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Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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etwas gilt, wird er, das wette ich, sich in seinem Schloß Blois festsetzen, das er sehr liebt und wo er große Bauten vorhat, sofern der König ihm nur die Gelder dafür bewilligt.«
    »Und wie sieht es damit aus?«
    »Wahrscheinlich wird der König sie ihm geben, weil er nur zu glücklich ist, daß in die Familie endlich Ruhe einkehrt. Daß die ›inneren Zwistigkeiten‹, Gott sei Dank, ein Ende nehmen, weil Gaston in Blois ist, die Königinmutter im dauernden Exil und die Königin in ihren Mutterfreuden.«
***
     
    »Monsieur! Warum haben Sie mir noch nichts von Pater Caussin erzählt?«
    »Schöne Leserin, ich ahnte ja nicht, daß die Beichtväter des Königs Sie interessieren.«
    »Ihre Anzahl zumindest! Seit Beginn der Herrschaft, habe ich errechnet, waren es bis jetzt sieben, die einer nach dem anderen entlassen wurden. Und von wem?«
    »Vom Kardinal, mit Zustimmung des Königs.«
    »Was hatte denn der Kardinal mit den königlichen Beichtvätern zu tun?«
    »Alles, liebe Freundin! Denn stand nicht alles zu fürchten von Priestern, die ihrem Beichtbefohlenen im Namen Gottes eine prospanische Politik anrieten?«
    »Und warum wurde dieser Pater Caussin ausgewählt?«
    »Weil er unter den möglichen Kandidaten der dümmste war.«
    »Der dümmste? Er galt doch aber als ein Heiliger?«
    »Was ja vielleicht nicht unvereinbar ist.«
    »Monsieur, sollte es Ihnen an Ehrfurcht gegenüber unserer Heiligen Kirche mangeln?«
    »Durchaus nicht. Ich ehre die Heiligen, bis auf jene, die ich nicht ernst nehmen kann.«
    »Gibt es solche?«
    »Oh, ja, den heiligen Norbert, zum Beispiel.«
    »Und was trägt ihm Ihre Nichtachtung ein?«
    »Er war Domherr zu Köln und verrückt nach Weibern, worauf der Allmächtige ihn mit einem Blitzschlag traf. Der tötete ihn jedoch nicht, sondern verhärtete seinen Schwanz, dergestalt, daß der Zeit seines Lebens steif stand. Eine sonderbare Strafe, wenn man es recht bedenkt, anstatt dem Domherrn die Liebeswut auszutreiben, bestärkte sie diese noch. Nach seinemTod machte ihn die Kirche, weiß Gott warum, zum Heiligen, und seitdem flehen ihn Frauen, die sich glühend ein Kind wünschen, um seine Fürsprache beim Herrgott an.«
    »Monsieur, das ist doch ein Märchen!«
    »Ganz und gar nicht. Sogar die Königin betete zum heiligen Norbert, und einen gewissen Einfluß muß er dort oben wohl haben, denn das königliche Gebet wurde ja erhört! Um aber wieder auf Pater Caussin zu kommen, stimmt es schon, daß er fromme Bücher schrieb und gut predigte. Trotzdem war er bei seinen Oberen nicht allzu gut angesehen. Sie sagten über ihn:
Iudicium in praxi infra mediocritatem, experientia rerum fere nulla, prudentia in rebus gerendis parva.
« 1
    »Entschuldigen Sie, Monsieur, aber mein Latein hat sich verflüchtigt, sehr eingegangen war es mir, ehrlich gesagt, ohnehin nie. Jedenfalls stellte Richelieu ihn trotz seinen Mängeln ein?«
    »Falsch! Er stellte ihn wegen seiner Mängel ein. Wahrscheinlich hat er sich gesagt, wenn der Pater versuchen sollte, den König zu einer prospanischen Politik zu überreden, wird er es so ungeschickt anstellen, daß der König ihm schnell auf die Sprünge kommt und ihn umgehend verabschieden wird. Richelieu täuschte sich nicht. Tatsächlich war der erste Schritt des Paters Caussin ein Fehltritt. Er schrieb seinem Freund, dem Pater Séguiran, wie er seine neue Aufgabe verstehe: ›Der Fürst ist sündig als Mensch und sündig als König. Kann man sich vorstellen, daß dem König ein Beichtiger gegeben sei, um ihn von seinen menschlichen Sünden loszusprechen, nicht aber von seinen königlichen Sünden?‹«
    »Und welches waren in Caussins Augen die königlichen Sünden?«
    »Sie waren zahlreich und niederschmetternd. Er hatte den französischen Hugenotten durch das Gnadenedikt die Freiheit des Kults zugesichert. Er war mit protestantischen Ländern verbündet. 2 Er wollte nichts von der radikalen Ausrottung der Hugenotten hören, die doch von einer so hohen Autorität wie dem Tridentiner Konzil gefordert worden war. Zudem führte der König einen langen und frevlerischen Krieg gegen Spanien,das ja die von dem Konzil geforderte heilige Ausrottung gerade unverzüglich in Angriff nehmen wollte.«
    »Wenn ich es recht verstehe, Monsieur, wollte Pater Caussin die gesamte Politik, die vom König und von Richelieu vertreten wurde, umstürzen. Was aber wäre passiert, wenn der König sich geweigert hätte, diese großen Sünden anzuerkennen? Hätte Pater Caussin ihm die

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