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Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition)

Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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nicht immer so sein können, wie du willst. Es wird höchste Zeit, dass du das lernst.«
    »Ja, ich habe gewusst, dass Ihr so etwas sagen würdet.«
    »Philip …«
    Die kleinen Hände ballten sich zu Fäusten. »Wie kann Gott nur so gemein sein?«
    Jonah kam es manchmal vor, als habe er seit Monaten über nichts anderes als diese Frage nachgegrübelt, aber er war keinen Schritt weiter als Philip. »Ich weiß es nicht.«
    Philip starrte ihn an, für den Augenblick verdrängte seine Verblüffung den Kummer. »Ihr … schimpft gar nicht?«
    »Enttäuscht?«
    »Wahrscheinlich ist es Euch ganz egal, wenn ich mich gegen Gott auflehne und in die Hölle komme!«
    »Du irrst dich. Aber ich kann dir nicht die Sünde vorhalten, derer ich mich selbst schuldig mache.«
    Sie sahen sich unsicher an, beäugten sich beinah, beide unschlüssig, wie sie fortfahren sollten. Philip war sich der Tatsache nicht bewusst, dass er seinen wortkargen Vater eigentlich noch nie etwas anderes als Anweisungen, Ermahnungen oder auch Tadel hatte aussprechen hören, aber er spürte, dass irgendetwas anders war als sonst, und wusste nicht, was er davon halten sollte. Blindlings, fast in Panik suchte er nach einem anderen Thema. »Gehen wir bald heim, Vater? Denkt nicht, ich wolle mich beklagen«, fügte er eilig hinzu. »Aber …« Er wusste nicht weiter, denn im Grunde wollte er sich doch beklagen.
    »Aber?«, hakte Jonah nach.
    Philip zog unbehaglich die Schultern hoch. »Die Leute hier sind so … anders. Man weiß nie, ob sie meinen, was sie sagen.«
    »Das gilt für alle Menschen.«
    Aber gewiss für keinen so wie für ihren Großvater, der wochenlang ständig mit honigtriefenden Lippen um Philip und seine Geschwister herumgeschlichen war. Das hatte Philip mit tiefem Argwohn erfüllt, doch er sagte lieber nichts davon, weil es gewiss ungehörig war. Und sein Großvater war auch nur ein Beispiel. All diese Leute hier bei Hof erschienen ihm seltsam fremd. Piers Stephens, der Lehrjunge, der sie an den Hof begleitet hatte, schien der einzige Mensch, der die gleiche Sprachesprach wie er. »Vielleicht«, antwortete er. »Aber ich vermisse unser Zuhause und den Garten. Sogar die Hühner. Und Rachel und Meurig und alle. Meine Freunde in der Schule.«
    Es war immerhin tröstlich, fand Jonah, dass einem seiner Söhne die gewohnte Umgebung fehlte und er sein Heim nicht mied wie ein Pesthaus. »Ich fürchte, du musst dich mit dem Gedanken vertraut machen, dass du viele deiner Freunde nicht wiedersehen wirst. Aber wir gehen bald nach Hause.« Er wäre lieber heute als morgen zurückgekehrt, denn er wollte Cecil nicht länger als zwingend notwendig allein lassen. »Wir müssen nur warten, bis dein Bruder sich uns wieder anzuschließen beliebt.«
    Philips Augen wurden unruhig. »Ihr wisst es also schon.«
    Jonah nickte.
    Jetzt verstand Philip auch, warum sein Vater ihm plötzlich mehr als einen flüchtigen Blick oder ein unwilliges Stirnrunzeln widmete. »Ich bin sicher, Ihr seid ihm sehr böse, Vater, aber …«
    »Ich habe nicht die Absicht, das mit dir zu erörtern.«
    »Nein, natürlich nicht. Sir.«
    »Nimm dich in Acht, Philip.«
    Der Junge wollte mit einer unverschämten Grimasse kontern, aber sie missglückte, weil er die Tränen nicht länger zurückhalten konnte. Beschämt ließ er den Kopf hängen und hob mutlos die Schultern. »Warum wollt Ihr niemals zuhören, wenn ich was sage?«
    »Weil es meist unverschämt und rebellisch ist.«
    »Woher wollt Ihr das wissen?«
    »Ich kenne dich schon neun Jahre.«
    Der gesenkte Kopf wurde in kategorischer Verneinung geschüttelt.
    »Du bist vorlaut und aufsässig, Philip. Ein Hitzkopf.« Wie deine Mutter, fuhr es ihm durch den Kopf. »Du lehnst dich nicht nur gegen Gott auf, sondern ebenso gegen die Ordnung, die er geschaffen hat, gegen mich, deine Mutter, Pater Samuel.«
    »Aber Ihr wart genauso! Onkel Crispin hat’s uns doch erzählt, wie Ihr Euch gegen Euren Meister aufgelehnt habt und gegen ihn vors Gildegericht gezogen seid.«
    Du verdammter Schwätzer, Crispin, dachte Jonah gewohnheitsgemäß, ehe ihm einfiel, dass Crispin diesem liebsten aller Laster nie wieder frönen würde. »Ich hatte gute Gründe«, sagte er in einem Tonfall, der, so hoffte er, das Thema beschließen würde.
    »Die hab ich auch«, beschied Philip. »Und habt Ihr nicht gerade eben noch gesagt, Ihr könntet mir nicht die Sünde vorwerfen, derer Ihr Euch selbst schuldig gemacht habt?«
    Jonah konnte einfach nicht fassen, wie geschickt

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