Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
Vom Netzwerk:
selbst wer bei der Kabale nicht mitgemacht hat, hatte doch Sympathien für sie und fürchtet jetzt, daß es herauskommt.«
    »Wer wurde bestraft?«
    »Alle, schonungslos. Der Herzog von Beaufort sitzt in der Festung Vincennes gefangen. Montrésor sitzt in der Bastille. La Châtre verliert sein Amt als Generaloberst der Schweizer. Vendôme und seine Familie sind nach Schloß Anet verbannt. Die verstrickten Bischöfe müssen in ihre Bistümer gehen und dürfen sie nicht verlassen. Madame de Chevreuse ist wieder im fernen Exil.«
    »Oh«, sagte ich, »ihretwegen mache ich mir den Kopf nicht heiß. Sie findet schon einen Weg, sich davonzumachen, und wenn sie sämtliche Muschkoten, die sie bewachen, nacheinander verführen muß.«
    »Und was sagt Ihr zu dieser Bestrafung?«
    »Sie ist richtig, nur ein bißchen schwach. Richelieu hätte Beaufort den Kopf samt seinem bißchen Verstand abgeschlagen. Solche rauhen Methoden behagen freilich weder der Königin noch Mazarin. Die Königin hat ein zu weiches Herz, und Mazarin verzichtet ungern auf seine italienische
gentilezza

    Da mein Blick hierbei auf den Descartes fiel, den sie beiseite geschoben hatte, fragte ich sie: »Soso, meine Liebe, Ihr lest also Descartes. Habt Ihr das Eurem Beichtvater gesagt?«
    »Hätte ich es sollen?«
    »Unbedingt. Ihr wißt doch, da Ihr ihn lest, daß Descartes als Apostel des methodischen Zweifels nur das für wahr hält, was unbestreitbar als solches erscheint.«
    »Mein Freund, ich sehe nicht, was an dieser Aussage verdächtig wäre.«
    »Ihr nicht. Aber die Jesuiten.«
    »Und wo, verflixt, soll da der Teufel stecken?«
    »Wenn man nur das für wahr hält, was unbestreitbar als solches erscheint, könnte man, zum Beispiel, die Auferstehung von den Toten bezweifeln.«
    »Hat Descartes sie in Zweifel gezogen?«
    »Davor hat er sich natürlich gehütet.«
    »Und trotzdem ist er verdächtig?«
    »Er muß einige Gründe gehabt haben, sich so zu fühlen, denn seit 1629 lebt er in Holland, dem gelobten Land, wo man, wie Ihr wißt, denken und sagen kann, was man will, ohne deswegen je behelligt zu werden!«
***
     
    Am nächsten Morgen rief ich meinen Laufburschen.
    »Da soll ich ihm wohl wieder ein Schnittchen schmieren, Monseigneur?« fragte Mariette. »Aber wo käme ich hin, wenn jede Kammerjungfer, wenn sie ein Bett macht, eine Schnitte von mir wollte. Herrgott, bin ich Schnittchenschmiererin oder Köchin?«
    »Du bist eine sehr gute Köchin, Mariette«, sagte ich und klopfte ihr freundschaftlich auf die Schulter, eine Gunst, die sie ihrem Alter verdankte, denn bei einer Jüngeren hätte Catherine derlei nicht geduldet.
    »Mein Vater«, setzte ich hinzu, »hat guten Geschmack bewiesen, als er dich wählte, und ich, als ich dich behielt.« Worauf ich schnell von ihr fortging, denn jedesmal wenn ich von meinem Vater sprach, kullerten ihr die Tränen.
    Schnittchen freute sich, daß er bei dem schönen Wetter einen Gang durch Paris machen sollte. Er zeigte sich gern in meiner Livree, von zwei meiner Schweizer begleitet, und äugelte stolzund übermütig mit jedem hübschen Kind, dem er unterwegs begegnete. Außerdem mochte er die Personen, die er zu Mittag zu uns einladen sollte, Fogacer mit seinem jungen Begleiter sowie Monsieur de Guron mit seiner Zocoli.
    In der Karosse von Monsieur de Guron trafen unsere Gäste gemeinsam, aber erst um halb ein Uhr ein, und schuld an ihrer Verspätung trugen die Verstopfungen in Paris, die bekanntlich über jede Vorstellung gehen. Was aber nicht nur an den engen Straßen liegt, sondern auch an dem rüpelhaften Wesen der Kutscher, die mit jedem ihresgleichen den heftigsten Streit um nichts vom Zaun brechen.
    Als der
maggiordomo
unseren Gästen die Tür öffnete, empfing Catherine sie mit aller Herzlichkeit, was sich jedoch änderte, als sie die Zocoli erblickte. Sie zog mich beiseite, während der Majordomus jedem seinen Platz bei Tisch anwies, und fragte mich funkelnden Auges und mit bebender Stimme, was hier, in ihrem Haus, an ihrem Tisch, diese Schlampe zu suchen habe! dieses Luder! diese abgetakelte Hure! Ich nahm sie in die Arme und schloß ihr rasch den Mund mit einem Kuß, und als sie hierauf etwas besänftigt war, raunte ich ihr ins Ohr: »Mein Lämmchen, diese Person, die tatsächlich nicht den besten Eindruck macht – aber darauf kommt es in ihrem Fall nicht an –, ist eine Informantin, und sie ist ausgezeichnet in diesem schwierigen und gefährlichen Gewerbe. Sie hat Richelieu seinerzeit große

Weitere Kostenlose Bücher