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Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition)

Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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widersprechen. »Durch die Tür dort, eine Treppe hinauf. Ich warte oben bei der Wache.«
    Er nickte, wartete, bis sie die Halle verlassen hatte, und wandte sich dann unwillig wieder an Rupert. »Was heißt ›versetzt‹?«
    Der bärenhaft große Kaufmann warf hilflos die Hände hoch. »Siebzig Ballen billiges Streichgarn hat er bestellt. Vorgestern sollte er sie übernehmen. Und jetzt ist er verschwunden!«
    Jonah konnte kaum fassen, dass Rupert die Stirn hatte, ausgerechnet ihm sein Leid zu klagen. Aber er genoss die unerwartete Freude, mit eigenen Augen sehen zu dürfen, wie das Wasser seinem Vetter allmählich bis zum Halse anstieg. Tja, Rupert, so ist das. So fühlt es sich an. Jetzt weißt du, wie bitter die Medizin ist, die du mir so großzügig verabreicht hast. Du meinst, du bist verzweifelt, ja? Warte, bis ich mit dir fertig bin …
    Doch er sagte lediglich: »Worüber regst du dich so auf? Er wird dir das Tuch schon abnehmen, wenn er zurückkommt. Es heißt ja allgemein, Adlige seien Ehrenmänner.«
    »Aber ich brauche das Geld jetzt !«, stieß Rupert hervor. »Er hat so gut wie nichts angezahlt.« Und die tatsächlich geringe Anzahlung war natürlich längst verprasst.
    Jonah zog die Brauen in die Höhe. »Rupert, ich hoffe inständig, du willst mich nicht anpumpen. Selbst wenn ich wollte, könnte ich dir nicht aushelfen. Ich habe vor ein paar Monaten ein ziemliches Verlustgeschäft gemacht, wie du dich vielleicht erinnerst.«
    Ruperts Miene zeigte tiefste Zerknirschung. »Du glaubst nicht, wie oft ich das schon bereut habe. Alles, was an dem Tag passiert ist.«
    »Richtig. Ich glaube es nicht.« Diese plötzliche Anwandlung von Reue, die seine Börse öffnen sollte, fand Jonah abstoßender als alles andere. Er spürte, dass er sich nicht mehr lange würde beherrschen können, und wandte sich ohne Eile ab. »Wenn du Geld brauchst, geh in die Lombard Street.«
     
    Giselle war nicht zu den Gemächern der Königin vorausgegangen, sondern wartete unten an der Treppe, gleich neben der Tür zur Halle.
    »Warum bin ich nicht überrascht?«, murmelte Jonah.
    Sie lächelte verschwörerisch. »Ihr habt gelogen, Jonah«, wisperte sie.
    Er grinste. »So wie du.« Und auf der Treppe fragte er leise: »Wo ist Waringham denn nun?«
    Giselle warf einen verstohlenen Blick über die Schulter zurück, ehe sie antwortete: »Er ist im Auftrag des Königs nach Norden geritten, um Edward Balliol und den Adligen, die ihre schottischen Ländereien zurückerobern wollen, zu verbieten, die Grenze nach Schottland zu überqueren. Und ich möchte nicht die Luft anhalten müssen, bis Waringham zurückkommt. Wenn dieser Mann dringend auf ihn wartet, ist er zu bedauern.«
    »Dein Mitgefühl ist in diesem Fall gänzlich verschwendet. Wieso glaubst du, es wird so lange dauern, bis Waringham zurückkehrt? Er ist der beste Reiter, den ich je gesehen habe, und hat hervorragende Pferde.«
    »Ja, ja. Aber der König hat ihm doch gesagt, er soll sich Zeit lassen mit seiner Botschaft. Die Nachricht darf auf keinen Fall rechtzeitig ankommen.«
    Jonah grinste bewundernd und schüttelte gleichzeitig den Kopf über das doppelte Spiel, das König Edward trieb. Wenn Balliol und die enteigneten englischen Adligen in Schottland einfielen, konnte Edward seine Hände in Unschuld waschen und wahrheitsgemäß erklären, er habe es ausdrücklich verboten. Solange Philip von Frankreich und der Papst nicht erfuhren, dass Balliols Abenteuer aus englischen Steuermitteln finanziert wurde …
    Giselle führte ihn an der Wache vorbei, einen breiten, von Fackeln erhellten Korridor entlang zu einer Tür auf der linken Seite. Nach einem leisen Klopfen traten sie ein.
    Philippa kniete im frischen Stroh am Boden und spielte mit ihrem zweijährigen Sohn. Der Prinz hielt ein prächtig bemaltes Holzpferd in Händen. Es hatte vier kleine Rollen, die aber natürlich auf dem strohbedeckten Boden nicht laufen wollten, und der Kindermund bebte Unheil verkündend.
    Als sie eintraten, sprang Philippa leichtfüßig auf. »Jonah!«
    Er hatte das Gefühl, das Blut schieße ihm in den Kopf. Er verneigte sich wortlos und unnötig tief. Ihr Anblick machte seine Kehle eng. Wenn Giselle sagte, die Königin sei in Sorge, stimmte es vermutlich, denn das Mädchen war scharfsichtig, stand Philippa nahe und kannte sie wahrscheinlich besser als die meisten. Dennoch kam es Jonah vor, als gehe von der Königin ein gewisses Leuchten aus. Was vielleicht an ihrem Kleid lag. Weiß. Wieder einmal

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