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Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition)

Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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und sich zu fragen, warum er wirklich so vehement dagegen war, dass sein Sohn einen völlig anderen Weg einschlug als er selbst.
    »Er ist ein guter Mann, Vater«, fuhr der Junge eindringlich fort. »Ein wirklich guter Mann. Und es passiert nicht oft, dass er die Beherrschung verliert, hat John gesagt.«
    »Wie überaus beruhigend.«
    Lucas stieß hörbar die Luft aus. Der Sarkasmus seines Vaters kam ihm immer vor wie eine unüberwindbare steinerne Mauer. »Ihr wollt mich zurück auf die Klosterschule schicken.« Er hob den Kopf und sah seinem Vater in die Augen. »Nicht wahr?«
    Das war in der Tat Jonahs Absicht gewesen. Abgeschiedenheit, strenge Zucht und Bücher waren ihm als die geeigneten Heilmittel gegen Lucas’ Hirngespinste und Ungehorsam erschienen. Aber jetzt war er keineswegs mehr sicher. Er war nicht so blind, dass er nicht sehen konnte, wie sein Sohn in den letzten Monaten gewachsen war, und das weiß Gott nicht nur körperlich. »Darüber sprechen wir, wenn es dir besser geht.«
    »Aber Vater …«
    Er brach ab, weil die Tür abrupt geöffnet wurde. Giselle trat über die Schwelle. »Entschuldige, Jonah …« Ihr Blick fiel auf Lucas, der mit dem Rücken zur Tür saß, und sie schlug die Hände vors Gesicht. Langsam ließ sie sie wieder sinken und starrte mit riesigen Augen zu Jonah. »Welche … Bestie hat das getan?«
    Jonah verspürte eine kleine, warme Welle der Dankbarkeit, dass sie ihm etwas Derartiges nicht zutraute. Er verschränkte die Arme vor der Brust und traf eine blitzschnelle Entscheidung. »Einer der Ritter des Prinzen. Lucas kennt seinen Namen nicht.«
    Lucas klappte vor Verblüffung den Mund auf, aber seine Mutter war zu erschüttert, um es zu bemerken. Sie sank vor ihm auf die Knie, strich ihm mit beiden Händen die Haare aus demGesicht und küsste ihn auf die Stirn. »Und ich habe dir nichts angemerkt. Du bist ein zäher Brocken, wie dein Vater.« Es fiel ihr nicht leicht, das zu sagen. Ganz andere Dinge lagen ihr auf der Zunge. Aber sie kannte ihre Männer und wollte dies für Lucas nicht qualvoller machen, als es ohnehin schon war. »Trotzdem, das muss versorgt werden, Lucas. Du legst dich ins Bett, und ich schicke Rachel zum Apotheker …«
    Lucas befreite seinen Kopf mit einer leichten Drehung. »Liegen ist … grässlich, Mutter. Und Vater und ich haben wirklich Wichtiges zu besprechen.« Kein Zweifel, er hatte gemerkt, dass Jonahs Entschlossenheit ins Wanken geraten war.
    Doch sein Vater winkte ab. »Das können wir später fortsetzen. Geh mit deiner Mutter. Zeig mir, wie ernst es dir mit deinen guten Vorsätzen ist.«
    Lucas nickte und stand auf. Mit zusammengebissenen Zähnen bückte er sich nach seinen Kleidern und streifte den Kittel über. Er wollte nicht, dass das Gesinde oder seine Geschwister ihn so sahen.
    Giselle beobachtete ihn hilflos und verzog an seiner Stelle schmerzlich das Gesicht, ohne es zu merken. Dann fiel ihr ein, warum sie gekommen war. »Jonah, ich weiß nicht, was das zu bedeuten hat, aber Cecil ist seit letzter Nacht verschwunden. Meurig ist unterwegs, um ihn zu suchen.«
    »Verschwunden?«, wiederholte Jonah verständnislos.
    Sie nickte. »Ich war in seiner Kammer. Er hat nicht einmal seinen Mantel mitgenommen. Aber Crispins Rosenkranz.«

London, Juli 1349
     
    I ch muss zu seiner Mutter gehen und es ihr sagen.« Jonah strich sich nervös über den Bart. »Das hätte ich längst tun sollen.« Seit über zwei Wochen war Cecil nun verschollen, und Jonah hatte es bislang vor sich hergeschoben, Annot die schlechte Nachricht zu bringen. Er hatte sich von Meurig den verdächtigenBoten beschreiben lassen und sofort gewusst, dass ein halb verwahrloster Junge in schäbigen Kleidern niemals vom Haus der Freuden kommen konnte. Er zog die gleichen Schlüsse wie Meurig: Cecil hatte gelogen. Aber warum? Zehn Tage lang hatten Jonah, Meurig und Piers die Stadt durchkämmt, hatten keine noch so finstere Gasse oder Spelunke ausgelassen, doch der Lehrling war genauso spurlos verschwunden wie einst seine Mutter.
    Giselle legte ihrem Mann mitfühlend die Hand auf den Arm und seufzte. Sie hasste es, wenn Jonah auch nur in die Nähe dieser Lasterhöhle in East Cheap kam, aber sie nickte. »Ja, das musst du, Liebster.«
    Es war still im Haus. Lucas und seine Geschwister waren in der Schule, der kleine Samuel mit der Amme im Garten. So hörten sie durch die geöffneten Fenster der Halle das laute Hallo, mit dem die Philippa willkommen geheißen wurde.
    Jonah und Giselle

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