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Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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ist mir ja nicht entgangen, wie überaus ratlos Sie die Zukunft des Reiches sahen und fürchteten, es könnte zerfallen und schutzlos preisgegeben sein, nachdem jene beiden starken Säulen des Staates gestürzt sind.«
    »Diese Befürchtungen hegte ich in der Tat, doch bin ich nun zuversichtlicher, denn zur Zeit erringen unsere Armeen überall, zu Lande wie zu Wasser, die glanzvollsten Erfolge.«
    »Das ist erstaunlich. Und wie erklären Sie das?«
    »Offensichtlich ernten wir heute die Früchte jener Bäume, die der König und Richelieu gepflanzt haben. Ludwig hat unsere Armee umfangreich reorganisiert. Und Richelieu hat eine schlagkräftige Marine geschaffen, ausgestattet mit Kanonen und bretonischen Seeleuten, die einen so exzellent wie die anderen, und hat an ihre Spitze nicht etwa einen der großen Herren gestellt, die alles zu können glauben, obwohl sie nichts gelernt haben, sondern seinen brillanten Neffen, Maillé-Brézé, der seine Sache hervorragend macht. Muß ich an die glänzenden Erfolge erinnern, dank denen wir Perpignan einnehmen konnten? Nun, schöne Leserin, und im August 1643, das heißt nach dem Tod unserer beiden Giganten, stach Maillé-Brézé abermals in See, indem er seine Mannschaft aus eigener Taschebezahlte, und trug über die spanische Flotte den glanzvollen Sieg von Carthagena davon.«
    »Damit war Spanien also nicht mehr die Königin der Meere. Und wird auch zu Lande bald nicht mehr für unbesiegbar gelten.«
    »So soll es sein. Liebe Freundin, hören Sie denn von einem erstaunlichen Sieg! Als Mazarin und die Königin erfuhren, daß die Picardie-Armee in bejammernswertem Zustand sei, beriefen sie Condé an deren Spitze. Der sah die Zustände, stellte sie binnen Monatsfrist vom Kopf auf die Füße, dann griff er unverzüglich die Spanier bei Rocroi an, und mit einer zumindest zahlenmäßig schwächeren Armee schlug er die schrecklichen spanischen
tercios

    »Was sind diese
tercios
, Monsieur?«
    »So heißen die spanischen Infanterie-Regimenter. Diese
tercios
galten seit eh und je als die besten Europas. Mein Vater erzählte mir, daß Henri Quatre vor einer Schlacht gegen die Spanier sagte: ›Von ihrer Kavallerie halte ich nicht viel, aber vor ihrer Infanterie, da ist mir bange.‹ Wie gern wäre ich dabeigewesen und hätte Henri in seinem Béarnaiser Dialekt dieses ›je la crains‹ sagen hören.«
    »Rocroi war demnach ein großer Sieg?«
    »Ein ganz, ganz großer, meine Liebe. Condé wurde der Held des Reiches. Doch ehrgeizig und unersättlich, wie er war, nützte er dies aus, um von der Königin sogleich die Oberintendanz der Marine zu verlangen.«
    »Ein Soldat, der Seemann werden möchte!«
    »Ach, was scherte ihn das Meer! Von allen hohen Ämtern des Reiches ist die Oberintendanz der Marine bei weitem das lukrativste. Allein die Bergung der Wracks bringt ein Vermögen ein.«
    »Was machte die Königin angesichts seiner Forderung?«
    »Sie war sehr aufgeregt und fragte Mazarin um Rat. Er meinte, diesem ehrgeizigen Mann die Marine zu unterstellen hieße ihm allzu große Reichtümer und Machtbefugnisse überlassen. Doch sei es andererseits nicht leicht, dem Helden von Rocroi jemand anderen vorzuziehen.«
    Wieder einmal rettete uns die
finezza italiana
aus der Bredouille. Die Königin erklärte, sie selbst wolle den Titel, die Funktionen und Gelderträge der Oberintendanz der Marineübernehmen. Es war ein gelungener Streich, unsere Klatschmäuler schütteten sich aus vor Lachen, konnte doch die Königin nicht einen Fuß auf ein Schiff, und sei es ein Flußschiff, setzen, ohne daß ihr übel wurde. Die Seeleute aber sagten, gleichviel, ein Oberintendant der Marine ernennt die Admiräle, ein Schiff braucht er deshalb nicht zu betreten. Leider beließen unsere guten Klatschmäuler es nicht dabei. Obwohl unsere finanziellen Schwierigkeiten ganz offensichtlich von unseren langen Kriegen gegen Spanien und Österreich herrührten, behaupteten sie, die Regentin ruiniere das Reich durch die von ihr veranstalteten Feste. Und mit diesem Munkeln und Murren am Hof begann die Kabale. Damit eine Kabale sich aber formieren kann, muß ein Anführer her. Diesmal war es der Herzog von Beaufort, ein unehelicher Enkelsohn von Henri Quatre. Auf Grund seines königlichen Blutes nahm er unter den Großen eine Sonderstellung ein.
    Der Herzog von Beaufort konnte sich wahrlich sehen lassen, groß und wohlgestalt, wie er war, und hoch bewundert für seine an Absalon gemahnende Haarpracht vom schönsten

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