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Der König muß sterben

Der König muß sterben

Titel: Der König muß sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Espen
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halten. Sie blickten den weißen Wölkchen ihres Atems nach und träumten vom warmen Bett ihrer Frauen.
    »Zur Ehre Unserer Lieben Frau von Jerusalem! Und zur Ehre der Kirche Sancta Maria Novae! Am Tag des Tempelganges der Gottesmutter!«
    »Ich brauche solche christlichen Feste«, sagte eine der Gestalten, die der Ankündigung des Kirchenmannes lauschten, leise. »Ich bringe mich vielleicht in Todesgefahr damit, aber das Ritual ist mir lieb und teuer. Und vielleicht ist es die letzte heilige Messe, die ich erleben kann.«
    »Gerade dieses Marienfest von der Erlösung der Gefangenen des 14. September ist mit unser beider Geschichte verbunden, Henri. Deshalb bedeutet es auch mir so viel – obwohl ich ein Ungläubiger bin.«
    »Als unser Großmeister Jaques de Molay in den Flammen starb, war sein letzter Wunsch, dass er seinen Kopf über die königlichen Gärten hinweg in Richtung Notre Dame drehen konnte, um der Jungfrau Maria ins Angesicht sehen zu können.«
    »Es ist euer schönstes Abbild.«
    Henri de Roslin, kein anderer als er verbarg sich unter einer der braunen Mönchskutten, antwortete dem Sarazenen: »Es waren die Ordensgründer der Mercedarier, die sich dem Loskauf christlicher Gefangener aus den Händen von euch Sarazenen widmeten. Ich kannte viele von ihnen. Alle sind tot. Wie glücklich können wir sein, dass diese Zeiten der blutigen Schlachten im Heiligen Land vorbei sind und wir gemeinsam ihrer gedenken!«
    »Wohl wahr!«, meinte der Dritte im Bunde, ein kleiner Mann. »Gefangenen zu helfen sollte überall wichtiger sein, als Kriege zu führen, auch wenn man sie gewinnt.«
    »Davon habe ich keine Ahnung, Joshua«, ergänzte der vierte. »Als Knappe weiß man wirklich überhaupt nichts! Man darf nur Schuhe putzen! Wäre ich nur endlich erwachsen!«
    Die Kirche erstrahlte im Glanz der Kerzen. Schon erschallten die Gesänge, unterbrochen von der mahnenden Stimme des Bischofs. Der Weihrauchkessel schwang an seinem langen Seil im Mittelgang über den Köpfen der Gläubigen hin und her. Murmelnde Gebete, Rufe, Bezichtigungen der Selbstanklage, der wärmende Mantel der jetzt einsetzenden Orgelklänge. Es war eines dieser späten Feste, die das Herz des Gläubigen mit Inbrunst und Licht erfüllten, und ihn aufrichteten.
    »Es ist Wahnsinn, Uthman, hierher zurück zu kehren!«
    »Nein, Joshua, niemand erwartet, dass der meistgesuchte Tempelherr des Landes sich ausgerechnet in der Mitte seiner Feinde aufhält.«
    Henri murmelte: »Die Kirche ist nicht mein Feind. Sie ist der Wohnsitz meines höchsten Herrn. Nur die Kirchenfürsten sind es, die sich bereichern und dafür jedes Wort brechen.«
    Die Messe nahm sie wieder gefangen. Sean of Ardchatten sang mit heller, melodischer Stimme, die aus seinem Stimmbruch wie ein aufflatternder schöner Vogel hervorgegangen war. Henri bedachte ihn mit einem liebevollen Seitenblick.
    Die Ordensbrüder der Johanniter gaben im lang gestreckten Mittelschiff der mächtigen Rundkirche den Ton an. Ihre weißen Kutten, ihre gesenkten Köpfe mit der Tonsur, ihr demütiges Verhalten täuschten Henri nicht darüber hinweg, dass sie jetzt die neuen Herren des Tempels waren. Sie hatten das Templerkreuz überall von den Wänden abgeschlagen, ihre Steinmetze hatten dafür das Kreuz mit den vier goldenen Schwalbenschwänzen angebracht. Die Hospitaliter, die noch im Jahr 1291 die letzte christliche Bastion Akkon Seite an Seite mit ihnen gegen die sarazenische Übermacht verteidigt und die Kranken und Verletzten versorgt hatten, waren zu ihren einflussreichen Feinden geworden.
    Während Henri der Messe immer andächtiger folgte und die schwarzen Perlen des Rosenkranzes durch die Finger laufen ließ, lauschte er den anrührenden Worten der Predigt.
    »Du hast Maria aus allen Menschen erwählt und gesegnet vor allen Frauen. In ihr leuchtete auf die Morgenröte der Erlösung, sie hat uns Christus geboren, die Sonne der Gerechtigkeit!«
    Was für schöne Worte, dachte Henri, wenn sich doch jeder bemühte, sie wahr werden zu lassen. Wie viel Gutes könnte die Christenheit den Menschen bringen!
    »Jesu Geburt hat die Jungfräulichkeit der Mutter Maria nicht gemindert, sondern geheiligt!«
    Ja, unsere leidensfähigen Frauen, dachte Henri weiter, sie machen erst das Leben erträglich.
    »So feiern wir das Fest zum Gedächtnis der Schmerzen Marias!«
    Henri spürte plötzlich fremde Blicke auf sich ruhen. Er untersagte es sich, den Kopf zu wenden. Konnte ihn jemand erkannt haben? Sein Bart war ja

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