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Der König und die Totenleserin3

Der König und die Totenleserin3

Titel: Der König und die Totenleserin3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: franklin
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dass wir ihn ihm vielleicht per Boot schicken müssen – er wird sich freuen, wenn er ihn bekommt.«
    »Nein, Hauptmann«, sagte Adelia traurig. »Das wird er nicht.«
     
    Zwei Tage später schleppte Roetger sich schwerfällig die Treppe hinunter, und Adelia wurde gebeten, zu ihm und Emma in den Gästesaal zu kommen.
    Auf dem Tisch vor den beiden lag das Schwert des toten Kriegers in einer hölzernen Scheide, die Roetger dafür angefertigt hatte.
    Er war lebhaft, konnte es kaum erwarten, dass Adelia sich setzte. Er selbst blieb mit dem Rücken zum Fenster stehen, auf eine Krücke gestützt. Er begann zu erklären, wie er bei der Reinigung des Schwertes vorgegangen war.
    »Wir haben uns viel Mühe gegeben, nicht wahr?«, sagte er zu Emma.
    Sie nickte. Sie beide führten jetzt ständig die Worte »wir« und »uns« im Munde.
    »Zuerst mit Zinnkraut«, sagte er. »Das hat Millie aus der Küche geholt.«
    Jetzt nickte Adelia. Die Pflanze war bestens zum Töpfeschrubben geeignet, und Milchmägde putzten damit ihre Milcheimer aus.
    »Nicht gut«, sagte Roetger und schüttelte den Kopf. »Also haben wir es mit Essig versucht. Nicht gut.«
    »Weißt du, womit es am Ende geklappt hat?«, fragte Emma. Sie konnte nicht warten. Sie war ebenso aufgeregt wie der Deutsche. »Das errätst du nie. Godwyns sauer Eingemachtes, mit Äpfeln und Pflaumen.«
    »Sauer Eingemachtes?«
    Jetzt, da der Wirt geholfen hatte, das Schwert zu restaurieren, schien Emma ihm vergeben zu haben. »Er will uns nicht verraten, was außer Äpfeln und Pflaumen sonst noch drin ist, aber das Zeug wirkt Wunder.«
    »Sauer Eingemachtes?«
    »Ein ausgezeichnetes Reinigungsmittel«, warf Roetger ein.
    »Und?«, fragte Adelia auffordernd. Die massige Gestalt des Kämpen stand im Licht, das durchs Fenster fiel, und sie konnte das Schwert gar nicht richtig sehen.
    Roetger erklärte ausführlich, wie durch das Polieren mehr und mehr von dem zutage gekommen war, was sich unter der dicken Patina verbarg. »Es ist alt, so alt.«
    Er machte einen Schritt beiseite, damit das Licht auf den Knauf fiel.
    Adelia schnappte nach Luft. Was einst Warzen gewesen waren, erwies sich jetzt als eingelegte Steine, die in der Sonne blitzten. »Was sind das für Edelsteine?«
    »Topase«, sagte Emma selbstzufrieden.
    Roetger nickte. »Aus meiner Heimat Sachsen, glaube ich. Es ist der Stein der Kraft.«
    »Und er kann seinen Träger bei Gefahr unsichtbar machen«, plapperte Emma nach, »und er ändert seine Farbe, wenn Gift in der Nähe ist, nicht wahr, Roetger? Und er kann alles heilen, auch Hämorrhoiden.«
    Ihr Kämpe blickte sie ernst an. »Er hat große Macht.«
    »Und?«, fragte Adelia.
    Noch immer zog Roetger das Schwert nicht aus der Scheide. Er sprach von Angel, Hohlkehle, Balance, wie der Knauf an der Klinge befestigt war, von dem in das Heft eingelassenen »Lebensstein«, von den Kanten, die so vollkommen geformt waren, dass sie eher von einer Feile geschliffen schienen als in einer Schmiede gehämmert.
    »Diese Waffe hat ein Gott gemacht«, sagte er. »Vielleicht gar Wieland der Schmied.«
    »Was ist das da für ein kleiner Ring unten am Heft?«
    »Ach das«, sagte Roetger in einem Tonfall, der Adelia an ihren Ziehvater erinnerte, wenn sie eine intelligente Frage gestellt hatte. »Das ist ein Schwurring, der Ring eines großen Stammesfürsten.«
    »Weißt du«, warf Emma ein, »Roetger sagt – er weiß einfach alles über die Geschichte von Schwertern –, er sagt, wenn einer der Männer des Stammesfürsten oder Königs einen Treueeid ablegte, kniete er nieder und küsste diesen Ring.«
    Rhys der Barde hatte von einem Schwert gesungen:
    Das Edelste von allen,
    es trug einen Ring am Heft,
    Tapferkeit in der Klinge
    und Furcht in der Spitze.
    »Und?«
    »Und nun seht«, sagte Roetger. Er legte seine Krücke beiseite und nahm das Schwert in die Hand, als müsste er gerade stehen, wenn er es berührte. Er bat Adelia aufzustehen. Blitzschnell zog er das Schwert aus der Holzscheide und bot es ihr dar.
    Es war eine Wiedergeburt. Abgesehen von der Kerbe schimmerte die Klinge wie frisch aus der Schmiede.
    Rhys hatte gesungen:
    Im Blut vieler Schlachten gehärtet,
    diente es treu der Hand, die es führte,
    trotzte des Krieges Gefahren, der Feinde Ansturm.
    Nicht zum ersten Mal also
    erkühnte seine Klinge sich mannhafter Taten.
    »Aber seht nur, seht!«, beharrte Roetger. »Schaut Euch die Hohlkehle an!«
    Adelia, die nichts von Waffen verstand, vermutete, dass die Hohlkehle die

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