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Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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geboren. Sein Vater entstammte dem mittleren Bürgerstand und seine Mutter dem niederen Adel. Aber sie waren gute Eltern, und als sie sahen, wie aufgeweckt und fleißig ihr Sohn war, sparten sie nicht an seiner Ausbildung. Sie schickten ihn zuerst nach Rom auf ein Jesuitenkolleg, wo er sich hervorragend bewährte, und dann auf die Universität von Alcala de Henares in Spanien, wo er, außer das Kastilische zu lernen, sich zum Doktor des Zivilrechts und zum Doktor des Kirchenrechts promovierte. Hierauf absolvierte er ein zweijähriges Praktikum als Hauptmann in der päpstlichen Armee.
    »Und wieso«, meinte ich, »mußte ein Doktor für kanonisches Recht solch ein Praktikum ablegen?«
    »Vermutlich, damit er dem Papst gehorchen lernte, denn natürlich berechtigte ein Doktorat im Kirchenrecht zum Bischofsamt.«
    »Kam es dazu?«
    »Ja, aber viel später. Zunächst wurde Mazarin zwischenzeitlicher päpstlicher Nuntius in Mailand, ein diplomatischer Posten, der ihm Gelegenheit bot, Richelieu und Ludwig zu begegnen und vor ihnen seine seltenen diplomatischen Talente unter Beweis zu stellen.«
    »Sind sie wirklich so bewunderswert, wie man sagt?«
    »Sie sind bewundernswert an sich und erst recht im Verbund mit einer erstaunlichen Tapferkeit.«
***
     
    »Monsieur, auf ein Wort, bitte.«
    »Madame! Schämen Sie sich nicht, den ehrwürdigen Doktor der Medizin und Domherr Fogacer zu unterbrechen?«
    »Monsieur, das kam nur, weil ich so baff bin. Seit wann erhält ein Bischof Gelegenheit, seine Tapferkeit zu beweisen? Das möchte ich doch genauer wissen.«
    »Es war vor Casale. Casale, wenn ich Sie daran erinnern darf, ist eine starke Festung in Norditalien, die Ludwig auf seinem ersten italienischen Feldzug nahm. Es war, wie unsere Marschälle sagten, der ›Schlüssel zu Norditalien‹. Doch ein Schlüssel, der uns teuer zu stehen kam, denn er mußte gegen die Spanier verteidigt werden. Sie wußten sehr gut, daß wir nicht etwa als Eroberer dort waren, sondern um ihnen zu verwehren, sich zu Herren ganz Norditaliens aufzuwerfen, weil sie dann nämlich ohne Schwierigkeiten ihre Armeen mit den Kaiserlichen hätten vereinigen können.«
    »Und wer verteidigte Casale?«
    »Ludwig fackelte nicht lange. Er wählte Toiras.«
    »Toiras? Ist das nicht der Marschall, der mit Ihrer Mitwirkung die Zitadelle der Insel Ré siegreich gegen die Engländer verteidigte?«
    »Meine Freundin, Sie sind ein Engel! Was für ein gutes Gedächtnis Sie haben! Allerdings war ich in dieser Zitadelle nicht der zweite Mann neben Toiras, sondern sein Dolmetscher im Englischen, und Toiras war auch noch nicht Marschall. Trotzdem leistete er so guten Widerstand, daß die Engländer ihn nicht vertreiben konnten, und damit rettete er die Insel Ré.
    Weil Spanien seinen Ruf kannte, fackelte es ebenfalls nicht lange und beauftragte mit der Rückeroberung von Casale den Feldherrn Spinola, den ganz Europa bewunderte, seit er nach langer Belagerung Breda genommen hatte. Die Belagerung von Casale hätte nicht minder lange gedauert, wenn es Mazarin nicht gelungen wäre, einen Waffenstillstand auszuhandeln. Doch war dieser noch kaum unterzeichnet, als von Frankreich her eine neue Armee unter Schombergs Befehl eintraf, die sich nun den spanischen Angreifern gegenübersah. Und die Sache wäre zweifellos übel ausgegangen, hätte Mazarin sich nicht aufs Pferd geschwungen und wäre zwischen die beiden kampfbereiten Armeen mit ihren geladenen Musketen und gesenkten Piken geritten. Die eine wie die andere Seite beobachtete verdattert,wie ein Mann der Kirche sich in Todesgefahr stürzte, indem er zwischen den Linien entlanggaloppierte, den Waffenstillstandsvertrag über seinem Haupt schwenkte und lauthals schrie:
»Pace! Pace!«
Abwartend schauten die Soldaten auf ihre Chefs, die aber noch zögerten, denn hüben wie drüben stand alles zu einem gewaltigen Schlachten bereit. Schomberg, der von jeher sparsam mit dem Blut seiner Soldaten umging, entschloß sich als erster. Einen Herold vorneweg, ritt er hinüber zu Spinola, saß ab und schloß ihn in die Arme. Mit dem Moment flatterten die weißen Tauben des Friedens über unseren Köpfen. Die Musketen wurden entladen, die Piken aufgerichtet.«
    »Monsieur, mir stockt der Atem bei diesem wunderbaren Mut eines Kirchenmannes. Darf ich noch etwas fragen?«
    »Fragen Sie, meine Liebe, fragen Sie.«
    »Wie kommt es, daß Mazarin später eine so brillante Karriere in Frankreich und nicht in Italien machte?«
    »Ein Mann von so

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