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Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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Absolution verweigert?«
    »Nein, nein. So weit kam es nicht. Pater Caussin griff die königliche Politik nicht direkt an. Im Verlauf einer Predigt jedoch, die er vor dem König hielt, prangerte er mit starken Worten das Elend an, in welches das Volk durch den Krieg gestürzt worden war. Dieses christliche Mitleid überraschte nun allerdings, denn das Elend des Volkes hatte zum Beispiel die Bischöfe doch nie gekümmert, im Gegenteil, sie hatten es durch den überhohen Zehnten von der Kornernte der Bauern immer nur vermehrt.
    Pater Caussin wurde augenblicklich entlassen. Woraufhin er erklärte, sein einziges Vergehen sei es gewesen, dem König zu sagen, was er nicht habe verschweigen können, ohne sich selbst zu verdammen. Lautstark beklagte er sich, man habe ihn wie einen Verbrecher behandelt und ans Ende der Welt verwiesen.«
    »Und wie hieß dieses Ende der Welt, Monsieur?«
    »Quimper.«
    »Eine hübsche Hafenstadt, soweit ich weiß! Aber, meinen Sie ernstlich, daß Richelieu den Pater Caussin absichtlich gewählt hatte, damit er so viele Fehler begehe, daß man ihn, zur Warnung an seine Nachfolger, mit großem Eklat fortschicken könne?«
    »Ich glaube schon. Und die Lektion fruchtete ja, denn keiner der Nachfolger Caussins wagte mehr die entfernteste Anspielung auf die königliche Politik. Womit die Kirche mit ihren Anmaßungen, dem König eine andere Politik aufnötigen zu wollen, ebenso scheiterte, wie der Gerichtshof damit gescheitert war.«
***
     
    Am einunddreißigsten August 1637 kam meine geliebte Gemahlin, die Herzogin von Orbieu, mit einer Tochter nieder und schwebte fortan in grenzenlosem Glück. Das meine erreichte diesen Gipfel zunächst nicht, der kam erst, als die Kleine ein Jahr alt war und mich durch ihre Schelmereien bezauberte, wasmich in dem Gedanken bestätigte, daß ein Mädchen nicht erst groß werden muß, um die Kunst der Verführung zu erlernen. Die beherrschen sie vom ersten Stammeln an.
    Schöne Leserin, erraten Sie, welche Vornamen Catherine unserer Tochter auf meine Fürsprache gab? Sie zögern? Aber ich bitte Sie, liebe Freundin, erinnern Sie sich nur jener Episode meines Lebens in Brüssel, als ich Gast der Infantin Clara-Isabella war, für die ich zu meiner eigenen Überraschung sogleich eine ebenso glühende wie platonische Liebe empfand.
    »Platonisch?« fragte die Prinzessin von Guéméné, als ich ihr davon erzählte. »Kann eine so gefühlvolle Beziehung zwischen einem Mann und einer Frau wirklich platonisch sein?«
    Nun, diese war es. Die Infantin von Brüssel war gütig, sanft und großmütig. Doch trug sie, ohne dem Orden anzugehören, das Kleid der Clarissinnen, mit einem großen Kreuz auf der Brust. Und ehrlich gestanden, hätte ich mir nicht vorstellen können, eine derweise angetane Dame in die Arme zu nehmen, es wäre mir wie Gotteslästerung erschienen.
    Als ich Catherine von der Entlassung des Paters Caussin erzählte, fragte sie: »Aber benimmt sich der König denn nicht wirklich etwas unchristlich, zum Beispiel, indem er die Königinmutter in lebenslänglicher Verbannung ihrem Lande fernhält?«
    »Der König, mein Lieb, schützt damit sich und seinen Staat«, versetzte ich. »Die Königinmutter ist so halsstarrig, rachsüchtig und verbohrt, daß sie aus ihren Torheiten nie eine Lehre gezogen hat. Käme sie zurück nach Paris, würde sie sofort wieder die Kabale gegen Richelieu anführen, und die ›inneren Zwistigkeiten‹, wie der König sagt, gingen von neuem los.«
    Mitten in unseren glücklichen Tagen klopfte es am Tor. Mein Majordomus erschien und meldete, der ehrwürdige Domherr Fogacer verlange mich dringend zu sprechen. Mit einem letzten Blick auf Catherine und mein Töchterchen begab ich mich ins Vorzimmer, wo Fogacer, bleich und verstört, mich in die Arme schloß.
    »Mein Freund«, sagte er, »ich gäbe zehn Jahre meines Lebens darum, nicht derjenige sein zu müssen, der Euch diese Nachricht bringt: Euer Herr Vater ist gestorben.«
    »Wann?« rief ich.
    »Heute nacht, im Schlaf.«
    »Und wie?«
    »Wahrscheinlich blieb sein Herz stehen.«
    »Hat er gelitten?«
    »Ich glaube nicht, sein Antlitz ist heiter.«
    Mir zitterten die Beine, ich sank in einen Lehnstuhl nieder und vergrub das Gesicht in den Händen. Mein Vater war bis in sein hohes Alter so lebensvoll gewesen und noch immer so eng verbunden mit seiner blonden Margot, daß ich geglaubt hatte, er wäre unsterblich. Und daß sein Tod so schnell nach der Geburt unserer kleinen Tochter kam,

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