Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der König und die Totenleserin3

Der König und die Totenleserin3

Titel: Der König und die Totenleserin3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: franklin
Vom Netzwerk:
essen. Und falls Ihr Wein habt, wärmt ihn auf! Schnell!«
    Der Mann war noch immer wie betäubt, aber in der vertrauten Umgebung schien er sich zu erholen, und er ging mit einem Nicken Richtung Küche.
    Emma weigerte sich, etwas zu sich zu nehmen. Sie wollte nur an Roetgers Bett sitzen und um ihn weinen. Adelia bugsierte sie die Treppe hinunter in den Gästesaal, wo Pippy schon eine Fleischbrühe in sich hineinlöffelte.
    »Iss was!«, befahl sie. »Und ich kümmere mich darum, dass ihr ein Bad nehmen könnt.«
    Ein Bad würde ihnen guttun, sowohl Pippy als auch seine Mutter brauchten dringend eins. Und wenn ich’s recht überlege, dachte Adelia, ich könnte auch eins gebrauchen.
    Hilda hatte damit geprahlt, dass der Gasthof ein Bad hatte – »der Adel verlangt danach«, hatte sie gesagt –, aber Adelia konnte sich nicht erinnern, eins gesehen zu haben, und machte sich auf die Suche danach. Sie entdeckte einen riesigen, mit Segeltuch ausgelegten Zuber in der Scheune, wohin er wohl gebracht worden war, als im »Pilgrim Inn« keine adeligen Gäste mehr abstiegen, damit Hilda darin Wäsche waschen konnte.
    Es wurde Wasser erhitzt, das Millie dann eimerweise über den Hof schleppte.
    »Und du«, sagte Adelia zu Rowley, »wirst Roetger bitte im Bett waschen. Er würde sich schämen, wenn ich das täte.«
    Der Bischof blickte beunruhigt. »Wie geht das?«
    Plötzlich stieg ein so pures Glücksgefühl in ihr auf, dass sie lachen musste. Er wäre um ein Haar gestorben, und nun lebte er. Sie wollte ihm sagen, dass der Tunnel ihre Sicht auf alles verändert hatte, dass sie ihn unter gleichgültig welchen Bedingungen so nehmen würde, wie er war, solange er sie wollte – und einfach nur weiter ein- und ausatmete.
    Doch für derlei Geständnisse war im Augenblick keine Zeit. Später, wenn sie allein waren, würde sie sich ihm hingeben. Dafür musste sie zurechtgemacht sein, schön.
    Ein sauberes Tuch, ein weiterer Eimer – diesmal mit kaltem Wasser, um das Fieber des Patienten zu senken – wurden nach oben gebracht und Anweisungen erteilt.
    Und als der Nachmittag zu Ende ging, war alles getan, was getan werden konnte. Eine saubere Mutter und ihr Sohn schliefen in einem Raum, und ein graugesichtiger Kämpe, der nebenan auf Kissen gestützt ruhte, sah noch immer nicht besser aus als vorher und atmete sogar noch schlechter.
    Adelia legte den Löffel mit Hustensirup, den sie ihm hatte einflößen wollen, aus der Hand. »Ich weiß nicht, Rowley«, sagte sie. »Die Krise kommt und … ich weiß einfach nicht …«
    »Ich würde ja mit dir wachen«, sagte Rowley, »aber ich muss zur Abtei. Die Brüder müssen es erfahren.«
    »Ein Unfall?«
    »Das werde ich jedenfalls sagen. Warum ihren Schmerz oder den anderer noch vergrößern? Der König muss natürlich die Wahrheit erfahren, aber Abt Sigward wird in ganz England und darüber hinaus betrauert werden. Was hätte es für einen Sinn zu verbreiten, dass der Mann sich entschieden hat, in die Hölle zu fahren?«
    »Ist er da jetzt?«
    »Selbstmord ist ein Vergehen gegen Gott«, erklärte der Bischof knapp und ging.
    War das so? Oder war es die einzige freie Wahl, die einem Mann offenstand, der so lange so angestrengt versucht hatte, sich von einer sogar noch größeren Sünde zu exkulpieren?
    Und er hatte Hilda mitgenommen, um die nur Godwyn trauerte. Doch was wäre ihr widerfahren, wenn er es nicht getan hätte? Bestenfalls wäre sie mit anderen wahnsinnigen Frauen eingekerkert worden. Hatte er es deshalb getan? War die Frau in der Verfassung gewesen, das zu begreifen?
    Gott, Urteile sind zu schwer! Ich kann jetzt nicht darüber nachdenken.
    Als das Licht schwächer wurde, brach bei Roetger der Schweiß aus, und er atmete leichter. Adelia sprach ein Gebet der Dankbarkeit für die Zähigkeit des menschlichen Körpers, schüttelte die Kissen des Patienten auf und ging Millie holen, damit sie bei ihm wachte.
    Doch zunächst führte sie das Mädchen in den Gästesaal und zu dem Tisch, der ihre gemeinsame Schiefertafel geworden war. »Schau!«, formte sie mit den Lippen und malte Strichmännchen in den Staub. »Das hier ist der Abt, das soll seine Kapuze sein. Und das ist die arme Hilda.« Sie zog eine wellige Linie über die Köpfe der beiden. »Und das ist das Meer. Verdammt, es muss irgendeine Möglichkeit geben, dir Lesen beizubringen.«
    Millie blickte besorgt von Adelias Gesicht auf den Tisch, deutete in die Richtung der Sümpfe und dann zur Durchreiche in die Küche, wo

Weitere Kostenlose Bücher