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Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition)

Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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Crispin.« Sie selbst schien unberührt von dessen Tod. »Und Lucas ist in Chester.«
    Giselle und die Königin wechselten einen unbehaglichen Blick, der Jonah nicht entging. Fragend sah er seine Frau an. Sie legte leicht die Hand auf seinen Arm. »Er ist ausgebüxt, Jonah. Der Schwarze Prinz ist für eine Weile nach Chester geritten, weil es in der Gegend nach der Pest Unruhen gegeben hat. Er hat Prinz John mitgenommen und auch Lucas versprochen, er dürfe sich seinem Gefolge anschließen, wenn ich es erlaube. Lucas …« Sie hob ratlos die Schultern. »Offenbar hat er dem Prinzen gesagt, ich hätte mein Einverständnis gegeben, doch er hat mich nie gefragt. Prinz Edward hat keinen Argwohn geschöpft undihn mitgenommen.« Sie spürte, wie Jonahs Arm sich unter ihrem Griff anspannte, und ließ ihn hastig los, ehe er sich mit einem wütenden Ruck befreien konnte.
    Jonah war fassungslos. Dass ein Sohn ihm so offen den Gehorsam verweigerte, seine ausdrücklichen Befehle einfach missachtete, war eine völlig neue Erfahrung, und er wusste einfach nicht, wie er darauf reagieren sollte. Er war wütend, gekränkt, entrüstet, all diese Dinge, aber er war vor allem verdattert.
    Die Königin nahm die ganze Angelegenheit nicht sehr tragisch. »Nun macht kein solches Gesicht, Jonah. Es war nur ein Dummejungenstreich. Ich bin überzeugt, Ihr habt so etwas früher auch getan. Ich habe meinem Sohn einen Boten geschickt, der Lucas mit zurückbringen soll. Morgen oder übermorgen ist er wieder hier, und Ihr könnt ihm das Fell gerben und die ganze Geschichte vergessen.«
    Er nickte, aber er wusste, ganz so einfach war es nicht.
    »Ich muss Euch allerdings sagen, ich habe keine große Hoffnung, dass Ihr aus diesem Jungen je einen Krämer macht«, fuhr Philippa fort. »Er ist genau wie meine Söhne und hat nichts als Pferde und Waffen im Kopf.«
    »Ich wusste, ich hätte ihn nicht herschicken dürfen«, murmelte er.
    Philippa hob kurz die Schultern. »Besser hier ungehorsam und lebendig als in London folgsam und tot, oder?«
    »Ja, Madame. Das ist zweifellos besser. Würdet Ihr mich entschuldigen?«
    Sie schnitt eine hinreißende kleine Grimasse des Missfallens. Sie wusste, es hatte überhaupt keinen Sinn, mit ihm zu reden, wenn er so förmlich wurde, denn dann zerschellte jedes vernünftige Argument am Panzer seiner eisigen Höflichkeit. »Nur zu, mein Lieber«, sagte sie seufzend. »Und vergesst in dem Zorn über den einen Sohn nicht den Kummer meines Patenkindes, hört Ihr.«
    Es lag ihm auf der Zunge, sich unterwürfig für ihre wohlmeinenden Belehrungen zu bedanken, aber das hätte eine Szene bedeutet, und die wollte er den Kindern lieber ersparen, die ohnehinschon ängstlich von einem Erwachsenen zum anderen schauten.
    Mit einer kühlen Verbeugung vor der Königin und einem finsteren Blick zu seiner Frau ging er hinaus. Ist das wirklich der Mann, der vor nicht einmal zwei Stunden weinend in meinen Armen gelegen hat?, fragte Giselle sich ungläubig.
     
    Das Backhaus war eine verwitterte kleine Holzbude im Schatten der Mauer und stand versteckt zwischen der Schmiede und dem Zwinger für die Jagdhunde. Jonah trat durch den türlosen Eingang und sah sich blinzelnd im Dämmerlicht um. Der steinerne Ofen war kalt, denn auch bei Hofe wurde nur einmal, höchstens zweimal pro Woche gebacken. Philip hatte sich in den hintersten Winkel zwischen Ofen und Seitenwand verkrochen, wo die hölzernen Brotschieber aufgereiht standen. Der Junge hatte den Kopf auf die angewinkelten Knie gelegt und weinte bitterlich.
    Jonah hockte sich vor ihn, zögerte und legte ihm dann die Hand auf den kastanienbraunen Schopf.
    Philip fuhr zusammen und hob ruckartig den Kopf. »Vater …« Es klang eher erschrocken als erfreut. Der Junge war bleich, das Gesicht wirkte spitz, so als bekäme er nicht genug zu essen, und Tränen funkelten in den blauen Augen. Aber er wischte sich emsig mit dem Ärmel über das nasse Gesicht und versprach: »Ich hör gleich auf.«
    Jonah lächelte schwach und setzte sich ihm gegenüber auf den hölzernen Boden.
    Philip wies mit einer matten Geste darauf. »Vorsicht. Alles voller Mehl. Ihr werdet Euer Surkot verderben.«
    Jonah winkte ab. »Mehl kann man ausbürsten.«
    Philip nickte und sagte eine Weile nichts, vollauf damit beschäftigt, seine Tränen herunterzuwürgen.
    »Ich will einfach nicht, dass er tot ist!«, stieß er plötzlich hervor.
    Nein, ich auch nicht, dachte Jonah, sagte jedoch: »Du musst akzeptieren, dass die Dinge

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