deutete auf das Lager. Res nickte, wankte die paar Sch r itte bis dorthin und brach auf der Stelle zusammen. Nach zwei Stu n den war sie wieder wach, aber es hatte geholfen.
    Es wurde Morgen, es wurde Mittag, es wurde Abend, und die Fäden, die vom Webschiffchen gef ü hrt wurden, u m schrieben Res’ Welt, in die nur hin und wieder hastig verzehrte Nahrung und W asser drangen. In der zweiten Nacht, als si e kurz ausr u hte, weckte sie ein krachendes Poltern. Sie fuhr hoch und erkannte im Schein der Glühwü r m chenkette, dass der W ebstuhl u m gestoßen worden war. Der Sühneträger und die Katze standen sich gegenüber, die Katze m i t gesträubten Haaren und zurückgel e gten Ohren, der Mann m it erhobener Hand. Zwischen ihnen lag d e r zu zwei Dritteln v o llend e te Teppich. Einige der Kettfäden waren nicht nur durch den Sturz von der Brücke geglitten, sondern abgerissen.
    »Nein«, stieß Res hervor. »O nein!«
    Die beiden wandten sich ihr zu. Der Verrückte war es, sagte die Katze eilig, lief zu ihr und u m strich ihre Beine, als Res aufstand. Er wollte d e in e n Teppich z e rstören.
    »Krallen und Fallen«, mu r m elte d e r Mann und starrte die Katze kopfschüttelnd an. »Sieh nur die Krallen. Ach und W eh.«
    Du wirst doch nicht etwa glauben, dass ich es w ar! Wer war hier von Anfang an bei dir, ich oder dieser Eindringling?
    Res war selbst danach, etwas zu zerschlagen. All die Mühe konnte doch nicht u m sonst gewesen sein. M it zitternden Händen stellte sie den W ebstuhl wieder auf. I m m erhin war an dem Gerät nichts zerbr o chen.
    Ich bin viel zu klein, um so ein Ding umzukippen. Er war es!
    Sie begann die Fäden w ieder einzuspannen, die noch vollständig waren.
    Glaubst du mir?
    »Du kannst doch m eine Gedanken l e sen«, sagte Res wütend. »Ich weiß nicht, was ich glauben soll. Wenn du dich nicht ständig verteidigen würdest, wäre ich schon sicher. Du verteidigst dich sonst nie.«
    Die abgerissenen Fäden ließen sich verknüpfen, aber es würde für hässliche K noten innerhalb des G e webes sorgen. Kein Teppich m it solchen Knoten hätte die Ebene von Kenfra verlassen.
    Ich…kann deine Gedanken nicht i m mer lesen, erwiderte die Katze kleinlaut. Der Sühneträger legte Res eine Hand auf den Arm, die sie he f tig absc h ütt e lte.
    »Ich weiß nicht, wer von euch beid e n das g e tan hat, ab e r ich will euch alle beide jetzt nicht sehen!«
    Sie drängte beide zur Tür hinaus und schloss hin t er ihnen ab. Dann tat s i e , was sie si ch bis jet z t verbis s en h a tt e ; sie sank auf die Knie und trommelte m it den Fäusten auf den Boden, während ihr die Tränen über das Gesicht liefen.
    Lauthals » D as ist nicht gerecht ! « zu schluchzen wusch etwas von ihrem Zorn aus ihr heraus. Endlich f uhr sie sich m it d e m H a ndrücken über die Augen. Es hätte sch l im m er kommen können. Ein Riss im schon vollendeten Teil des Teppichs etwa. Oder ein Auftrennen ihres Gewebes. Aber dazu war die Ka t ze nicht i m stande und der S ühneträger nicht vernünftig genug.
    Vielleicht w ar es nur ein Unfall gewesen, und beide schoben einander jetzt die Schuld zu. Denk nic h t darüber nach, befahl sie sich, überleg dir

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