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Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition)

Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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überfallen hatten und der König Euch ins Lager brachte?«
    Er sah ihr für einen Moment tief in die Augen, was er sich nur ganz selten erlaubte, und antwortete: »Den Tag könnte ich schwerlich vergessen, Madame.«
    »Und erinnert Ihr Euch auch, dass Ihr an der Tafel gesessen und das kleine Gefolge beobachtet und gedacht habt: Könnte ich doch dazugehören?«
    Ihm fiel vor Schreck die Kirsche aus der Hand. »Woher wisst Ihr das?«
    Sie hob leicht die Schultern. »Manchmal kann ich in Euch lesen wie in einem Buch, Jonah, wusstet Ihr das nicht? Leider nicht sehr oft, aber immerhin.« Er schwieg schockiert, und sie fuhr fort: »Ihr habt diesen Traum sehr schnell wieder begraben, und vielleicht war das klug. Damals. Aber die Zeiten haben sich geändert. Und während Ihr der Sohn eines unbedeutenden Silberschmiedes wart, ist Lucas der Sohn eines Ritters mit größeremLandbesitz, als die meisten Ritter mit jahrhundertealten Stammbäumen sich je erträumen könnten, und des reichsten Kaufherrn von London. Versteht Ihr, was ich sagen will?«
    »Ich fürchte, ja, Madame.«
    »Ich glaube, wir haben letztlich nur wenig Einfluss darauf, was aus unseren Kindern wird. Das stelle ich jeden Tag fest.«
    Er runzelte verwundert die Stirn. »Aber sind denn nicht all Eure Kinder wunderbar gelungen und genau so, wie Ihr sie Euch wünscht?«
    Philippa lächelte. »Nein. Mein wunderbarer Sohn Edward, zum Beispiel, kennt keine Beherrschung und kein Maß. Meiner Isabella mangelt es an Bescheidenheit und Diskretion, darum wird es nie leicht werden, einen Prinzen für sie zu finden. Und so könnte ich Euch über jeden meiner Sprösslinge mein Leid klagen. Aber was soll das nützen? Sie sind eben, wie sie sind.«
    Die Musik endete, und die Tänzer verneigten sich, knicksten voreinander und formierten sich neu, als die Musiker wieder aufspielten.
    Jonah sah einen Moment zu ihnen hinüber, und die Königin nutzte diese Gelegenheit, um das Thema zu wechseln. Sie hatte ihre Saat ausgebracht und wusste, sie musste ihr Zeit lassen, um aufzugehen.
    »Was könnt Ihr mir über die Englische Compagnie sagen, Jonah?«, fragte sie scheinbar beiläufig.
    Er war nicht verwundert. Bei ihr musste man zu jeder Tages- und Nachtzeit damit rechnen, dass sie auf Politik oder Staatsfinanzen zu sprechen kam. »Nicht viel. Sie ist am Ende, heißt es.«
    »Aber wie funktioniert sie?«
    Er hob die Schultern. »Überhaupt nicht, das ist es ja gerade.« Und er hatte dem König damals eindringlich von dem Plan abgeraten, doch wie immer war Edward den wilden Versprechungen von de la Poles Strohmännern erlegen. »Die Idee war nicht einmal schlecht«, räumte er ein. »Die Compagnie zahlt der Krone jährlich fünfzigtausend Pfund und darf dafür die Wollausfuhrzölle einnehmen.«
    »Die etwa wie viel betragen?«
    »Nachdem der Zoll pro Sack wieder um zwei Pfund erhöht worden ist, sechzigtausend. Das ist meine Schätzung, wie gesagt, ich weiß nichts Genaues.«
    Jonahs Schätzungen waren oft präziser als die Abrechnungen vieler anderer, wusste die Königin. »Also macht die Compagnie einen Gewinn von zehntausend Pfund pro Jahr.«
    »Mehr als das. Denn den eigentlichen Profit machen sie mit den Dordrecht-Schuldscheinen.«
    »Dordrecht-Schuldscheine?«, wiederholte sie unsicher. »Was war das doch gleich wieder?«
    »Erinnert Ihr Euch an das Wollmonopol vor gut zehn Jahren, das gescheitert ist? Der Treasurer hat die Kaufleute in Dordrecht damals mit Schuldscheinen abgespeist. Viele sitzen bis heute darauf.« Das galt auch für ihn. Er hatte einmal eine Teileinlösung von fünfhundert Pfund bekommen – lange vor der Gründung der Englischen Compagnie –, aber den Rest schuldete die Krone ihm immer noch. »Das sind die so genannten Dordrecht-Schuldscheine. Nun hat aber die Englische Compagnie – oder sagen wir der Einfachheit halber William de la Pole und eine Hand voll weiterer Kaufleute –, sie haben das Recht, die Zölle, die sie selbst für ihre Wollexporte zahlen müssten, mit ihren Dordrecht-Schuldscheinen zu verrechnen.«
    Philippa runzelte die Stirn. »Das heißt, wenn de la Pole, sagen wir, in einem Jahr hundert Pfund Zoll zahlen müsste, zahlt er nichts, sondern quittiert auf seinem Schuldschein stattdessen eine Teileinlösung von einhundert Pfund?«
    »So ist es. Und macht einen horrenden Profit, wenn er seine Wolle auf dem Kontinent verkauft, weil er den Käufern natürlich die vollen Zollbeträge auf den Preis schlägt, obwohl er sie nicht abführen

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