Der König der Narren
herunter. Erlei c hterung überflute t e sie, als sie den Teppich fand, zusam m engerollt u nd heil.
»Tss. W ir sind Mörder, keine Diebe«, be m erkte der W irt.
»Das spricht für Euch«, sagte Yen Tao-tzu, der nach wie vor auf die Spinne m it d e m kristallenen Rücken starrte, »doch ich m ache Euch darauf auf m erksam, dass jenes Doku m e nt nicht m e in Siegel trä g t. Sel b st Barbaren wie die Khitan oder d i e Juchen wi s sen, dass ohne Siegel keine Unter s chrift im Reich der Mitte gültig ist.«
Der W i rt z u ckte die Achseln. »Das küm m ert uns nicht. Hier sind wir in Kading«, gab er grinsend z u rück und schlug Yen Tao-tzu auf die Schulter. »Neh m t ’s leicht, ihr beiden. So geht es jedem Neuling. Aber es ist wirklich kein schlechtes Leben. Ordentliche Entlohnung, und wenn die Kadinger über uns d i e Nase rümpfen, was soll’s? Brauchen tun sie uns doch. Also m acht euch fertig, und dann sage ich Halbert Bescheid, dass er euch zur Einsch w örung bei der Fürstin m itneh m en kann.« Naserü m p fend fügte er hinzu: »Aber gebt euch ein bisschen Mühe. Ihr dürft auch m e ine W anne benutzen. Sonst seid ihr ja eine S chande für das gesa m t e Syndikat.«
Yen Tao-tzu öffnete den Mund, doch Res kam ihm zuvor. » W ir werden bei der Fürstin eingeschworen ? «, wiederholte sie langsa m .
»Bei w e m s onst? Sie regiert die Stadt und m us s te unsere Regeln geneh m igen, ehe wir uns organisie r en durften. Im Grunde ist sie uns gewogen, aber wehe, wir entrichten nic h t rechtzeitig un s ere Steuern.«
Res packte den W eidenkorb m it d e r einen Hand und ließ ihn sofort wieder sinken. »Yen Tao-t z u«, sagte sie so erschöpft wie m öglich, »will s t du m ir nicht helfen ? «
Angesichts der bisherigen Rei s e und der dunklen Erinnerung an einen Trinkwettbewerb gestern wäre es ihr albern vorgekom m en, ihn weiterhin for m ell anzureden. Yen T a o-tzu kä m pfte sichtlich m it seiner guten Erziehung, doch er kam zu ihr und nahm ihr den Weidenkorb ab.
»Nun zeigt uns die W a nne«, sagte Res freundlich zu d e m W i rt.
»Ich m öchte so gut wie möglich aussehen, wenn ich der Fürstin begegne.«
»Das ist die richtige Einstellung«, antwortete er und kniff sie in die W ange.
W enn ich w irklich Mör d erin wür d e, dann wäre er m ein erstes Opfer, dachte Res, und erst als kei n e Antwort kam, wurde sie sich wieder bewusst, dass die Katze s i e nicht m ehr hören konnte.
Auf d e m Weg zum Palast der Fürstin starrten sie dies m al weniger Kadinger an als gestern, aber Res hö r te ab e r m als Gelächt e r.
Der Zwerg Halbert, der sie und Y e n Tao-tzu in der Schenke abgeholt hatte, zuckte die A chseln. » M an gewöhnt sich daran«, sagte er.
»Sie lachen nicht, wenn m an sie abmurkst.«
Die Straßen aus Licht und die Kristallpyra m iden waren an dies e m Morgen wahre Folterinstru m ente. Wenn nicht die Aussicht bestanden hätte, endlich ein paar Antworten zu erhalten, hätte sich Res am liebsten irgendwo in einem dunklen W inkel verkrochen. So schritt sie m it zus a mmengebissenen Zähnen hinter Halbert her. Im m erhin fühlte sie sich nicht m ehr so verd r eckt und verschwitzt. Ihr Haar war noch feucht, doch es tro c knete ra s ch in d er leic h ten B r ise, di e durch Kading wehte.
Yen Tao-tzu war offenbar zu dem Schluss gekom m en, dass es sich gleich blieb, ob er im m er no c h träu m te oder durch einen bösen Zauber nach Phantásien gebracht worden war. »Ich m uss in m eine Hei m at zurückkehren«, teilte er R e s m it. »Der Herr über zehntausend Jahre wartet dringend auf Neuigk e iten hinsichtlich m einer Erfindung, und ich stehe kurz vor einem Durchbruch. Wenn ich Erfolg habe, wird er Lo-yang endlich wieder die Sonne seines Antlitzes zuwenden. W ir waren ein m al das Herz des Reiche s , aber dann brachen Aufstände los, und der da m alige Sohn des Him m els war g e zwungen zu fliehen. Der erhabene Hsien-tsung hat die Ordnung wiederhergestellt, doch vergeben hat er Lo-yang noch nicht.«
»Ich würde das an deiner Stelle der Fürstin gegenüber nicht erwähnen«, erwiderte Res. »Nach all e m, was ich in Sassafranien gehört habe, hasst sie Aufstände.« Und bestraft sie grausa m , fügte sie im Stillen h inzu; s ie h ielt es nic h t für klug, dergleic h en hier la u t zu äußern, zu m al sie etwas von der Fürstin wollte.
» W elcher H errsc h er tut das nic h t ? «, seufzte Yen Tao-tzu. »Meister K’ung lehrt, dass sie gegen die natürliche Ordnung der
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