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Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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im Herzen verließ ich meine Gemahlin, meine Kinder und mein Haus in der Rue des Bourbons. Richelieu, der an alles dachte, hatte mir für die Reise eine Eskorte von zwölf seiner Musketiere mitgegeben sowie eine hinreichend gefüllte Börse, um sie und meine Leute bis Narbonne zu versorgen.
    Ich wußte ihm dafür großen Dank, denn so konnte ich Hörner und meine Schweizer zum Schutz von Frau, Kindern und Gesinde in unserem unsicheren Paris zurücklassen, wo man immerhin allmorgendlich auf Straßen und Gassen an die fünfzehn blutüberströmte Leichen auffindet.
    Was die königliche Börse angeht, so war sie höchst willkommen, mich, Nicolas, meine Kutscher, meine Wagner und diese gefräßigen Musketiere zu verköstigen, die von einem Nachtlager zum nächsten nur an Wein, gute Speisen und Hürchen dachten, die sich trotz der tugendsamen Verbote des Königs im Dunkelnzu ihnen schlichen und ihnen ihre kostspieligen und gefährlichen Tröstungen anboten.
    Die königlichen Musketiere waren von Adel, Richelieus Musketiere waren von niederem Stand, doch ob adlig oder nicht, ich habe in ihrer Aufführung nie den geringsten Unterschied feststellen können.
    Es versteht sich von selbst, daß mein Junker Nicolas mit von der Partie war, ebenso meine beiden Wagner, die sich niemals von ihrem Werkzeug trennten, Stemmeisen, Setzhammer, Hohlmeißel und Messer. Nur frage man mich nicht, wie sie es fertigbrachten, gebrochene Räder und Achsen damit zu reparieren, was oft nötig war, so schlecht waren die Straßen im lieblichen Frankreich.
    Diese kostbaren Wagner reisten hinter mir in einem geräumigen Planwagen, der ihnen auch zum Nachtquartier diente, damit wir nicht bestohlen würden, und wo sie überdies den beiden Kutschern Platz lassen mußten, die abwechselnd die Zügel meiner Karosse führten, ungeachtet meines umfangreichen persönlichen Gepäcks sowie meiner Piken und Musketen, auf die ich niemals verzichtete, falls wir von Räubern überfallen würden. Was ihrerseits freilich äußerst fahrlässig gewesen wäre, denn unser Zug wurde von Soldaten vorn und hinten beschützt, wobei erstere die Quartiermeister waren, die, sobald eine Stadt in Sicht kam, sich eilten, Zimmer für die Offiziere und Lagerplätze für die Soldaten ausfindig zu machen.
    Abenteuer erlebte ich auf dieser langen Reise nicht, doch machte ich eine Bekanntschaft, die sich als sehr glücklich für mich erwies. Zehn bis zwölf Meilen vor Lyon, als ich allein auf der Strecke war, weil die Quartiermeister weit voraus ritten und das Gros der Armee mich noch nicht eingeholt hatte, erblickte ich rechterhand auf einer Wiese, von der kein Graben mich trennte, eine Karosse in bejammerswertem Zustand, wie es schien, sowie weibliche Gestalten und eine männliche. Ich hieß meinen Kutscher also in ihre Richtung auf besagte Wiese abbiegen, und aus kleinem Abstand schickte ich Nicolas, jene Personen zu fragen, ob sie sich in Schwierigkeiten befänden und der Hilfe bedürften. Nicolas kam im Nu zurück und meldete mir, es handle sich um zwei vornehme Frauenzimmer und einen Kutscher, allesamt in großer Verlegenheit, denn eine Achse ihres Wagens sei gebrochen und sie hätten nichts undniemand, diese heil zu machen. Nach dem gemalten Wappen an ihrem Schlag, meinte Nicolas, müßten es adlige Personen sein, zudem sähen sie »zum Anbeißen« aus.
    »Nicolas«, wies ich ihn zurecht, »das Wort ›zum Anbeißen‹ nimmst du bitte zurück. Wenn ich dich richtig verstanden habe, sind es ja wohl keine Huren, sondern Damen.«
    »Ich nehme es zurück, Monseigneur«, sagte Nicolas mit einer Demut, die, wie ich überzeugt bin, aber nichts an seinem inneren Gefühl änderte.
    »Hast du ihnen gesagt, wer ich bin?«
    »Ja, sicher! Herzog und Pair, Mitglied des Großen Königlichen Rates, und schließlich setzte ich noch hinzu, daß Ihr auch Ritter vom Heilig-Geist-Orden seid.«
    »Warum das?«
    »Weil ich sah, daß die Damen Schmuckstücke religiösen Charakters tragen.«
    »Beim Himmel, Frömmlerinnen! Nicolas, folge mir, ich will mit ihnen Fühlung nehmen.«
    »Monseigneur, ist ›Fühlung nehmen‹ nicht ein etwas gewagter Ausdruck, wenn es um so sichtlich mit Frömmigkeit gewappnete Damen geht?«
    »Frech bist du, Nicolas!« sagte ich, indem ich ihm eine leichte Kopfnuß gab. »Wer hat dir erlaubt, deinen Herrn zu kritisieren?«
    »Monseigneur«, sagte er, »um Vergebung, bitte, sollte ich mich in den Worten vergriffen haben.«
    »Beim Teufel!« sagte ich, »hat man je einen Junker

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