Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
Vom Netzwerk:
Wohnung, die sich nicht mehr im Louvre, sondern im Palast des Kardinals Richelieu befand. Anna von Österreich hatte diesen zu ihrer Residenz in Paris erwählt, weil er moderner, luxuriöser und heiterer war als der Louvre. Zum Glück erhielt die Prinzessin von Guéméné, die ebenfalls zum intimen Zirkel der Königin gehörte, dort eine Wohnung wie zuvor im Louvre, so daß ich sie jedesmal besuchen konnte, wenn ich zu Mazarin ging.
    Mazarin empfing mich an jenem vierten September wie gewohnt mit seiner
gentilezza italiana
und erzählte mir von Beauforts Komplott, das mich in Erstaunen setzte, mehr aber noch, was dann kam.
    »Und wißt Ihr, Herzog«, schloß Mazarin, »durch wen ich von diesem Komplott erfuhr, das meine Erdentage beenden sollte?«
    »Nein, Monseigneur.«
    »Durch eine Kammerfrau, die zum Gesinde der Herzogin von Montbazon gehörte und die offenbar lieber der Krone dienen wollte als ihrer Herrin. Diese Person nun behauptet, sie kenne Euch sehr gut, ebenso wie Monsieur de Guron und den Domherrn Fogacer. Ist das die Wahrheit oder Prahlerei?«
    »Es ist die Wahrheit.«
    »Und wie heißt sie?«
    »Die Zocoli.«
    »Stimmt genau«, sagte Mazarin. »Und was wißt Ihr über diese Zocoli?«
    »Sie spitzelte für den Kardinal Richelieu und war darin eineder Besten. Monsieur de Guron, Fogacer und ich waren ihre Verbindungsleute. Es gab mehrere Verbindungsstellen, Monseigneur, nicht nur eine. Wer etwas zu berichten hatte, sagte es im Beichtstuhl dem Domherrn Fogacer, und Fogacer gab das ihm Anvertraute, das ja keinerlei religiösen Charakter hatte, an uns weiter.«
    »Nun, wenn dies auch kein Sakrileg war, so war es doch nicht orthodox«, sagte Mazarin, »wiewohl höchst nützlich für die Krone.«
    Mit anderen Worten, der Kardinal mißbilligte, wozu der Minister uns beglückwünschte.
    »Monseigneur, darf ich etwas fragen?«
    »Ich bitte darum.«
    »Mir kam soeben die Idee, daß wir das Netz der Informanten, das nach dem Tod des Kardinals Richelieu zerfallen ist, Eurem Wunsch entsprechend vielleicht am besten mit Hilfe der Zocoli neu knüpfen könnten.«
    »Wenn das Eure Idee ist, ist es auch meine«, sagte Mazarin mit verbindlichem Lächeln. »Versucht zusammen mit Monsieur de Guron, alle wieder aufzufinden, und berichtet mir in zehn Tagen, wie weit Ihr gekommen seid.«
    Zehn Tage! dachte ich. Wenn man ihn mit Richelieu verglich, brachte ein Löffel Honig mehr als eine Tonne Essig, wie Henri Quatre sagte, aber täuschen wir uns nicht nach dem Augenschein, die Anforderung war die gleiche und der Honig nicht weniger gebieterisch als der Essig.
    Selbstverständlich verließ ich das Palais Richelieu nicht, ohne die Prinzessin von Guéméné zu besuchen. Ich fand sie wie stets anmutig auf ihr Lager hingestreckt, doch träumte sie diesmal nicht, sie las. Ja, Sie haben richtig gehört, sie las. Und welches Buch? Den
Discours de la Méthode
von Descartes.
    Sowie ich meine Kleider abgeworfen und mich zu ihr gesellt hatte, legte sie den Descartes beiseite, und die folgenden Minuten waren, wie gewohnt, für jedes nützliche Gespräch verloren. Nun ja, Leser, schließlich hatte sogar Descartes, als er an der Belagerung von La Rochelle teilnahm, in seinem Häuschen außer Büchern, Federn, seinem Tintenfaß und seinem Manuskript auch ein nettes Weib bei sich, das ihn versorgte, ihn bekochte, sein Bett machte und es mit ihm einriß. Ein Beweis, daß Descartes ebensosehr ein Weiser war wie ein Philosoph.
    »Aber bitte, mein Freund«, sagte die Prinzessin von Guéméné, »daß Ihr mir nicht mit Reden kommt wie: Ach, Ihr lest Descartes, Madame, Ihr, ein Frauenzimmer! Seid Ihr auch sicher, daß Euer Köpfchen solcher Lektüre gewachsen ist?«
    »Meine Liebe, so etwas werde ich niemals sagen. Nicht durch Köpfchen unterscheiden sich die Frauen von den Männern, nein, das macht allein ihr köstlicher kleiner Körper.«
    »Ich bitte Euch, Monsieur, sprecht nicht im Plural, das ist unfreundlich gegen mich.«
    »Selbstverständlich hatte ich, als ich ›die Frauen‹ sagte, nur Euch im Sinn.«
    Kaum hatte ich diesen gefälligen Satz gesagt, schlug mir das Gewissen, so ungerecht war er gegenüber Catherine.
    »Mein Freund«, fuhr sie fort, »verzeiht den kleinen Streit, aber ich bin untröstlich über das, was heute morgen geschah.«
    »Was war denn?«
    »Mazarin hat die Verschwörer hart bestraft.«
    »Wie das? Ich komme soeben vom Kardinal, und niemand hat mir davon einen Ton gesagt.«
    »Weil der Hof starr ist vor Schreck, denn

Weitere Kostenlose Bücher