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Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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Millionen Livres entschädigt wurde. Und weil der König seinem Wort nicht traute, befahl er ihm, sich auf seine Grafschaft Turenne zu begrenzen. Das war ein großer Sturz für einen Fürsten, und um sich Ludwigs fernerer Rache zu entziehen, zog Bouillon es vor, seinen Wohnsitz nach Rom zu verlegen.
***
     
    Man könnte meinen, der König, der sich dazu bereitete, den Spaniern das Roussillon zu entreißen, habe weder Zeit noch Lust gehabt, weiter an seinen Favoriten zu denken. Das Gegenteil war der Fall. Und der Beweis dafür war, daß er mich in seinen Palast zu Narbonne befahl, mich bat, nach Lyon zu reisen und, wie er sagte, seinen Favoriten so gut ich könne zu »trö sten «, ihm zu versichern, daß sein König ihn noch immer liebe,daß aber die Staatsräson ihn zwinge, sein verbrecherisches Einverständnis mit dem Feind zu bestrafen, ein so schwerer Verrat könne nun einmal nicht vergeben werden.
    Der Leser wird sich gewiß erinnern, daß Ludwig mir einst einen sehr ähnlichen Auftrag erteilt hatte, als der Herzog von Montmorency, verwundet, gefangen und besiegt, zu Castelnaudary seiner Hinrichtung entgegensah. Der Unterschied bestand nur darin, daß der König Cinq-Mars liebte und daß ich ihm das vor seinem Tod sagen sollte.
    Während ich in meiner Karosse Lyon entgegenrollte, wälzte ich diese und jene Gedanken. Wie treffend es doch ist, dachte ich, von jemandem zu sagen, er sei »der Liebe verfallen«. Denn es ist ja wahrhaftig ein Fall, ein Sturz, bei dem man all seine verstandesmäßigen Fähigkeiten einbüßt: Intuition, Klarsicht, Vorsicht.
    Man denke nun nicht, daß Cinq-Mars zu Lyon in einem finsteren und schmutzigen Kerker saß. Vielmehr war er in einem sehr hübschen, hellen und wohl ausgestatteten Haus untergebracht. Ich betraf ihn beim Mittagsmahl, und ohne weiteres lud er mich ein, mit ihm zu speisen. Ich kann bestätigen, daß es eine königliche Mahlzeit war, aufgetragen zudem von schmucken Mägden, die Cinq-Mars heimlich verliebte Blicke zuwarfen. Gewiß waren die Korridore von bewaffneten Gendarmen besetzt, doch betrugen sie sich wie die Engel. Gewiß mußte man auch beim Eintritt seine Waffe abgeben, doch was die Visitation der Kleider anging, die man am Leibe trug, so wurde sie fast zärtlich von einer stämmigen Matrone vorgenommen.
    Ich schenkte Cinq-Mars von vornherein klaren Wein ein, daß ich ihm nicht die Begnadigung des Königs brächte, sondern sein Lebewohl und sein Bedauern, daß er so mit ihm habe verfahren müssen. Hinzu setzte ich, daß der König mich beauftragt habe, ihm zu sagen, daß er ihn nach wie vor liebe und daß einzig die abscheuliche Art seines Verrats ihn zu strafen gezwungen habe.
    Cinq-Mars hörte das alles aufmerksam an, doch ohne die mindeste Bewegung zu zeigen.
    »Ich wünschte«, sagte er, als ich geendigt, mit klarer und fester Stimme, »der König liebte mich ein bißchen weniger und ließe mich etwas länger leben. Aber der Kelch ist gefüllt, und ich hoffe, ich werde ihn leeren, ohne schwach zu werden.«
    Hiernach wagte ich ihn zu fragen, welche Gründe ihn denn trieben, Richelieu ermorden zu wollen. Eine ganze Weile schwieg er, doch schließlich gab er Antwort.
    »Ihr müßt wissen, daß es Richelieu war, der mich dem König in die Arme warf. Er wollte an mir eine Kreatur haben, die ihm alles berichtete. Ich enttäuschte ihn. Und ich enttäuschte auch den König, wir sind zu verschieden. Ludwig ist ein Mann der Pflicht, ein strenger Mann, der auf Erden nur eines erstrebt: Er will das Paradies gewinnen. Luxus, die Freuden des Lebens verachtet er. Er arbeitet von früh bis spät. Er ist ein Knicker und Knauser, kleidet sich für gewöhnlich wie ein niederer Offizier, ohne Perlen und Spitzen, und, das Schlimmste, er machte mir Vorhaltungen ohne Ende, immer rügte er meine Faulheit und meine Leidenschaft fürs weibliche Geschlecht. Ganz unerträglich und sogar zum Drama wurde es, als ich der Liebhaber von Marion de Lorme wurde. Ludwigs Eifersuchtsszenen rissen nicht ab, und der König wurde mürrisch und niedergedrückt. Da fürchtete Richelieu um seine Gesundheit und zerstörte meine Beziehung zu Marion de Lorme. Ich weiß nicht, wie diesem Machiavelli die Tour gelungen ist, jedenfalls kehrte die Schöne mir von heute auf morgen den Rücken. Vor Wut außer mir, begann ich gegen Richelieu zu konspirieren. Aber nicht, wie die Dummköpfe reden, um seine Stelle einzunehmen. Diese Selbstüberschätzung hatte ich nicht, sondern einzig, um mich für seine

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