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Der König und die Totenleserin3

Der König und die Totenleserin3

Titel: Der König und die Totenleserin3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: franklin
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ordentlich auf den Zweigen, die Beinschienen, wo sie hingehörten, der Torques um den Hals. Sie legten die Fibel auf die Rippen, bedeckten sie mit dem Helm und falteten die Hände des Toten darüber. Die Überreste der Flasche wurden ihm zur Seite gelegt.
    Gyltha betrachtete ihn. »Er mag ja ein Krieger gewesen sein, aber groß war er nich gerade.«
    Er war ausgesprochen klein. Sogar Adelia war größer.
    »Aber Gott segne ihn trotzdem«, sagte Gyltha.
    Mansur hatte dem Leichnam gegenüber einen Beschützerinstinkt entwickelt und widersprach, als Adelia vorschlug, das Schwert mit zum Gasthaus zu nehmen. »Er war ein Kämpfer, es sollte bei ihm bleiben.«
    Aber Adelia grübelte noch immer darüber nach, warum jemand es für nötig befunden hatte, die Leiche dieses Mannes zu verbergen; sie wäre beruhigter gewesen, wenn sie gewusst hätte, wann er gestorben war. Sie verstand nichts von Schwertern, hoffte aber, dass sie Moden unterworfen waren, so wie Frauenkleidung, und dass man dadurch vielleicht das Alter der Waffe bestimmen könnte. Es musste doch irgendjemanden geben, der ihr da weiterhelfen konnte.
    Sie und Gyltha und Allie überließen es Mansur, das Loch zu verschließen. Als er fertig war, setzten sie sich vor die Höhle, aßen stumm ihren Proviant und tranken das reine Quellwasser.
     
    In der Nacht träumte Adelia erneut. Einen schönen, elegischen Traum. Zu Anfang.
    Sie stand mit Rittern in voller Rüstung am Ufer des Brue, knapp hinter dem Marktplatz von Glastonbury. Irgendwo sangen Frauenstimmen eine Totenklage. Einer der Ritter hob den Arm und hielt einen Moment lang ein Schwert hoch, in dessen langer Klinge und edelsteinbesetztem Griff sich das Mondlicht spiegelte.
    Die Totenklage steigerte sich zu einem Schrei:
»Arturus, Arturus. Rex quondam, rexque futurus.«
    Der Ritter warf das Schwert hoch in die Luft, wo es schwarz und silbrig blitzend in einem weiten Bogen trudelte. Eine Wasserfontäne spritzte auf, und Excalibur verschwand vor ihren Augen.
    Jetzt sanken die Stimmen zu einem rhythmischen Stöhnen herab. Es ertönte gleichmäßig mit den Ruderschlägen eines Bootes, das sich in Gestalt eines Schwans näherte.
    Die Ruderer waren schwarz verhüllt, doch die Frau im Bug, die mit dem Rücken zum Ufer stand, sodass Adelia ihr Gesicht nicht sehen konnte, war weiß gekleidet. Als das Boot das Ufer erreichte, trat einer der Ritter vor – er hielt eine Axt in den Händen …
    »Nein.« Ächzend vor Anstrengung, zwang Adelia sich aufzuwachen, ehe sie erneut sehen musste, wie Guineveres Körper durchtrennt wurde.
    Sie blieb eine Weile liegen, erhitzt und gereizt. Ich träume doch sonst nicht. Ich glaube nicht an Träume. Was wollen sie mir sagen?
    Sie stand auf und schimpfte ungehalten leise vor sich hin. Herrje, wie ich Avalon hasse. Zu schön, zu schrecklich. Einstige und zukünftige Könige – macht meinetwegen damit, was ihr wollt.
    Sie schnappte sich ihre grüne Tunika vom Bügel, weil sie griffbereit und noch dazu das kühlste Kleidungsstück war, streifte sie über, schlüpfte in ihre Schuhe, vergewisserte sich, dass Allie noch schlief, und schlich auf Zehenspitzen aus dem Zimmer.
    Millie lag auf einem Lager aus Lumpen unter dem vergitterten Flurfenster und wand sich unruhig im Schlaf. Sie hatte ihre Decke weggestrampelt, und das Mondlicht fiel auf ihren nackten Rücken. Der voller Striemen war.
    Oh Gott, die schlagen sie.
    Adelia polterte die Treppe hinunter, riss die Riegel der Hoftür zurück und stürzte nach draußen, sog gierig die Luft ein, die ein wenig frischer war als die im Haus.
    Eine weiße Gestalt saß auf der Brunnenmauer, und einen Moment lang meinte sie, Guinevere verfolge sie.
    Es war Mansur. Er hielt das Schwert aus der Höhle in den Händen und betrachtete es nachdenklich.
    Sie ging hin und setzte sich neben ihn. »Kannst du auch nicht schlafen?« Seine Träume mussten ebenso schrecklich sein wie ihre – schließlich war er fast lebendig begraben worden.
    Er schüttelte den Kopf.
    »Mansur, die kleine Millie wird geschlagen.«
    Er seufzte. »Die Leute hier sind keine guten Menschen, glaube ich.«
    Sie seufzte ebenfalls. »Glaubst du immer noch, Glastonbury ist der Omphalos?«
    »Ja«, sagte er. »Ich fürchte, das stimmt.«
    Sie tätschelte seine Hand und sagte: »Geh zu Bett, alter Freund! Geh zu Gyltha! Sie ist der einzige wahre Nabel der Welt.«
    Er erhob sich und verneigte sich vor ihr. »Kommst du auch?«
    »Ich bleib noch ein bisschen hier. Drinnen ist es zu

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