Der König und die Totenleserin3
Godwyn saß und weinte.
»Ja. Sie ist tot, Millie. Keine Schläge mehr.«
Die beiden Frauen bekreuzigten sich, und wieder überlegte Adelia, ob Hilda freiwillig mit dem Mann, den sie angehimmelt hatte und für den sie bereit war zu töten, in den Treibsand gegangen war.
Gott, sie war den Tod so über! Es war fast, als würde sie selbst ihn anlocken und diejenigen, die ihr begegneten, infizieren. Sie wollte sich von ihm reinigen, sie wollte Leben, sie wollte Rowley, sie wollte ein Bad.
Sobald sie den Zuber in der Scheune mit frischem heißem Wasser gefüllt hatte, holte sie eine Kerze, ein Handtuch und etwas Seifenkraut, das im Schatten der Außenmauer des Gasthofs wuchs. Sie badete, genoss den duftenden Schaum, ließ ihr übermüdetes Gehirn an nichts anderes denken als an so einfache Dinge wie, wo sie saubere Kleidung herbekam und ob sie wohl eine Seifenblase bis zu der Heugabel schnippen konnte, die an der gegenüberliegenden Wand hing.
Das Scheunentor flog auf, was ihr einen Aufschrei entlockte, aber es war Rowley. »So, das wäre erledigt.«
Verdammt. Sie wollte für ihn hübsch sein, nicht in einem übergroßen Holzeimer hocken, die Haare mit einer Kordel auf dem Kopf zusammengebunden.
Plötzlich verlegen, griff sie nach dem Handtuch, um möglichst viel Blöße zu bedecken, und sagte dann mit bemüht sachlicher Stimme: »Wie haben sie die Nachricht aufgenommen?«
»Schlecht. Aber ich hab gesagt, es wäre ein Unfall gewesen.«
»Hast du ihnen erzählt, dass er Arthur und Guinevere umgebracht hat?«
»Natürlich nicht. Ich hab nur gesagt, es habe sich herausgestellt, dass es sich um die Skelette von zwei Männern handelt, nicht, wie sie gestorben sind und durch wessen Hand. Sie werden sie in aller Stille wieder beerdigen.«
»Und Hilda?«
»Ein Unfall, ein Unfall.« Dann, als beantwortete er eine Widerrede, die sie gar nicht erhoben hatte, sagte er: »In Gottes Namen, Adelia, sie haben schon genug verloren.«
Das hatten sie wohl wirklich: ihre Abtei und ihren Abt. Und die Wahrheit würde die Kirche sogar noch mehr kosten. Es war Aufgabe des Bischofs von St. Albans, dies abzuwenden, Sigwards zwanzigjährige Buße und Güte gegen ein grausames Verbrechen in die Waagschale zu werfen.
Sie wusste nicht, wie sie dazu stand. Es war ihre Aufgabe, die Wahrheit herauszufinden. Was Männer dann damit anfingen, darauf hatte sie keinen Einfluss.
Vielleicht hatte er recht. Vielleicht gab es schon genug Abscheulichkeiten in der Welt, und man musste den Menschen nicht
noch mehr zumuten.
»Rutsch rüber!«, sagte Rowley. Er begann, sich auszuziehen.
»Um Himmels willen«, sagte sie. »Das Ding ist nicht groß genug.«
»Meinst du den Zuber oder meine Männlichkeit? In beiden Fällen lautet die Antwort: doch, groß genug.«
Er hatte recht. Eine Zeit lang vergaßen die beiden alles außer einander, und im Hof des »Pilgrim Inn« war Wasserplatschen und wonnevolles weibliches Glucksen zu hören.
Später, in ihrem Bett, sagte er: »Ich lass dich nicht wieder los. Es wird allmählich langweilig, dich aus den Löchern zu retten, in die du andauernd fällst.«
»Ich weiß, Liebster. Ich kann auch nicht ohne dich leben. Nicht mehr. Der König kann mir den Buckel runterrutschen. Soll er sich doch eine andere Totenleserin suchen! Aber was sollen wir tun?«
Er hatte ihre Begierde gestillt, doch dieser nackte, lebenstrotzende Liebhaber war auch ein gesalbter Bischof, ein Mann Gottes,
dem die Ehe verboten war.
Ihre Schuld, keine Frage. Sie hatte die Einschränkungen gefürchtet, die das Leben als Ehefrau eines ehrgeizigen Höflings mit sich gebracht hätte, hatte befürchtet, dass ihre Fähigkeiten als Ärztin und Anatomin unter den Pflichten der Hofhaltung und Betreuung von Gästen erstickt worden wären, Pflichten, für die sie denkbar ungeeignet war, und dass das letztendlich seine Laufbahn gehemmt hätte und sie beide unglücklich geworden wären.
Zudem hatte Rowley von dem Tag an, als Henry die Gelegenheit nutzte, einem Mann seines Vertrauens eine Machtposition in einer feindseligen Kirche zuzuschustern, sein Amt glänzend ausgefüllt. Er war als Christ unvoreingenommener und wahrhaftiger als die Prälaten, die ihren Schäflein mit der Androhung ewiger Verdammnis Angst einjagten, während sie doch selbst ebenso sündig lebten.
Doch Rowley war sich bewusst, dass seine Liebe zu ihr ihn zum Heuchler machte. Er versuchte, das herunterzuspielen, aber es
belastete ihn.
Jetzt sagte er: »Ich werde was finden, wo
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