Der König der Narren
nicht nur die D unkelhei t «, entgegnete Res und beschrieb das weiche, saugende Ding. Ihr Atem wurde wieder etwas schneller, als sie davon sprach.
Autsch, sagte die Katze und rückte ein wenig von ihr ab. Das hört sich an, als hättest du geradewegs in das Ei eines Furchtwurms gelangt. Das sind unangenehme Biester. Wenn man ihnen die Zeit lässt, setzen sie sich in dir fest und h a lten dich in einem Zustand ständiger Angst. Davon ernähren sie sich. Bist du sicher, dass der Na… dass seine ehemalige Majestät das Ding von dir abgekriegt hat?
»Nein«, antwortete Res ehrlich, während sich alles in ihr zusa mm enkr a m pfte. »Ich glaube es, aber ganz sicher bin ich m i r nicht.«
Ich muss nicht mehr gekämmt werden, bis wir das Schattenland hinter uns gelassen haben und dich bei klarem Tageslicht untersuchen können, verkündete die Katze und wandte ihren Kopf zu Yen Tao-tzu. Und dich auch.
Yen Tao-tzu kauerte in einer Hockstellung, doch nun hob er den Kopf von d e n Knien. »Ich frage m i ch nur«, sagte er langsa m , »wo du so lange warst. Und warum der Faden des Knäuels auf ein m al gerissen war. Ei n Ei ist nichts Scharfes, das ihn hätte durchtrennen können.«
Daran hatte Res noch überhaupt n i cht gedacht. Ihr Mund wurde trocken.
Ich bin dem verflixten Wasserspeier hinterhergejagt und musste ihn so in meinem Maul tragen, dass er dabei nicht draufging, gab die Katze z u rück. Wozu keiner von euch beiden i m stande war. Dann komme ich zurück, und wer ist auf einmal verschwunden? Ihr.
»Ich hatte den Faden unter einem Stein befestigt, da m it du uns folgen konntest«, sagte R es zögernd.
Nun, ich habe keinen F aden gesehen! Und überhaupt weiß ich nicht, was S eine du r chl a uchtig s t e N u tzlosigkeit hier unterstellen will. Offenbar hat er auch etwas von dem Furchtwurm abgekriegt.
»Das kann schon sein«, erwiderte Yen Tao-tzu gepresst, »doch ich erinnere m i ch an eine N acht in einer sassafranischen Hütte. Du hast versucht, den Teppich zu zerreißen, und ich habe den W ebstuhl u m geworfen, um Res aufzuwecken. Hast du ihr e igentlich je erklä r t, weswegen du das getan hast ? «
Eine Katze schuldet niemandem… Res? Res? Du nimmst das doch nicht ernst?
Viell e icht war es wi r klich n u r d er Furc h twur m , der ihr kalten Schweiß den Rücken herunterrin n en ließ und ihr das Gefühl gab, von innen her aufgefressen zu werden. Vielleic h t aber auch nicht.
» W arum erzählst du m ir nicht, warum du d a m als unbedingt nicht wollte s t, da s s wir Kadi n g err e iche n ?«
Weil ich ni c ht wollte, d a ss du den Preis dafür bezahlst, entgegnete die Katze w ürdevoll. Ich wusste, wie das auf dir lasten würde. Seid vernünftig, ihr beiden. Selbst wenn ihr nach allem, was wir miteinander durchgemacht haben, nicht an meine Freundschaft glaubt, weswegen sollte ich denn Res schad e n wollen? Ohne sie k ein fli e gender Teppich, und ohne fliegenden Teppich würde ich eine Ewigkeit brauchen, um dieses Land wieder zu verlassen. So schön ist es hier auch wieder nicht, und es gibt nichts Nahrhaftes.
Das klang einleuchtend. Vol l kommen einleuchtend. Außerde m , wäre die Katze im m er noch i m stande, sie zu v erraten, so hätte es in der Alten K aiser Stadt eine wund e rbare Gelegenheit dazu gegeben. Die Katze hätte sich Guin anschließen können oder schlichtweg im Tal blei b en, wie sie es wollte, weil es dort s ich e r war, doch sie hatte die Gefahr gewählt, um Res weiter zu begleiten.
Aber Res erinnerte sich auch daran, was die Lügenbolde ihr prophezeit hatten. Und das aus dieser Höhe wieder dichte, wabernde, unvertraute Dunkel begünstigte die Katze so sehr. Die Katze… und andere W esen.
»Die Fürstin von Kading soll hier sein«, sagte sie abrupt. »Sie sucht Hilfe, um m i ch gefangen zu neh m en.«
Und du glaubst wirklich, nach allem, was geschehen i s t, will ich nach Kading zurück?
» W arum nicht? Es hat dir dort gefallen.«
Wenn dir die Wasserspeier das nächste Mal davonhüpfen, fang sie selbst wieder ein, sagte die Katze kalt. Erwarte nicht, dass ich je wieder etwas für dich tue, du undankbare Verräterin.
Schuldgefühl und Angst vereinten sich zu einer beklem m enden Mischung, die Res das Herz abdrück t e. Sie w ollte sich entschuldigen, doch sie brachte es nicht fe r tig. Sie wollte der Katze weitere Vorwürfe machen, doch auch das gelang ihr nicht. Außerdem war sie fest überzeugt, jedes Mal, wenn der W i nd Geräusche von unten hochtrug, das klingende
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