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Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition)

Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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muss.«
    »Das ist … fantastisch.«
    Er nickte. »Aber der eigentliche Geniestreich kommt noch: Nur die Compagnie darf die Dordrecht-Schuldscheine mit den Wollzöllen verrechnen, niemand sonst. Das heißt, alle anderen Kaufleute, die damals am Monopol beteiligt waren, werden bis zum Tag des Jüngsten Gerichts auf ihren Schuldscheinen sitzenbleiben. Es sei denn, sie verkaufen sie der Englischen Compagnie. Und die zahlt zwei Shilling für das Pfund. Wenn man Glück hat. Mit anderen Worten: De la Pole zahlt für einen Schuldschein, der auf hundert Pfund lautet, gerade mal zehn Pfund, darf aber die vollen hundert Pfund von seiner Zollschuld abziehen.«
    Die Königin schnappte undamenhaft nach Luft. »Das ist unglaublich. Ich verstehe nur eins nicht: Wie kann ein so ausgefuchster Plan, der solche Profite verspricht, scheitern? Wieso kann die Compagnie behaupten, sie wäre zahlungsunfähig?«
    Jonah studierte die perfekt geformte Frucht in seiner Linken. »Das solltet Ihr nicht mich fragen.«
    »Nun, ich frage aber Euch. Das hat zwei unschätzbare Vorteile: Erstens verstehe ich die Antwort, und zweitens höre ich die Wahrheit.«
    Er sah sie wieder an und senkte die Stimme. »Na schön. Die Compagnie ist aus dem gleichen Grund gescheitert wie damals das Wollmonopol. Ihre Mitglieder sind zu gierig. Sie sind nicht zufrieden mit den eben genannten Vorteilen, sondern sie betrügen, fälschen Zollabrechnungen, und sie schmuggeln. Sie schmuggeln in unglaublichen Ausmaßen, denn ihnen selbst obliegt ja die Vereinnahmung der Zölle, also ist niemand da, der ihnen auf die Finger schaut. So füllen sich die Mitglieder die Taschen, während die Geldtruhen der Compagnie immer leerer werden, weil sie eben kaum Zölle einnimmt. Und wenn Ihr mich auffordert, das vor Dritten zu wiederholen, werde ich leugnen, dass ich es je gesagt habe, Madame, denn ich kann nichts von alldem beweisen.«

London, Juni 1349
     
    C ecil kam es vor, als wäre er gestrauchelt, gestürzt, tief gefallen und in der Hölle gelandet. Vom Moment seiner Geburt an – eigentlich seiner Zeugung – hatte das Leben ihn manches Mal ordentlich gebeutelt, unddarum hatte er Genügsamkeit in allen Dingen gelernt, auch in seinen Ansprüchen an Gott. Aber dies war eine Lage ohne Ausweg und ohne jede Hoffnung.
    Und so kam es, dass Cecil genau wie sein Adoptivvater, sein Stiefbruder Philip und mehr oder minder der ganze Rest der verbliebenen Menschheit mit Gott haderte. Ist es das hier, wofür du mich hast leben lassen? Hast du mir den Menschen genommen, der mir auf der Welt der liebste war, und mich meinen Schmerz überwinden lassen, mir das Ende der Pest und das Ende der Sintflut und das Licht nach der Finsternis gezeigt, um mich dann an diesen Abgrund zu führen? Um mich vor diese grauenvolle Wahl zu stellen?
    Heute war der Tag. Heute lief die Frist ab. Bis zum Einbruch der Dunkelheit hatte er seine bitteren Vorwürfe gegen Gott aufgeschoben, weil er immer noch hoffte, Jonah werde rechtzeitig heimkehren und er könnte ihm alles erzählen. Jonah hätte gewusst, was zu tun war. Aber jetzt waren die Stadttore geschlossen, und er würde nicht mehr kommen. Jetzt war es endgültig vorbei.
    »Cecil, hörst du nicht?«
    Er schrak zusammen. »Entschuldige, Rachel.« Er hatte überhaupt nicht bemerkt, dass sie in die Halle gekommen war, dabei stand sie direkt vor ihm.
    »Du hast ja schon wieder nichts gegessen.«
    Er streifte den unberührten Teller, der längst aufgehört hatte zu dampfen, nur mit einem flüchtigen Blick. Allein bei dem Gedanken an Essen schloss sich seine Kehle. »Tut mir Leid. Ich kann nicht.«
    Rachel setzte sich ihm gegenüber und strich beunruhigt ihren Rock glatt. »Was ist denn nur mit dir, mein Junge? Du wirst uns doch nicht krank?«
    Er schüttelte den Kopf. »Keine Bange. Es geht mir gut.«
    »Das kann ich kaum glauben«, widersprach Meurig von der Tür, trat entschlossenen Schrittes in die Halle und setzte sich neben seine Frau. »Du hast seit drei Tagen so gut wie nichts gegessen. Du bist blass und sprichst kaum ein Wort. Nein, ich kann irgendwienicht glauben, dass es dir gut geht. Und wir werden der Sache jetzt auf den Grund gehen.«
    Entsetzt sah der Junge in die beiden Gesichter, die ihm so voller Anteilnahme und Besorgnis zugewandt waren. Dann erwog er für einen verrückten Moment, sich diesen beiden Menschen, die er länger als sein halbes Leben kannte, anzuvertrauen. Meurig war nur ein Knecht aus der walisischen Provinz, er konnte weder lesen noch

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