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Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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und hat sich in seinen Voraussichten nie getäuscht. Seine Arbeitskraft war übermenschlich. Niemand hat sagen können, ob er nachts wirklich schlief. Aber natürlich hätte er nichts ausrichten können, wenn Ludwig nicht genug Klugheit und Selbstverleugnung besessen hätte, um seinen Genius anzuerkennen, so schwer war sein Charakter zu ertragen. Deshalb will ich die beiden nicht voneinander trennen. Gemeinsam haben sie eine ungeheuerliche Aufgabe gefasst, und gemeinsam haben sie sie vollbracht.«
    »Diese ungeheuerliche Aufgabe, Monsieur, können Sie mir dazu ein paar Worte sagen?«
    »Die erste und dringlichste Aufgabe war, das Reich zu einigen, indem man die Macht der Großen beschnitt, die sich in ihren Lehen aufführten wie kleine Könige und nie eine Gelegenheit ausließen, sich gegen die königliche Autorität zu empören. Das geschah. Die Wehrmauern ihrer Schlösser wurden geschleift, und als der angesehenste unter ihnen, der Herzog von Montmorency, die Waffen gegen die königlichen Armeen erhob, wurde sein kleines Heer bei Castelnaudary geschlagen, er wurde gefangengesetzt und mußte unterm Henkersbeil sterben.«
    »Was taten sie darüber hinaus?«
    »Die Armee wurde reorganisiert. Zum erstenmal wurde ein Sanitärdienst eingerichtet, der sich der Verwundeten und Kranken annahm. Die Auszahlung des Solds, die bis dahin den Offizieren oblag, die sich dabei auf Kosten der Soldaten die eigenen Taschen füllten, wurde gewissenhaften Intendanten übertragen. Ständig wachte man darüber, daß die notwendigen Lebensmittel rechtzeitig zur Stelle waren, damit die Männer nicht mit leerem Magen in den Kampf ziehen mußten, was ihren Mut bestimmt nicht gestärkt hätte.
    Mehr noch: Richelieu konstatierte eines Tages einen vollkommen skandalösen Zustand. Frankreich besaß eine lange Küste am Atlantik und eine auch nicht eben kleine am Mittelmeer. Es fehlte nicht an verschiedenerlei Häfen, und seine Handelsflotte tat seinen Bedürfnissen reichlich Genüge. Aber es hatte nicht, wie Holland, England und Spanien, eine Kriegsflotte, so daß jeder x-beliebige Feind unsere Küsten überfallen und sich mir nichts dir nichts einer unserer Städte bemächtigen konnte.
    Richelieu überzeugte mühelos den König, eine Kriegsflotte zu schaffen, oder vielmehr zwei, eine an der atlantischen Küste und eine andere an der Mittelmeerküste, letztere mit Galeeren. Der Leser erinnert sich gewiß, daß Galeeren, weil sie mit Rudern von Menschenhand bewegt werden, verläßlicher sind als Segelschiffe, die durch jede Windstille lahmgelegt werden, was auf diesem launischen Meer ziemlich häufig ist, wo der Wind einmal sehr stark bläst und ein andermal gar nicht.
    Der Zusammenschluß unserer beiden Kriegsflotten im Mittelmeer hatte bei der Einnahme von Perpignan eine entscheidende Rolle gespielt. Doch lassen Sie mich aufs Festland und zur inneren Geschichte des Reiches zurückkehren. Sie werden sich erinnern, daß der hohe Klerus die antispanische Politik des Königs nicht liebte, aber daß der König seinerseits diese Herren nicht liebte. Dafür hatten sie ihm viel zu üppige Einnahmen und lebten wie Satrapen in ihren schönen Palästen. Zweimal ging er ihnen an den Beutel. Ungescheut forderte er sie auf, Gelder für die Einnahme von La Rochelle bereitzustellen. Das Messer an der Kehle, fügten sie sich. Weniger Erfolg hatte, leider, sein Appell an sie, die armen Landpfarrer besser und vor allem regelmäßig zu bezahlen.
    Und er verbannte erbarmungslos alle spanisch gesinnten Minister.Er stauchte die Gerichtsherren zusammen, die sich einen Einfluß auf die Politik anmaßen wollten. Er genehmigte die Publikation der ›Gazette‹ von Théophraste Renaudot, mit der Einschränkung freilich, daß ihr Inhalt überwacht würde. Auf Anregung Richelieus gründete er die Sorbonne und die Académie, die erste, um die adlige und bürgerliche Jugend auszubilden, die dessen sehr bedürftig war. Die zweite, um die französische Sprache zu reinigen – was diese allerdings auch ärmer machte. Wer würde es heute noch wagen, die schönen okzitanischen Wörter zu verwenden, die so reich und eigen im Ohr klingen und das Herz erwärmen!«
    »Monsieur, wollen Sie nicht auch etwas zu unseren kriegerischen Eroberungen sagen?«
    »Schöne Leserin, das ist eine zu lange Geschichte, als daß sie sich mit zwei Worten abhandeln ließe. Zu Ihrem und meinem Vergnügen hebe ich sie zum Schluß auf.«

ELFTES KAPITEL
     
    Richelieu starb am vierten Dezember 1642. Sein

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