Der König der Narren
Dinge verstoßen. Doch beginnt jede Dyn a stie m it einem solchen Verstoß, und ich frage m ich m an c h m al…«
Er verstum m te. Res erinnerte sich daran, wie die Anführer der Gilde ganz Siridom verhei m licht hatten, in welcher Gefahr sie schwebten, so dass immer neue Trosse ungewarnt loszogen, nur des Gewinns wegen, und sie dachte, d a ss ein Aufstand auch eine gute Sache sein konnte. W e nn alles ein glückliches Ende fand und sie wieder nach Siridom zurückkehrte, würde sie si ch jedenfalls nie m als m ehr auf die Gilde verlassen oder vom Rat Befehle anneh m en.
Der Pal a st d er Für s tin erwies sich als Pyra m i de wie alle an d eren auch; Res erkannte keinen Untersc h ied zwischen diesem und anderen Gebäuden und stellte fest, dass sie Glück im Unglück gehabt hatte. Ohne einen Führer hätte sie gewiss nie die r ichtige Kri s t a ll p yra m ide gefunden.
In der E m pfangshalle tummelten sich eine Reihe von kugeligen, struppigen braunen W esen, die s t ändig Purzelbäu m e schlugen, wenn sie nicht aus d e m Brunnen in der Mitte der Halle tranken, wo eine rote Flüssigkeit aus einer glä s ernen Hand rann. Res k a m der W ein vom gestrigen Abend in den Sinn, u nd sie scha u derte. I h r tat im m er noch der Kopf weh. Ab e r die rote Flüssigkeit roch ganz anders.
»Herzbee r e n sa f t«, erklä r te Halb e rt, der ih r em Blick ge f ol g t war.
»Sch m eckt bitter für unsereins, a b er die Lügenbolde sind verrückt danach.«
»Lügenbolde ? «, wiederholte Yen Tao-tzu sichtlich verwundert.
»Sie beraten die Fürstin. Viel zuverlässiger als Prophetinnen und W ahrsager. Bei Lügen b olden kann m an völlig s i cher s e in, d ass jede einzelne V o rhersa g e falsch i s t, und sich n ach dem Gegen t eil richten.«
Einer der Lügenbolde hatte die N euanköm m l i nge entdeckt und rollte zu ihnen hinüber. Er fuhr m it einer großen blauen Zunge über Res’ linke Hand, ehe sie zurückz u cken konnte, und verkündete m i t quiekender Stim m e: »Ihr seid v ö llig sicher in di e ser Sta d t!«
»Das habe ich m i r gedacht«, sagte Res trocken.
Der Lügenbold zwinkerte ihr aus großen gelben Augen zu. »Ihr werdet Eure Hei m at und Phantásien retten und glücklich in Euer Heim zurückkehren.«
»Habe ich nicht gesagt, dass du dich besser darauf einrichtest, hier den Rest deines Lebens zu v e rbringen ? «, be m erkte der Zwerg.
»Ihr werdet den Rest Eures Lebens hier verbringen und nie m als m ehr von Freunden verraten w e rden«, verkündete der Lügenbold pro m pt und kugelte zu Yen Tao-tzu w e iter. Res bildete sich ein, ihr Herz hämmern zu hören. W as der Lügenbold behauptete, war also im m er falsch, aber das brauchte n i cht zu heißen, dass das G egenteil im m er richtig sein würd e . Nicht im Gering s ten.
Als der Lügenbold m it seiner Zunge Yen Taotzus Hand berührte, geschah etwas Merkwürdiges. Das Kugelwesen fuhr zurück und überschlug sich ein paar m al. Dann r ollten t a tsä c hlich g roße, gelbliche Tränen aus s einen Auge n .
»Das ist möglich«, kreischte d e r Lügenbold, »absolut möglich! Seine Zukunft ist nicht aufgebraucht! Er hat ein Leben!«
In Kading w ar es, im Vergleich zu den übrigen S t ationen von Res’ bisheriger Reise, ohnehin eher kühl, aber nun konnte sie nicht verhindern, dass ein F rösteln ihre Haut überlief, so dass jedes Härchen sich aufstellte. I h r fiel wieder ein, wie die Katze den F lammen der Zeit das Leben des Sühneträgers ang e boten hatte. Bis jetzt hatte ihr noch nie m a nd erklären können, warum Yen T a o-tzu dabei nicht gestorben war.
»Genug ist genug«, sagte Halbert, w ährend der Lügenbold zu seinen Gefährten rollte und von ihnen getröstet w urde, und musterte Yen Tao-tzu unbehaglich. » W ir dürfen die Fürstin nicht warten lassen. Sie hat schließlich nicht den ganzen Tag Zeit, ein paar neue Mörder einzuschwören.«
Von der Halle aus führte ein Gang schräg nach oben zur Mitte der Pyra m i de. Dort lag ein kleiner e r Empfangsraum, der von zwei Kadingern be w acht wurde. Neben dem l e i s en Fl a tt e rn ih r er Flü g el hö r te m an nur den Klang einer Flöte.
»Neue Rekruten, Halbert ? «, fragte einer von ihnen. »Du hast Glück. Bis zur nächsten Audienz dauert es noch ein W eilchen. Hinein m it dir.«
Das Innere des Rau m es erinnerte auf den ersten Blick ein wenig an die Mörderschenke, weil die W ä nde auch hier nicht aus großen, geschliffenen Kristallplatten be s t an d en, sondern aus zahll o
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