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Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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Ankündigung von Feindseligkeiten den Hof, und die Königinmutter in ihrer unsäglichen Schwäche eilte ihnen mit Geldsäcken hinterher, um sie zurückzuholen. Mit Ludwig XIII. und Richelieu wurde das anders. Wie Sie wissen, wurde die Macht der Großen beschnitten, wurden ihre Mauern geschleift, und sie hatten am Hof zu erscheinen, wenn der König es wünschte. Auch durften sie den Hof nicht ohne königliche Erlaubnis verlassen.«
    »Aber, Monsieur, gegen den König Front machen, ihm grollen, sich vom Hof zurückziehen, war das nicht genauso niederträchtig wie mitten im Krieg einen Geheimvertrag mit seinen schlimmsten Feinden zu schließen?«
    »Dieser Vertrag, beste Freundin, war nicht nur niederträchtig. Er war dumm, und ich will Ihnen sagen, weshalb.«
    »Pardon, bevor Sie es mir erklären, wüßte ich gern, ob die Königin ihn guthieß?«
    »Oh, ihre Position war sehr nuanciert. Zwar hieß sie ihn gut, doch wollte sie weder der Verschwörung beitreten, noch daß ihr Name dort genannt werde.«
    »Damit übte sie also zum drittenmal Verrat an ihrem König, nur diesmal mit einiger Zurückhaltung.«
    »Teure Freundin, ich beglückwünsche Sie zu Ihrem Gedächtnis.«
    »Erlauben Sie mir eine Frage, Monsieur: Warum machen Sie dem
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immer Komplimente?«
    »Madame, ich folge hierin meinem Instinkt und muß Ihnendas, glaube ich, nicht begründen. Gaston überließ es Fontrailles, mit Spanien gegen Richelieu zu verhandeln.«
    »Der Bucklige, den Richelieu verhöhnt hatte?«
    »Derselbe. Unter den Verschwörern war er der verschwiegenste und aktivste. Er überquerte die Pyrenäen, ging über Huesca nach Saragossa und erreichte endlich Madrid, wo er ohne Umstände von Herzog Olivares, dem ersten Minister Philipps IV., empfangen wurde, für den dieser von Fontrailles in Gastons Namen angebotene Vertrag ein unverhoffter Glücksfund war.«
    »Monsieur, ich bin hoch gespannt, fürchte aber, daß dieser hinterm Rücken Ludwigs und des Kardinals geschlossene Vertrag mir wenig schmecken wird.«
    »Dabei ist der Anfang noch ganz beruhigend. Man werde, hieß es da, gegen die Staaten des Allerchristlichsten Königs und auch gegen die Rechte und Autoritäten der Allerchristlichsten Königin nichts unternehmen. Beide Seiten sollten nur die eroberten Städte zurückgeben.«
    »So weit, so gut.«
    »Ja, aber nun kommt es weniger gut: Philipp IV. wird Gaston eine Armee von zwölftausend Mann Infanterie und sechstausend Berittenen zur Verfügung stellen, nebst dem nötigen Sold zu ihrem Unterhalt.«
    »Mit anderen Worten, er will in Frankreich einen Bürgerkrieg schüren, unterstützen und unterhalten.«
    »Und ich füge hinzu, daß Gaston, der Bruder des Königs, dessen General werden soll.«
    »Das ist ja abscheulich.«
    »Es kommt noch schlimmer, meine Liebe. Frankreich soll seine Bündnisse mit den protestantischen Ländern, Holland, Schweden und den lutherischen deutschen Fürstentümern, beenden.«
    »Ach, wie das die Königinmutter, Marillac, den Pater Caussin und all unsere guten Frömmler in Frankreich freuen wird, die so wenig gute Franzosen sind.«
    »Und unausgesprochen schloß dies ja auch den Widerruf des Gnadenedikts ein und mithin, daß die Protestanten künftighin verfolgt würden. Doch nun, liebe Freundin, wappnen Sie sich, das Allerniederträchtigste zu vernehmen. Der Vertrag legte fest, daß der König von Spanien hundertzwanzigtausend Ecusan Gaston und Herrn von Bouillon und vierzigtausend Ecus an Cinq-Mars auszahlen würde.«
    »Mein Gott! Die drei verkaufen ihr Vaterland für einen Sack Taler!«
    »Teure Freundin, darf ich Ihre Aufmerksamkeit auf die Tatsache richten, daß dieser Vertrag nicht allein schändlich war. Er war auch eine Chimäre. Wie konnte man die Vorstellung hegen, Ludwig würde, wenn Richelieu tot wäre, plötzlich der Politik entsagen, die er seit zwanzig Jahren verfochten hatte, und sich gehorsam der spanischen Politik unterwerfen, sich zum demütigen Vasallen Philipps IV. machen? Logischerweise hätte man dann weitergehen und auch Ludwig XIII., den Dauphin und den Ersatz-Dauphin ermorden müssen, damit Gaston endlich zur Macht käme und den spanischen Vertrag Punkt für Punkt erfüllen könnte.
    Den Vertrag ins Futter seines Wamses eingenäht – er muß ihm die Haut versengt haben –, wollte Fontrailles auf demselben Weg, den er gekommen war, nach Frankreich heimkehren. In Huesca jedoch wurde er von einem Béarnaiser gewarnt, er sei bereits auf dem Herweg beobachtet worden.

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