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Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition)

Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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Mauern hat«, setzte sie ihre Ausführungen fort. »Trotzdem wurden die Schatullen der Krone geplündert, während der König im Krieg gegen Schottland war. Nach seiner Rückkehr ließ er den Schatzmeister für seine Nachlässigkeit und mutmaßliche Verwicklung in den Diebstahl hinrichten.«
    Jonah hob kurz die Schultern. »Geschah ihm recht, oder?«
    »Schon. Aber er war der Einzige, der den Kopf dafür hinhalten musste. All seine Komplizen kamen ungeschoren davon.«
    »Wer waren seine Komplizen?«, fragte Jonah neugierig.
    Sie warf ihm einen kritischen Blick zu, als wolle sie ergründen, ob er sich dumm stellte oder wirklich so einfältig war. »Wer schon, Jonah. Die Mönche natürlich.«
    »Natürlich.«
    Sie betraten ein zweigeschossiges, graues Steinhaus an der Ostseite des Komplexes. »Sie wird froh sein, Euch zu sehen«, eröffnete Giselle ihm unvermittelt. »Sie ist in Sorge.«
    »Worüber?«
    Giselle hob die zierlichen, schneeweißen Hände. »Es gibt Krieg.«
    »Ich dachte, das ist es, was wir alle wollten.«
    Sie seufzte. »Ja.«
    »Ich wette, dein Vater ist höchst erfreut.«
    Das Mädchen nickte zögernd und führte ihn eine Treppe hinauf und durch eine menschenleere Halle. Jonah sah auf Giselles kastanienbraunen Schopf hinab, und als sie das Gesicht hob und ihn anschaute, erkannte er, wie bedrückt sie war. Krieg machte allen Kindern Angst, das war wohl ganz natürlich. Er selbst war fünfzehn gewesen, als der letzte katastrophale Schottlandfeldzug stattgefunden hatte, und er entsann sich, dass ihm die Aufregungder Erwachsenen, die eigentümliche Unruhe in der Stadt unheimlich gewesen waren. Heute schämte er sich dessen, wenn er daran dachte, dass der blutjunge, gerade gekrönte König Edward, der genauso alt war wie er, jenen verlust- und entbehrungsreichen Feldzug mitgemacht und den wilden schottischen Kriegern unerschrocken, wenn auch erfolglos die Stirn geboten hatte.
    Jonah wollte irgendetwas sagen, um Giselle zu beruhigen, als er plötzlich mit einer großen Gestalt zusammenstieß und rüde beiseite gerempelt wurde.
    »Habt Ihr keine Augen, passt doch auf … Jonah! Was bei allen Teufeln hast du hier verloren?«
    »Rupert …« Jonah musste sich zwingen, nicht zurückzuweichen. Bei der Erinnerung an ihre letzte Begegnung richteten sich seine Nackenhaare auf; es war wie ein leiser Nachhall des damals empfundenen Entsetzens. Aber lieber hätte er sich in die Themse gestürzt, als Rupert das merken zu lassen. »Das Gleiche könnte ich dich fragen.«
    Rupert stieß schnaufend die Luft aus und hüllte sie in eine benebelnde Bierwolke. »Ich suche den jungen Waringham. Kennst du ihn?«
    Jonah schüttelte den Kopf. »Nur dem Namen nach.«
    Giselle warf ihm keinen erstaunten Blick zu, protestierte nicht, zuckte mit keiner Wimper oder tat sonst irgendetwas, um ihn als Lügner zu überführen. Jonah hatte darauf gebaut, dass sie es nach zwei Jahren bei Hofe zu sehr gewöhnt war, die Unwahrheit zu hören, um sich noch darüber zu wundern. Und er hatte sich nicht getäuscht.
    »Der Earl of Waringham ist vorgestern im Auftrag des Königs fortgeritten, Sir«, sagte sie lediglich.
    Rupert fuhr zu ihr herum. »Er ist was ? Wohin? Wann kommt er wieder?«
    Sie schüttelte den scheu gesenkten Kopf und log ihrerseits: »Das weiß ich nicht.«
    Rupert ergriff ihren zweigdünnen Arm. »Sag es mir! Wo ist er hingeritten?«
    Noch vor einer Minute hätte Jonah geglaubt, dass er es nie wieder wagen würde, seinen Vetter anzurühren. Aber er bewegte sich, ehe er einen klaren Gedanken fassen konnte, packte Ruperts Handgelenk und riss es von Giselles Arm. »Du hast doch gehört, sie weiß es nicht. Ich schlage vor, du reißt dich ausnahmsweise einmal zusammen. Sie ist eine Hofdame der Königin, also bring dich nicht in Schwierigkeiten.«
    Rupert zog den Kopf zwischen die massigen Schultern. Er schien mit einem Mal in sich zusammenzuschrumpfen. »Ich bin in Schwierigkeiten«, jammerte er. »Dieser verfluchte Bastard Waringham hat mich versetzt!«
    Jonah betrachtete seinen Vetter angewidert. Fast hatte er vergessen, welch eine Sprache Rupert führte, dass er ein kindisches Vergnügen daran zu finden schien, lästerlich zu fluchen. Sobald er den Mund auftat, kam Unflat heraus. Dabei war ihm vollkommen gleich, wer es hörte.
    Verlegen wandte Jonah sich an Giselle. »Ich glaube, es ist das Beste, du sagst mir den Weg und gehst voraus.«
    Er konnte sehen, dass ihr der Vorschlag nicht gefiel, aber sie war zu eingeschüchtert, um zu

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