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Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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Niedertracht zu rächen.«
    Hierauf wandte er sich an mich in gleichmütigem Ton.
    »Kommt Ihr zu meiner Hinrichtung?«
    »Ludwig hat es mir nicht aufgetragen.«
    »Aber verboten hat er es auch nicht.«
    »Nein.«
    »Dann wünschte ich, Ihr kämt.«
    Ich begriff, daß er dem Tod genauso edel begegnen wollte wie Montmorency und daß der König dies erfahren sollte. So stimmte ich seinem Begehren denn zu, so sehr mein Herz und Sinn sich auch sträubte, dem widerwärtigen Schauspiel beizuwohnen, daß ein Mensch einen anderen völlig legitim töte.
    De Thou und Cinq-Mars wurden auf der Place des Terreaux enthauptet, auf die Lyon zu Recht stolz ist, obgleich der Platz derzeit noch nicht die Majestät hatte wie nach den Umbauten von 1646.
    Die Menge war unübersehbar, die meisten Zuschauer standen, andere saßen, je nach ihrem Adelsrang oder ihren Ämtern. In der ersten Reihe sah man die Richter in ihren schönen Roben, mit so würdigen und wichtigen Mienen, als trügen sie stolz die Verantwortung für ein Urteil, das ihnen von vornherein diktiert worden war.
    De Thou erlag als erster 1 »dem Sturm des Stahls«, wie Montmorency gesagt hatte, doch war dies in den Augen der Menge erst der Prolog, denn de Thou war so gut wie unbekannt, während Monsieur le Grand als Günstling des Königs und dann als sein Verräter umstrahlt war von aller königlichen Glorie.
    Cinq-Mars selbst war sich der theatralischen Bedeutung dieses seines Auftritts vollkommen bewußt, der, wie in den antiken Tragödien, nur mit dem Tod enden konnte. Damit der Henker, dieser Nichtswürdige, ihn nicht berühre, hatte er sich am Tag zuvor von seinem Barbier die Nackenhaare schneiden lassen. Und am Morgen vor der Hinrichtung hatte er den Diener geheißen, auf dem Bett seine schönsten Kleider auszubreiten, und lange gesucht, welches ihm am besten gefiele. Entschieden hatte er sich für ein maulbeerfarbenes, ganz mit Spitzen überzogenes Wams, ein Beinkleid derselben Farbe, grüne Seidenstrümpfe und Schuhe mit hohen Absätzen. Hierzu trug er einen scharlachfarbenen Mantel mit silbernen Borten und goldenen Knöpfen. Weil er keinen Hut aufsetzen wollte, waren seine Haare zierlich geringelt. Und auf seinen Wangen ließ sich ein Hauch Rouge erkennen, wahrscheinlich damit niemand sehe, wenn er erbleichte.
    Die Stufen zum Schafott erstieg er mit majestätischer Eleganz, und als erstes dankte er den Richtern für ihr höfliches Verfahren. Dann machte er die Runde um das Schafott, indem er rings die Zuschauer lächelnd und mit reizender Sanftheit grüßte. Lächelnd noch immer, kniete er nieder und legte sein Haupt auf den Block. Zwei Schläge trafen ihn nacheinander, der erste durchtrennte den Hals, der zweite löste den Kopf vom Rumpf. In dem Moment brach die endlose Menge in tosenden Beifall aus.
    Als ich die Hinrichtung von Cinq-Mars wenig später Fogacererzählte, sagte er mit strenger Miene: »Unsere Adligen sind von grandioser Eitelkeit. Weil bei ihnen Mut als die höchste aller Tugenden gilt, wollen sie durch ihre Art zu sterben darin glänzen. Und sorglichst bereiten sie, bis in Kleidung und Betragen, alles vor, ihr Ende zu einem Meisterwerk zu machen. Natürlich wäre es, wenn sie es schlichter anstellten, eine Tragödie. Sie aber machen eine Hanswurstiade draus. Nun ja, wenn die Komödie ihnen hilft, ohne zu große Todesschrecken vom Leben zu scheiden, mag es ja gut für sie sein.«

NEUNTES KAPITEL
     
    Leser, erlaube, daß ich in meiner Erzählung noch einmal zurückgreife, zu jenem Zeitpunkt nämlich, als ich mit den königlichen Armeen aufbrach nach dem Roussillon. Ja, wie denn, werden Sie fragen, konnten Sie denn schon Spanisch? Nun, einigermaßen, würde ich sagen, dank der Prinzessin von Guéméné, von deren zärtlichen Lippen ich viele Wörter und Wendungen pflückte. Trotzdem war ich vom leichten, flüssigen Gebrauch der Sprache noch weit entfernt. Und um mich darin stetig zu verbessern, hatte ich auf dieser sehr langen Reise in meiner Karosse ein spanisches Wörterbuch und meinen
Don Quijote
dabei, um mir jeden Tag in meiner rasselnden Muße eine Seite Cervantes vorzunehmen und sie, nachdem ich sie für mich übersetzt hatte, auswendig zu lernen. Mein Vater hatte mich von Kind auf in der Literatur und in fremden Sprachen unterrichtet, so daß ich meinen Vorsatz mühelos einzuhalten vermochte, und ich kann sagen, daß ganze Seiten des Cervantes sich meinem Gedächtnis eingeprägt haben bis auf den heutigen Tag.
    Nicht ohne ein großes Reißen

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