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Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition)

Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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Dordrecht-Schuldscheine.
    Eine Teileinlösung von fünfhundert Pfund aus dem Jahr 1342 war ordnungsgemäß quittiert, und als Cecil die geschuldete Restsumme sah, überlief ihn ein eisiger Schauer, und er stieß ein heiseres, angstvolles Lachen aus. Sechshundertsechsundsechzig Pfund. Die Zahl des Tieres, so stand es im Buch der Offenbarung. »Wer Verstand hat, der berechne die Zahl des Tieres, denn es ist die Zahl eines Menschennamens: Seine Zahl ist sechs, sechs, sechs«, zitierte er tonlos. Von allen bösen, unheilvollen Zahlen war diese die schlimmste, und Cecil wusste, es war kein Zufall, dass sie ihm hier begegnete.
    Es sei doch nur ein bisschen Geld, das er seinem Herrn und Vater stehle, hatte de la Pole ihn zu beschwichtigen versucht, und davon habe Master Durham doch so viel, dass er den Verlust vermutlich nicht einmal bemerken werde. Ihm, de la Pole, sei der Schuldschein von großem Wert, da er ihn durch die Englische Compagnie einlösen könne, aber Jonah nütze er doch gar nichts. Was bedeute der Verlust eines wertlosen Fetzens Pergament schon, verglichen mit Harrys Zukunft und Lebensglück?
    Und es hatte vernünftig geklungen, als de la Pole dies sagte. Aber jetzt wusste Cecil es besser. SechshundertsechsundsechzigPfund waren keine kleine Summe, sondern ein Vermögen, und Cecil beging Verrat an dem Mann, der ihn erst in sein Haus, dann in seine Familie aufgenommen hatte. Was er tat, war unverzeihlich, und er war verdammt, so sicher, als trüge er die Zahl des Tieres auf der Stirn.
    Behutsam, geradezu andächtig rollte er den Schuldschein zusammen und verbarg ihn in seinem Ärmel. Dann legte er die anderen Unterlagen zurück, vergewisserte sich, dass alles so aussah wie vorher, sperrte die Truhe ab und ging hinaus und die Treppe hinab. Unten zögerte er einen Moment, wandte sich dann nach rechts und ging zum Kontor. Er hielt den Blick gesenkt, damit er nicht Gefahr lief, durch die geöffnete Tür zur Kapelle einen Blick aufs Altarkreuz zu erhaschen. Er hatte sich von Gott abgewandt – genau wie umgekehrt –, und er fürchtete, dass ihm abscheuliche Teufelsfratzen erscheinen würden, wenn er den Blick auf etwas Heiliges richtete, Visionen der Schrecken, die ihn erwarteten.
    Er trat ins Kontor, um sich noch einen Augenblick zu erinnern und Abschied zu nehmen. In diesem Raum, der tagsüber so hell und freundlich war und einen so herrlichen Blick auf den verkehrsreichen Fluss mit seinen Wiesen am jenseitigen Ufer bot, hatte Cecil die drei besten Jahre seines Lebens verbracht, zusammen mit Crispin und Harry. Es war ihm immer so vorgekommen, als habe hier sein eigentliches Leben begonnen. So viele Pläne für die Zukunft hatte er hier geschmiedet. Aber er sah jetzt ein, dass ihm diese Zukunft nicht zustand, und es hatte schon seine Richtigkeit, dass er sich für Harry opferte, denn, so glaubte er, Harry Willcox war ein besserer Mann, als er es je sein könnte.
    Mit zugeschnürter Kehle machte er kehrt und schloss die Tür des Kontors mit festem Griff.
    Im Hof war es nicht dunkel, denn der Himmel war wolkenlos und der Mond noch beinah voll. Auf Zehenspitzen schlich Cecil auf Meurigs Kate zu. Er hatte Glück. Meurig und Rachel kamen emsig ihren ehelichen Pflichten nach. Sie waren viel zu beschäftigt und vor allem zu laut, um ihn zu hören. Er huschte an ihrem dunklen Fenster vorbei zur Pforte. Als er auf die Straße hinaustrat,ließ er den Schlüssel von innen stecken und zog die Tür hinter sich zu.
    Er hatte nicht die Absicht zurückzukommen.
     
    Der Bote kehrte am nächsten Vormittag mit Lucas nach Eltham zurück. Jonah wies Piers an, den Wagen fertig zu machen, und hieß Philip und Elena, sich von ihren Freunden zu verabschieden. Er selbst begab sich mit Giselle zur Königin, um ihr Lebewohl zu sagen. Philippas Damen waren ebenfalls dabei zu packen, denn der Hof sollte nach Westminster zurückkehren. Sie verabredeten, sich dort in Kürze wieder zu sehen, und im Anschluss schaute Jonah noch kurz beim Lord Treasurer vorbei, alles ehe er seinen Ältesten auch nur begrüßt hatte.
    Lucas merkte sehr bald, dass das kein Zufall war. Denn als seine Eltern hinaus in den Innenhof kamen, würdigte sein Vater ihn immer noch keines Blickes, half stattdessen seiner Mutter, der Amme mit Samuel, der Magd Heather, seiner Schwester und Philip auf den Wagen und schwang sich dann in Hectors Sattel. »Es geht los, Piers«, wies er den Lehrling an, der auf dem Bock saß, so als merke er gar nicht, dass ein Sohn noch nicht für

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