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Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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daß außer dem König alle auf Schemeln sitzen müssen.«
    »Ihr Ärmsten, wie leid Ihr mir tut! Ihr müßt also genauso unbequem sitzen wie die Herzoginnen! Wo Ihr so zarte Gesäße habt!«
    »Bitte, Madame, laßt die Gehässigkeiten!«
    »Alsdann, ich fahre fort. Man wartet und wartet auf den König, endlich kommt er, der ganze Hof erhebt sich und fällt ins Knie, die Königin eilt, ihn zu umarmen, aber sie kann es nicht, denn er breitet nicht die Arme, sondern bremst ihren Elan mit der abwehrend erhobenen Rechten.
    ›Madame‹, sagt er völlig kalt, ›ich bin erfreut, Euch zu sehen, und hoffe Euch bei guter Gesundheit.‹
    Und ohne ein weiteres Wort wandte er sich und ging zu seinem Thron.«
    »Gott im Himmel! Und das war alles?«
    »Alles. Der Hof war bestürzt. Und das Erstaunlichste war wohl, daß niemand erklären konnte, warum Ludwig der Königin so barsch begegnet ist.«
    »Wahrscheinlich, weil der Hof über seinen kleinen Intrigen zu schnell die großen politischen Vorkommnisse vergißt. Ludwig aber vergißt nie etwas, und er ist in seinem Groll ebenso beharrlich wie in seiner Dankbarkeit. Er muß der Königin alsowegen irgend etwas gram sein. Immerhin hat sie sich jüngst bereit gefunden, den verbrecherischen Vertrag von Madrid zu verbergen, den Fontrailles nach Frankreich brachte. Damit hatte sie, ohne sich dessen bewußt zu sein, sich dem Komplott von Cinq-Mars gegen das Leben Richelieus angeschlossen.«
    Dies war ja aber nicht das erste, sondern bereits das dritte Mal, daß die Königin den König verriet. Der Leser weiß sicherlich noch, daß sie, obwohl sie von dem Plan des Comte de Chalais, den König zu ermorden, erfuhr, es unterließ, ihn vor der drohenden Gefahr zu warnen. Und, ach, wer könnte die Briefe vergessen, die sie dem spanischen Minister Olivares schrieb, um ihn mitten im Krieg über die Bewegungen unserer Armeen zu unterrichten; man wird sich des verräterischsten dieser Dokumente, des sogenannten »Busenbriefs« erinnern, den die Königin in vergeblicher und verzweifelter Wehr ihrem Ankläger aus den Händen riß und in ihren Ausschnitt steckte, ein gewiß süßes Versteck, doch allzu offen, um nicht doch geräumt zu werden.
    Ehrlich gesagt, von den zärtlichen Lippen der Prinzessin von Guéméné zu hören, mit welcher Schroffheit der heimkehrende König der Königin begegnet war, bekümmerte mich tief, sowohl um des einen wie des anderen willen, denn es ging dem König beinahe so schlecht wie dem Kardinal, und er hätte weiblicher Liebe wahrlich bedurft. Was die Königin anging, so war sie ganz entsetzt von der Vorstellung, daß sie, wenn sie Witwe würde, dieses Frankreich regieren müßte, das so fruchtbar war an Kabalen, Verschwörungen und Mordplänen.
    Als der König sich noch aufrecht halten konnte, besuchte er Richelieu auf seinem Krankenlager, und weil er von Doktor Bouvard wußte, daß der Kardinal nur noch wenig aß, buk er ihm mit den eigenen königlichen Händen aus zwei Eiern ein Omelette, wie er es einst seinen beiden Schwestern bereitet hatte, als sie noch kleine Mädchen und er ihr liebevoller großer Bruder war. Trotz dieser freundschaftlichen Fürsorge gab es zwischen dem König und dem Kardinal dennoch einen Streit. Der Kardinal, dessen Kräfte mit jedem Tag schwanden, fürchtete, man wolle ihn ermorden, und verlangte vom König, vier Offiziere vom Hof zu verbannen, die er für gefährlich ansah, weil sie eng mit Cinq-Mars befreundet gewesen waren. Es handelte sich um Troisville, einen Hauptmann der Musketiere, und die drei Gardehauptleute Tilladet, des Essarts und La Salle.
    Ludwig fand dieses Verlangen unsinnig und unangebracht. Er versetzte, daß die fraglichen Offiziere ihm unterstünden und ihm nie den geringsten Anlaß gegeben hätten, an ihrer Treue zu zweifeln. Ziemlich trocken setzte er hinzu, er mische sich nicht bei denjenigen ein, die dem Kardinal dienten, und wolle auch nicht, daß der Kardinal sich bei den seinen einmische.
    Hierauf schickte Richelieu Chavigny zu ihm, damit er seine Sache vertrete. »Wenn Seine Eminenz erführe«, sagte Chavigny, »daß jemand in seiner Entourage dem König mißfiele, käme ihm derjenige nie mehr unter die Augen.« – »In dem Fall«, entgegnete dürr der König, »kämt Ihr ihm nicht mehr unter die Augen, denn ich kann Euch nicht ausstehen.«
    Der arme Chavigny, ein für seine Tüchtigkeit und Ehrbarkeit bekannter Staatssekretär, war über diese Abfuhr vor Gram ganz zerschmettert. Blutenden Herzens berichtete er

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