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Der König der Narren

Der König der Narren

Titel: Der König der Narren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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paar Schritten wurde Res klar, dass Yen Tao-tzu sich irren musste. Dies war ein Bewohner des Schattenlandes, kein Menschenkind. Sein Kopf wies den Um riss von Haar, das zurückgebunden war, und ein hervorstechendes Kinn auf, aber keine Gesichtszüge. Seine Hände hatten fünf Finger, doch der Handfläche fehlte jede W ölbung. Er war barfuß, aber seine F üße unterschieden sich in ihrer Schwärze in nichts von seiner Kleidung.
    Der Mann war ein Schatten.
    »Tao-tzu aus dem Hause Yen«, sagte er ernst, und während er m i t wispernder, m elodischer Stimme sprach, die Res an den Gesang der Schilfrohre erinnerte, b ewegte sich in der sc hw arzen Fläche seines Gesichtes nichts. » W er hätte geglaubt, dass ich Euch je m als begegnen würde?«
    » W er seid Ihr ? «, fragte Yen Tao-t zu , in des s en Stim m e Unsiche r heit den P l atz von freudigem Staunen eingenom m en hatte.
    »Dachtet I h r etwa«, entgegnete de r Schatten, »Ihr wäret der Einzige, der si c h je nach Phantá s ien trä u m te? Li Mu Bai tat desgleiche n , viele Jahre nach Euch, und k a m durch dieses L and. Ich bin das, was von ihm hier zurückgeblieben ist. W a s später aus ihm wurde, ver m ag ich nicht zu berichten.«
    Etwas gefasster erwiderte Yen Tao-tzu: »Der Na m e des ehrenwerten Li Mu Bai ist m i r leider nicht bekannt. Wenn er, und da m it Ihr, jedoch den m einen kennt und viele Jahre nach m i r ka m t , dann hat sich der F luch des Mönchs von Lung- m en wohl nicht zur G änze er f üllt.«
    »Li Mu Bai wurde in den Höhlenklöstern von Lung- m en er zogen«, sagte der Schatten, »wo m an ein Bild von Euch aufbewahrt. Doch nie m and sonst im Reich der Mitte kennt m ehr Euren Na m en. Bereitet Euch das Kummer ? «
    »Im Gegenteil. Ich wünschte es m i r schon kurz nach m einer Ankunft hier.«
    Res ahnte, worauf das hinausl i ef. Auf noch mehr Grübeleien und Klagen und vielleicht sogar darau f , dass Yen Tao-tzu sich weigern würde, weiter nach dem Alten vom Wandernden Berge zu suchen, und stattdessen lieber in die A lte Kaiser Stadt zurückwollte.
    »Entschuldigung«, unterbrach sie dah e r, »aber ich habe auch ein paar F r agen. Erstens: Habt Ihr eine Katze und einen W asserspeier gesehen ? «
    Anscheinend etwas aus dem Gleichgewicht gebracht, verschränkte der Schatten seine Ar m e inein a nder und wandte sich ihr zu. »Nein«, entgegnete er knapp, was im Vergl e ich zu seinen vorherigen m elodischen W orten wie ein Paukenschlag klang und klar m achte, dass er es nicht schätzte, abrupt das The m a z u wechseln.
    Ungerührt fragte Res weiter: »Zw e itens: Habt Ihr irgendwo einen Berg gesehen oder von einem gehört, der urplötzlich auftauchte und tags, h m , nachts zuvor noch nicht da war ? «
    »Nein«, gab der Schatten ungehal t en zurück. »Was sind das für törichte F ra gen?«
    »Drittens: W i sst Ihr, was Yen Tao-tzu getan hat, um Ph a ntásien zu retten, als er hierherka m ? Oder könnt Ihr m i r zu m i ndest verraten, was genau er in Eurer Welt getan hat, dass er sich so sch u ldig fühlt? W enn ihm nä m lich das eine wieder e i n f ällt, dann viell e icht a uch das andere.«
    »Nein«, wiederholte der Schatten und verfiel wieder in seine raunende Sprechweise. »Im Kloster von Lung- m en hieß es nur, Yen Tao-tzu habe das Unheil zuerst dem Reich der Mitte geschenkt, und von dort habe es sich über alle Barbarenländer ausgebreitet und Blut über die ganze W elt gebracht. Mehr hat Li Mu Bai nie erfahren.«
    Da Yen Tao-tzu sehr dicht hinter R es stand, spürte sie, wie er in sich zusa mm ensackte. O nein, dachte sie. » I hr wisst also nichts Neues«, sagte sie laut. »Dann gehabt Euch wohl. W ir haben zu tun.«
    »Res«, protestierte Yen Tao-tzu, ob ihrer Unhöflichkeit offenbar schockiert.
    In den Schatten kam Bewegung. Er hieb m it seiner Handkante in ihre Richtung und hielt kurz vor i h rem Hals inne. »Die Fürstin von Kading hat ihre Stadt zum ersten Mal seit Jahrhund e rten verlassen und das Tribunal der S chatten anger u fen, damit wir ihr helfen, eine Verbrecherin dingfest zu m achen, d i e tödliche S puren hinterlässt. Ein gewöhnliches Mädchen ohne jedes Beneh m en. Ich kann nur anneh m en, dass sie Euch m e i nt«, donnerte er, und seine Stim m e war ein einziger Trommelwirbel. »Ob das a l lerdings neu für Euch ist, bezweifle ich . «
    Res schluc k te. M it d er Fürstin hatte sie nicht g erechn e t. M it den Leonesinnen irgendwann, und auch d i e Möglichkeit, dass die Vogelleute einen Weg fanden, um

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