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Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition)

Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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eine Farbe, von der er ihr abgeraten hätte, denn er hatte schon oft beobachtet, dass es das gepriesene Lilienweiß der Haut einer Dame wie fahle Todesblässe wirken ließ. Nicht so bei Philippa. Es machte sie feenhaft zierlich und filigran. Ihre kecke kleine Haube ging in ein silber- und perlenbesetztes Netz über, das die dunklen Haare hielt. Jonah hatte nie etwas Vergleichbares gesehen.
    Nachdem er die dargebotene Hand an die Lippen geführt und wieder losgelassen hatte, bemerkte sie lächelnd: »Selbst für Eure Verhältnisse eine wortkarge Begrüßung.«
    Er räusperte sich. »Verzeiht mir, Madame. Ich … ringe gerade mit der Erkenntnis, dass mein Farbgeschmack, den ich immer für so treffsicher gehalten habe, nichts taugt.« Er wies in einer matten Geste auf ihr Kleid und bewunderte den weichen Faltenwurf des Rocks. Er wagte nicht, ihr in die Augen zu sehen. Er hatte zwei grässliche Tage und eine schlaflose Nacht hinter sich, war vollkommen erschöpft und fühlte sich kraftlos. Jonah wusste einfach nicht, wie er es heute fertig bringen sollte, seine Gefühle vor ihr zu verbergen.
    Die Königin schaute mit einem zufriedenen Seufzer an sich hinab. »Ich konnte einfach nicht widerstehen. Ihr findet nicht, es macht mich zu blass?«
    »Nein.«
    Sie strahlte.
    Prinz Edward war die Freude an seinem Spielzeug gründlich vergangen. Mit einem wutentbrannten Schrei schleuderte er es zu Boden. Der schmale Pferdehals brach mitten durch. Als der Junge das sah, kniff er die Augen zu und fing an zu brüllen.
    Philippa eilte zu ihm, hob ihn hoch und versuchte ihn zu trösten. Aber das Geheul wurde nur noch ohrenbetäubender. Schließlich reichte die Königin ihren Sprössling der Amme, die in der Fensternische stand und wartete. »Hier, Alice. Gib ihm seinen Brei. Vielleicht wird er gnädiger, wenn er etwas zu essen bekommt – bei seinem Vater funktioniert das meistens.«
    Lachend trug die Dienerin den kleinen Schreihals hinaus.
    Jonah atmete verstohlen auf, als die Tür sich schloss. Er sah sich kurz nach Giselle um. Das Mädchen hatte sich an einen Stickrahmen gesetzt, der vor dem Fenster aufgestellt war, und widmete sich mit konzentriert gerunzelter Stirn der Arbeit.
    Philippa winkte Jonah zum Tisch. Er folgte ihr und bewunderte ihren schmalen, kerzengeraden Rücken. Sie nahm Platz und forderte ihn mit einer nachlässigen Geste auf, ihrem Beispiel zu folgen.
    »Ich wollte Euch sprechen, ehe das Parlament beginnt, denn dann ist dieser Palast ein Tollhaus, und man kann mit niemanden unbelauscht reden. Balliol und die enteigneten Lords sindauf dem Weg nach Schottland, Jonah. Niemand hat es bislang gemerkt, aber der Krieg hat begonnen.«
    Er entdeckte eine kleine Falte, die sich zwischen ihren Brauen gebildet hatte, und ertappte sich bei dem Wunsch, sie wegzuküssen. »Ja, Madame. Giselle hat es mir schon erzählt.«
    Sie nickte, offenbar nicht überrascht. Dann wechselte sie scheinbar unvermittelt das Thema. »Habt Ihr Eure Rohwolle bekommen, die Ihr kaufen wolltet?«
    »Ja. Wenn auch nicht viel. Ein Viertel behalte ich hier. Mein flämischer Weber, der seit gestern hier ist, soll sie verarbeiten. Den Rest verkaufe ich nach Flandern.«
    Ihre Augen leuchteten auf. »Euer Weber ist gekommen? Erzählt mir von ihm!«
    Jonah wählte seine Worte sorgsam. Er schilderte ihr die Intrige gegen Niklas und deren vorläufig glücklichen Ausgang. Er unterschlug seine Nacht in der Tonne und die drängende Frage, was er mit den Flamen anfangen sollte, wenn sie sich weigerten, zu Annot zu gehen.
    Philippa war erwartungsgemäß zutiefst erbost. »Wer sind diese Leute, die es wagen, unsere Pläne mit so schändlichen Mitteln zu behindern?«
    »Engstirnige Kaufleute, die sich vor allem fürchten, was neu ist.«
    Sie schnaubte verächtlich. »Nennt mir ihre Namen.«
    »Nein.«
    Für ein paar Herzschläge herrschte ein verblüfftes Schweigen. Dann fragte sie: »Wie war das?«
    Jonah strich sich nervös die Haare hinters Ohr. »Ich würde gerne versuchen, dieses Problem selber zu lösen. Ich denke, ich habe einen Weg gefunden, um Niklas und seine Familie zu schützen. Bitte, Madame. Vertraut mir. Ihr könnt mir nicht immer alles in den Schoß legen, das beschämt mich. Und … zwingt mich nicht, diese Männer anzuschwärzen. Sie sind Kaufleute wie ich und haben Anrecht auf meine Loyalität. Es wäre ehrlos.«
    Sie seufzte ungeduldig. »Ich hatte nicht die Absicht, sie aufhängen zu lassen, Jonah.«
    »Ich weiß. Trotzdem.«
    Sie sahen sich einen

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