Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)
Prinzessin auf ihrem Lager hingestreckt, wunderbar geschminkt und in einem seidenen Frisiermantel, der es mit dem schönsten Kleid aufnehmen konnte.
»Mein Freund«, sagte sie, »entgegen dem Beispiel unserer verehrten Königin faulenze ich nicht im Bett, wie Ihr glauben könntet, vielmehr hatte mich eine kleine Traurigkeit angewandelt, die Eure Gegenwart sicherlich zerstreuen wird. Bitte, legt Eure Kleider ab und kommt zu mir hinter die Gardinen, dann läßt es sich besser plaudern.«
Plaudern, das taten wir nun nicht als erstes, denn unsere Liebkosungen trugen uns zu Höhen des Entzückens, die jedes artikulierte Wort ausschlossen.
»Meine Freundin«, sagte ich, als wir vom Paradies auf die Erde zurückkehrten, »da Ihr alle Welt kennt, sagt mir, was haltet Ihr von Kardinal Mazarin?«
»Das Allerbeste.«
»Meint Ihr damit, daß er ein schöner Mann ist?«
»Das ist er, es würde aber nicht genügen, ihm meine Achtung zu sichern. Er hat eine Reihe anderer Vorzüge, die ihn zum Glanzbild des Hofes machen.«
»Gütiger Gott! Soll ich eifersüchtig werden?«
»Auf einen Kardinal? Macht Euch nicht lustig. Hört mir zu, und Ihr werdet meine Überzeugung teilen. Mazarin ist mutig,wie er es vor Casale bewiesen hat. Seine Arbeitskraft kommt der Richelieus mindestens gleich. Er ist geistreich und scharfsinnig. Er ist beharrlich in seinen Unternehmungen und findet Lösungen selbst für die heikelsten Probleme. Als Italiener, wenn auch mit dem Herzen Franzose, ist er, Gott sei Dank, nicht im mindesten mit den Großen dieses Reiches verbandelt. Aus Kabalen hält er sich raus. Er gehört zu keinem Clan, so hat er schon dem König und Richelieu ganz dienen können, und ihnen allein. Er hat sich in allen Ehren in die Königin verliebt und hat sie sich durch zahllose, aus Italien mitgebrachte Geschenke verbunden: Handschuhe, Fächer, Eau de Toilette und Parfums, lauter Dinge, die die Königin höchlich begehrte. Selbstredend ist Mazarin von erlesener Höflichkeit. Er meidet alles, was zu Streit führen könnte. Mehr noch, er verzeiht übles Benehmen und weiß seine Feinde durch Sanftmut und Versöhnlichkeit zu entwaffnen.«
»Nur ist es noch nicht erwiesen, liebe Freundin«, wandte ich ein, »daß Versöhnlichkeit in den sich jetzt anbahnenden Unruhen die beste Methode ist, den Unruhestiftern aller Couleur entgegenzutreten, unter denen wir zu leiden haben werden. Bedenkt bitte, daß das Reich bislang nur deshalb nicht in Komplotten und Kabalen versank, weil Richelieu Strenge und der König unerbittliche Gerechtigkeit walten ließen. Und ebenso bezweifle ich, daß Sanftmut die beste Antwort auf Umtriebe sein kann, die rund um die Regentin gären und brodeln.«
»Und um ihren Minister und Geliebten«, sagte die Prinzessin.
»Geliebter? Was sagen Sie da, meine Freundin?«
»Ich hörte, daß die Königin, als sie aus dem Louvre auszog und sich im Palast des Kardinals einrichtete, Mazarin eine Wohnung dicht neben der ihren gab.«
»Ist es nicht sehr verständlich, daß die Königin in ihrem Schrecken vor ihrer neuen Rolle ihren besten Berater in nächster Nähe haben wollte?«
»Zweite Beobachtung«, fuhr die Prinzessin fort, »als Mazarin im Oktober erkrankte, zeigte die Königin die größte Besorgnis, sie besuchte ihn mehrmals am Tag, und oft in Tränen.«
»Was doch aber begreiflich ist! Sie fürchtete, ihren weisen Mentor zu verlieren.«
»Unsere lieben Klatschbasen sehen die Dinge anders.«
»Sie sehen sie auf ihrem Niveau, liebe Freundin, das heißt ziemlich niedrig. Schließlich ist es Mazarins höchster Ehrgeiz, Papst zu werden, da wird er doch nicht so töricht sein, seine Kardinalswürde durch eine skandalöse Liebschaft zu beflecken.«
»Also keine Liebschaft?«
»Nein, auf beiden Seiten nur zärtlichste Zuneigung.«
ZWÖLFTES KAPITEL
»Monsieur, auf ein Wort, bitte.«
»Schöne Leserin, ich will Sie ja gern anhören, trotzdem bin ich nicht wenig erstaunt. Kaum daß ich meine Feder gespitzt und mein Gedächtnis geschärft habe, um das erste Wort des zwölften Kapitels zu schreiben, sind Sie auch schon – höchst anmutig – in Fleisch und Blut zur Stelle, um mir scharfsinnige Fragen nach Dingen zu stellen, die ich noch gar nicht geschrieben habe.«
»Bitte, Monsieur, spotten Sie nicht. Ich habe sehr wohl empfunden, wie sehr der Tod des Königs und der Richelieus Sie mit Kummer erfüllt hatten, und bin nur gekommen, Ihnen mein Beileid anläßlich dieser unersetzlichen Verluste auszusprechen. Auch
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